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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

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Diese neuen, bisher noch unbenutzten Hülfsmittel der
Darstellung erstrebte Masaccio nicht etwa, seinen Gemälden
mehr äußere Annehmlichkeit zu geben, sondern weil sein star-
kes, männliches Gefühl, sein hoher Begriff von der Würde
der Aufgaben, deren Lösung ihn beschäftigte, in der herkömm-
lichen flachen und schattenlosen Manier nicht wohl genügend
auszudrücken war. Im umgekehrten Verhältniß verkannten
seine näheren Nachfolger, die florentinischen Maler bis auf
den Lionardo hin, den vollen Werth seiner Versuche und
Neuerungen, weil sie kein Bedürfniß fühlten, sich zu gleicher
Großartigkeit und Einheit der Auffassung zu erheben. Um die
Mitte und bis gegen Ende des funfzehnten Jahrhundertes
waren alle Hände geschäftig, das Einzelne näher auszubilden,
was die Aufmerksamkeit nothwendig von den Bestrebungen
des Masaccio ablenkte. Wenn nun diese, wie der Lauf der
Kunstgeschichte zeigt, nicht früher, als um die Zeit des Lio-
nardo
und Raphael die Aufmerksamkeit der Künstler angezo-
gen, ihren Nacheifer geweckt haben, so fanden dahingegen die
Neuerungen des Beato Angelico da Fiesole alsobald Eingang
und Nachfolge.

Betrachten wir in diesem Künstler zunächst seine ausge-
zeichnete und ganz unvergleichbare Eigenthümlichkeit; sodann
auch seine historische Stellung, oder seinen Einfluß durch Bey-
spiel und Lehre.

Was irgend durch Abgezogenheit von den Lockungen des
Lebens zu erlangen ist, Reinheit des Willens, Erhebung des
Gemüthes, innige Vertraulichkeit mit dem Geiste ungetrübter
Liebe, solches Alles ward dem frommen Angelico in höchstem
Maße zu Theil. "Er hätte vermöge seiner Kunst, sagt Va-
sari
, in der Welt mit Gemächlichkeit leben können, wählte in-

Dieſe neuen, bisher noch unbenutzten Huͤlfsmittel der
Darſtellung erſtrebte Maſaccio nicht etwa, ſeinen Gemaͤlden
mehr aͤußere Annehmlichkeit zu geben, ſondern weil ſein ſtar-
kes, maͤnnliches Gefuͤhl, ſein hoher Begriff von der Wuͤrde
der Aufgaben, deren Loͤſung ihn beſchaͤftigte, in der herkoͤmm-
lichen flachen und ſchattenloſen Manier nicht wohl genuͤgend
auszudruͤcken war. Im umgekehrten Verhaͤltniß verkannten
ſeine naͤheren Nachfolger, die florentiniſchen Maler bis auf
den Lionardo hin, den vollen Werth ſeiner Verſuche und
Neuerungen, weil ſie kein Beduͤrfniß fuͤhlten, ſich zu gleicher
Großartigkeit und Einheit der Auffaſſung zu erheben. Um die
Mitte und bis gegen Ende des funfzehnten Jahrhundertes
waren alle Haͤnde geſchaͤftig, das Einzelne naͤher auszubilden,
was die Aufmerkſamkeit nothwendig von den Beſtrebungen
des Maſaccio ablenkte. Wenn nun dieſe, wie der Lauf der
Kunſtgeſchichte zeigt, nicht fruͤher, als um die Zeit des Lio-
nardo
und Raphael die Aufmerkſamkeit der Kuͤnſtler angezo-
gen, ihren Nacheifer geweckt haben, ſo fanden dahingegen die
Neuerungen des Beato Angelico da Fieſole alſobald Eingang
und Nachfolge.

Betrachten wir in dieſem Kuͤnſtler zunaͤchſt ſeine ausge-
zeichnete und ganz unvergleichbare Eigenthuͤmlichkeit; ſodann
auch ſeine hiſtoriſche Stellung, oder ſeinen Einfluß durch Bey-
ſpiel und Lehre.

Was irgend durch Abgezogenheit von den Lockungen des
Lebens zu erlangen iſt, Reinheit des Willens, Erhebung des
Gemuͤthes, innige Vertraulichkeit mit dem Geiſte ungetruͤbter
Liebe, ſolches Alles ward dem frommen Angelico in hoͤchſtem
Maße zu Theil. „Er haͤtte vermoͤge ſeiner Kunſt, ſagt Va-
ſari
, in der Welt mit Gemaͤchlichkeit leben koͤnnen, waͤhlte in-

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[251/0269] Dieſe neuen, bisher noch unbenutzten Huͤlfsmittel der Darſtellung erſtrebte Maſaccio nicht etwa, ſeinen Gemaͤlden mehr aͤußere Annehmlichkeit zu geben, ſondern weil ſein ſtar- kes, maͤnnliches Gefuͤhl, ſein hoher Begriff von der Wuͤrde der Aufgaben, deren Loͤſung ihn beſchaͤftigte, in der herkoͤmm- lichen flachen und ſchattenloſen Manier nicht wohl genuͤgend auszudruͤcken war. Im umgekehrten Verhaͤltniß verkannten ſeine naͤheren Nachfolger, die florentiniſchen Maler bis auf den Lionardo hin, den vollen Werth ſeiner Verſuche und Neuerungen, weil ſie kein Beduͤrfniß fuͤhlten, ſich zu gleicher Großartigkeit und Einheit der Auffaſſung zu erheben. Um die Mitte und bis gegen Ende des funfzehnten Jahrhundertes waren alle Haͤnde geſchaͤftig, das Einzelne naͤher auszubilden, was die Aufmerkſamkeit nothwendig von den Beſtrebungen des Maſaccio ablenkte. Wenn nun dieſe, wie der Lauf der Kunſtgeſchichte zeigt, nicht fruͤher, als um die Zeit des Lio- nardo und Raphael die Aufmerkſamkeit der Kuͤnſtler angezo- gen, ihren Nacheifer geweckt haben, ſo fanden dahingegen die Neuerungen des Beato Angelico da Fieſole alſobald Eingang und Nachfolge. Betrachten wir in dieſem Kuͤnſtler zunaͤchſt ſeine ausge- zeichnete und ganz unvergleichbare Eigenthuͤmlichkeit; ſodann auch ſeine hiſtoriſche Stellung, oder ſeinen Einfluß durch Bey- ſpiel und Lehre. Was irgend durch Abgezogenheit von den Lockungen des Lebens zu erlangen iſt, Reinheit des Willens, Erhebung des Gemuͤthes, innige Vertraulichkeit mit dem Geiſte ungetruͤbter Liebe, ſolches Alles ward dem frommen Angelico in hoͤchſtem Maße zu Theil. „Er haͤtte vermoͤge ſeiner Kunſt, ſagt Va- ſari, in der Welt mit Gemaͤchlichkeit leben koͤnnen, waͤhlte in-

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/269>, abgerufen am 22.11.2024.