Filippo ergänzt, da er offenbar dem Pietro Cavallini vorange- gangen, die gewiß seit den ältesten Zeiten nie unterbrochene Kette römischer Musaicisten. Indeß wird ein anderer und späterer Maler des Gebietes von Rom, Lorenzo von Viterbo, sowohl unter seinen Zeitgenossen, als überhaupt in der Kunst- geschichte eine höhere Stelle einnehmen, daher einer etwas um- ständlicheren Erwähnung werth seyn.
Diesen Künstler kenne ich aus einem einzigen, doch ziem- lich umfassenden Werke, den Malereyen an den Wänden und an der Decke der Kappelle der Madonna zur Rechten des Schiffes der Servitenkirche sta Maria della Verita zu Viterbo. Diese, auf geglättetem Gypsgrunde a tempera ausgeführten Gemälde, sind der Richtung und dem Geschmacke gleichzeitiger Florentiner so nahe verwandt, daß wir annehmen dürfen, der Künstler habe sie gekannt und studirt; doch dürfte er in der Charakteristik der Köpfe, wenn nicht über den Fiesole und Be- nozzo, doch über Fra Filippo und Alessio Baldovinetti, und in der Anlage des Gefältes, in der Stellung und Ausführung der ganzen Gestalt über die meisten Zeitgenossen hinausgehn *).
Das Kreuzgewölbe der Decke enthält einzelne Figuren; Kirchenväter und andere Heilige, welche zur Verherrlichung der Jungfrau geschrieben haben; die Lunetten, oder halbrunden Mauerfüllungen, Geschichten aus dem Leben der Madonna. Die Wand zur Rechten hat auf dem oberen Halbrunde die Verkündigung, auf der unteren Abtheilung die Geburt des Hei- lands; das letzte Gemälde enthält einige Weiber, welche der
*) Etwas zu voreilig sagt demnach Lanzi, sto. pitt. sc. Ro. (Pictro Perugino) -- "Eccoci in tanto ai primi frutti veramente ma- turi della scuola Romana. -- Pietro e il suo Massaccio, il suo Ghir- landajo il suo tutto.
Filippo ergaͤnzt, da er offenbar dem Pietro Cavallini vorange- gangen, die gewiß ſeit den aͤlteſten Zeiten nie unterbrochene Kette roͤmiſcher Muſaiciſten. Indeß wird ein anderer und ſpaͤterer Maler des Gebietes von Rom, Lorenzo von Viterbo, ſowohl unter ſeinen Zeitgenoſſen, als uͤberhaupt in der Kunſt- geſchichte eine hoͤhere Stelle einnehmen, daher einer etwas um- ſtaͤndlicheren Erwaͤhnung werth ſeyn.
Dieſen Kuͤnſtler kenne ich aus einem einzigen, doch ziem- lich umfaſſenden Werke, den Malereyen an den Waͤnden und an der Decke der Kappelle der Madonna zur Rechten des Schiffes der Servitenkirche ſta Maria della Verita zu Viterbo. Dieſe, auf geglaͤttetem Gypsgrunde a tempera ausgefuͤhrten Gemaͤlde, ſind der Richtung und dem Geſchmacke gleichzeitiger Florentiner ſo nahe verwandt, daß wir annehmen duͤrfen, der Kuͤnſtler habe ſie gekannt und ſtudirt; doch duͤrfte er in der Charakteriſtik der Koͤpfe, wenn nicht uͤber den Fieſole und Be- nozzo, doch uͤber Fra Filippo und Aleſſio Baldovinetti, und in der Anlage des Gefaͤltes, in der Stellung und Ausfuͤhrung der ganzen Geſtalt uͤber die meiſten Zeitgenoſſen hinausgehn *).
Das Kreuzgewoͤlbe der Decke enthaͤlt einzelne Figuren; Kirchenvaͤter und andere Heilige, welche zur Verherrlichung der Jungfrau geſchrieben haben; die Lunetten, oder halbrunden Mauerfuͤllungen, Geſchichten aus dem Leben der Madonna. Die Wand zur Rechten hat auf dem oberen Halbrunde die Verkuͤndigung, auf der unteren Abtheilung die Geburt des Hei- lands; das letzte Gemaͤlde enthaͤlt einige Weiber, welche der
*) Etwas zu voreilig ſagt demnach Lanzi, sto. pitt. sc. Ro. (Pictro Perugino) — „Eccoci in tanto ai primi frutti veramente ma- turi della scuola Romana. — Pietro é il suo Massaccio, il suo Ghir- landajo il suo tutto.
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Filippo ergaͤnzt, da er offenbar dem Pietro Cavallini vorange-
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Kette roͤmiſcher Muſaiciſten. Indeß wird ein anderer und
ſpaͤterer Maler des Gebietes von Rom, Lorenzo von Viterbo,
ſowohl unter ſeinen Zeitgenoſſen, als uͤberhaupt in der Kunſt-
geſchichte eine hoͤhere Stelle einnehmen, daher einer etwas um-
ſtaͤndlicheren Erwaͤhnung werth ſeyn.
Dieſen Kuͤnſtler kenne ich aus einem einzigen, doch ziem-
lich umfaſſenden Werke, den Malereyen an den Waͤnden und
an der Decke der Kappelle der Madonna zur Rechten des
Schiffes der Servitenkirche ſta Maria della Verita zu Viterbo.
Dieſe, auf geglaͤttetem Gypsgrunde a tempera ausgefuͤhrten
Gemaͤlde, ſind der Richtung und dem Geſchmacke gleichzeitiger
Florentiner ſo nahe verwandt, daß wir annehmen duͤrfen, der
Kuͤnſtler habe ſie gekannt und ſtudirt; doch duͤrfte er in der
Charakteriſtik der Koͤpfe, wenn nicht uͤber den Fieſole und Be-
nozzo, doch uͤber Fra Filippo und Aleſſio Baldovinetti, und in
der Anlage des Gefaͤltes, in der Stellung und Ausfuͤhrung
der ganzen Geſtalt uͤber die meiſten Zeitgenoſſen hinausgehn *).
Das Kreuzgewoͤlbe der Decke enthaͤlt einzelne Figuren;
Kirchenvaͤter und andere Heilige, welche zur Verherrlichung der
Jungfrau geſchrieben haben; die Lunetten, oder halbrunden
Mauerfuͤllungen, Geſchichten aus dem Leben der Madonna.
Die Wand zur Rechten hat auf dem oberen Halbrunde die
Verkuͤndigung, auf der unteren Abtheilung die Geburt des Hei-
lands; das letzte Gemaͤlde enthaͤlt einige Weiber, welche der
*) Etwas zu voreilig ſagt demnach Lanzi, sto. pitt. sc. Ro.
(Pictro Perugino) — „Eccoci in tanto ai primi frutti veramente ma-
turi della scuola Romana. — Pietro é il suo Massaccio, il suo Ghir-
landajo il suo tutto.
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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/193>, abgerufen am 27.07.2024.
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