thümern aller die Aussicht beschränkenden Häuser jener Straße liegt noch immer, obwohl ohne Gefahr der Vollziehung, die Verbindlichkeit ob, sie auf Verlangen der Domverwaltung ohne Weigerung abzutragen.
Wer dieses herrliche Gemäuer betrachtet, wird fragen müs- sen, weßhalb man jemals einen so schönen, und schon so weit vorgerückten Bau ganz aufgegeben und dem Verfalle überlassen habe. -- Da die Fundamente der nördlichen Seitenmauer knapp am Abhange eines schräg geschichteten Nagelfluhefelsens ange- legt und in diesem Theile des Gebäudes überall, besonders in den Pfeilern bemerklich ist, daß sie nachgegeben und sich ge- senkt haben; so schloß ich auf den ersten Blick auf Fehler in den Grundlagen. Hingegen versichern die sienesischen Alter- thumsforscher, daß der Bau im Jahre 1338. aufgegeben worden, weil die Stadt, durch die Pest entvölkert, nicht länger einer so großen Kathedrale zu bedürfen schien. Diese Angabe ist noch in der letzten Auflage der Beschreibung des Domes wiederholt worden, da es mir nicht gelungen, den Freund, welcher sie besorgte, zeitig genug vom Gegentheil zu über- zeugen.
Indeß hatte ich nicht sobald in dem Archive der sienesi- schen Domverwaltung Fuß gefaßt, als mir bereits die nach- stehenden Urkunden und Nachrichten in die Hände fielen, welche meine Hypothese bestätigen.
1) Archivio dell' opera del Duomo di Siena. Pergamene. No. 250.
In nomine Domini. Amen. Anno ejusdem Mil- lesimo CC.LX°. Indictione IIIa die quinto Idus Junii. Omnibus inspecturis appareat evidenter. quod magistri qui laborant et sunt deputati in opera sive fabrica sce
Ma-
thuͤmern aller die Ausſicht beſchraͤnkenden Haͤuſer jener Straße liegt noch immer, obwohl ohne Gefahr der Vollziehung, die Verbindlichkeit ob, ſie auf Verlangen der Domverwaltung ohne Weigerung abzutragen.
Wer dieſes herrliche Gemaͤuer betrachtet, wird fragen muͤſ- ſen, weßhalb man jemals einen ſo ſchoͤnen, und ſchon ſo weit vorgeruͤckten Bau ganz aufgegeben und dem Verfalle uͤberlaſſen habe. — Da die Fundamente der noͤrdlichen Seitenmauer knapp am Abhange eines ſchraͤg geſchichteten Nagelfluhefelſens ange- legt und in dieſem Theile des Gebaͤudes uͤberall, beſonders in den Pfeilern bemerklich iſt, daß ſie nachgegeben und ſich ge- ſenkt haben; ſo ſchloß ich auf den erſten Blick auf Fehler in den Grundlagen. Hingegen verſichern die ſieneſiſchen Alter- thumsforſcher, daß der Bau im Jahre 1338. aufgegeben worden, weil die Stadt, durch die Peſt entvoͤlkert, nicht laͤnger einer ſo großen Kathedrale zu beduͤrfen ſchien. Dieſe Angabe iſt noch in der letzten Auflage der Beſchreibung des Domes wiederholt worden, da es mir nicht gelungen, den Freund, welcher ſie beſorgte, zeitig genug vom Gegentheil zu uͤber- zeugen.
Indeß hatte ich nicht ſobald in dem Archive der ſieneſi- ſchen Domverwaltung Fuß gefaßt, als mir bereits die nach- ſtehenden Urkunden und Nachrichten in die Haͤnde fielen, welche meine Hypotheſe beſtaͤtigen.
1) Archivio dell’ opera del Duomo di Siena. Pergamene. No. 250.
In nomine Domini. Amen. Anno ejusdem Mil- lesimo CC.LX°. Indictione IIIa die quinto Idus Junii. Omnibus inspecturis appareat evidenter. quod magistri qui laborant et sunt deputati in opera sive fabrica s̅c̅e̅
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thuͤmern aller die Ausſicht beſchraͤnkenden Haͤuſer jener Straße
liegt noch immer, obwohl ohne Gefahr der Vollziehung, die
Verbindlichkeit ob, ſie auf Verlangen der Domverwaltung ohne
Weigerung abzutragen.
Wer dieſes herrliche Gemaͤuer betrachtet, wird fragen muͤſ-
ſen, weßhalb man jemals einen ſo ſchoͤnen, und ſchon ſo weit
vorgeruͤckten Bau ganz aufgegeben und dem Verfalle uͤberlaſſen
habe. — Da die Fundamente der noͤrdlichen Seitenmauer knapp
am Abhange eines ſchraͤg geſchichteten Nagelfluhefelſens ange-
legt und in dieſem Theile des Gebaͤudes uͤberall, beſonders in
den Pfeilern bemerklich iſt, daß ſie nachgegeben und ſich ge-
ſenkt haben; ſo ſchloß ich auf den erſten Blick auf Fehler in
den Grundlagen. Hingegen verſichern die ſieneſiſchen Alter-
thumsforſcher, daß der Bau im Jahre 1338. aufgegeben
worden, weil die Stadt, durch die Peſt entvoͤlkert, nicht laͤnger
einer ſo großen Kathedrale zu beduͤrfen ſchien. Dieſe Angabe
iſt noch in der letzten Auflage der Beſchreibung des Domes
wiederholt worden, da es mir nicht gelungen, den Freund,
welcher ſie beſorgte, zeitig genug vom Gegentheil zu uͤber-
zeugen.
Indeß hatte ich nicht ſobald in dem Archive der ſieneſi-
ſchen Domverwaltung Fuß gefaßt, als mir bereits die nach-
ſtehenden Urkunden und Nachrichten in die Haͤnde fielen, welche
meine Hypotheſe beſtaͤtigen.
1) Archivio dell’ opera del Duomo di Siena.
Pergamene. No. 250.
In nomine Domini. Amen. Anno ejusdem Mil-
lesimo CC.LX°. Indictione IIIa die quinto Idus Junii.
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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/146>, abgerufen am 25.11.2024.
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