welche verwischt seyn muß, da ich sie nirgend habe entdecken können. In dem Archive der Kirche welches ich nicht einzu- sehen Gelegenheit gefunden, dürften leicht einige diese Gemälde angehende Vereinigungen und Zahlungen vorhanden seyn, aus welchen die Richtigkeit der einen oder der anderen Angabe zu erweisen wäre. Indeß spricht die Wahrscheinlichkeit und das äußere Ansehn dieses Mal für den Vasari.
Die Malereyen zur Linken sind nämlich in der Ausfüh- rung ungleich unvollkommener, als die gegenüberstehenden, und, ohne verwerflich zu seyn, doch so schwach, daß sie nicht wohl einem Meister beyzumessen sind, den Ghiberti hervorhebt. Auch glaubt man in ihrer lobenswerthen Simplicität, in ihren zum Schönen sich hinneigenden Gesichtsbildungen die Grundzüge der Manier und Richtung des Taddeo di Bartolo zu erkennen, welcher doch wohl aus der Schule seines Vaters hervorgegan- gen ist. Hingegen macht sich die Malerey zur Rechten sehr stattlich; die Pharisäer, die Handlanger in der Gefangenneh- mung, und andere Nebenfiguren sind lebendig, und besonders in der Bestechung des Judas äußerst scharf bezeichnet, was mit dem Beyspiele übereintrifft, durch welches Ghiberti in der angezogenen Stelle unseren Künstler hat charakterisiren wollen. Es ist daher anzunehmen, daß Ghiberti sich zufällig in der Angabe des Gegenstandes versehen, und eigentlich die Wand zur Rechten habe bezeichnen wollen.
welche verwiſcht ſeyn muß, da ich ſie nirgend habe entdecken koͤnnen. In dem Archive der Kirche welches ich nicht einzu- ſehen Gelegenheit gefunden, duͤrften leicht einige dieſe Gemaͤlde angehende Vereinigungen und Zahlungen vorhanden ſeyn, aus welchen die Richtigkeit der einen oder der anderen Angabe zu erweiſen waͤre. Indeß ſpricht die Wahrſcheinlichkeit und das aͤußere Anſehn dieſes Mal fuͤr den Vaſari.
Die Malereyen zur Linken ſind naͤmlich in der Ausfuͤh- rung ungleich unvollkommener, als die gegenuͤberſtehenden, und, ohne verwerflich zu ſeyn, doch ſo ſchwach, daß ſie nicht wohl einem Meiſter beyzumeſſen ſind, den Ghiberti hervorhebt. Auch glaubt man in ihrer lobenswerthen Simplicitaͤt, in ihren zum Schoͤnen ſich hinneigenden Geſichtsbildungen die Grundzuͤge der Manier und Richtung des Taddeo di Bartolo zu erkennen, welcher doch wohl aus der Schule ſeines Vaters hervorgegan- gen iſt. Hingegen macht ſich die Malerey zur Rechten ſehr ſtattlich; die Phariſaͤer, die Handlanger in der Gefangenneh- mung, und andere Nebenfiguren ſind lebendig, und beſonders in der Beſtechung des Judas aͤußerſt ſcharf bezeichnet, was mit dem Beyſpiele uͤbereintrifft, durch welches Ghiberti in der angezogenen Stelle unſeren Kuͤnſtler hat charakteriſiren wollen. Es iſt daher anzunehmen, daß Ghiberti ſich zufaͤllig in der Angabe des Gegenſtandes verſehen, und eigentlich die Wand zur Rechten habe bezeichnen wollen.
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[110/0128]
las *), unter den Geſchichten des alten Teſtamentes die Auf-
ſchrift:
A. D. 1356. Bartolus magistri Fredi de Senis me
pinxit.
welche verwiſcht ſeyn muß, da ich ſie nirgend habe entdecken
koͤnnen. In dem Archive der Kirche welches ich nicht einzu-
ſehen Gelegenheit gefunden, duͤrften leicht einige dieſe Gemaͤlde
angehende Vereinigungen und Zahlungen vorhanden ſeyn, aus
welchen die Richtigkeit der einen oder der anderen Angabe zu
erweiſen waͤre. Indeß ſpricht die Wahrſcheinlichkeit und das
aͤußere Anſehn dieſes Mal fuͤr den Vaſari.
Die Malereyen zur Linken ſind naͤmlich in der Ausfuͤh-
rung ungleich unvollkommener, als die gegenuͤberſtehenden, und,
ohne verwerflich zu ſeyn, doch ſo ſchwach, daß ſie nicht wohl
einem Meiſter beyzumeſſen ſind, den Ghiberti hervorhebt. Auch
glaubt man in ihrer lobenswerthen Simplicitaͤt, in ihren zum
Schoͤnen ſich hinneigenden Geſichtsbildungen die Grundzuͤge der
Manier und Richtung des Taddeo di Bartolo zu erkennen,
welcher doch wohl aus der Schule ſeines Vaters hervorgegan-
gen iſt. Hingegen macht ſich die Malerey zur Rechten ſehr
ſtattlich; die Phariſaͤer, die Handlanger in der Gefangenneh-
mung, und andere Nebenfiguren ſind lebendig, und beſonders
in der Beſtechung des Judas aͤußerſt ſcharf bezeichnet, was
mit dem Beyſpiele uͤbereintrifft, durch welches Ghiberti in der
angezogenen Stelle unſeren Kuͤnſtler hat charakteriſiren wollen.
Es iſt daher anzunehmen, daß Ghiberti ſich zufaͤllig in der
Angabe des Gegenſtandes verſehen, und eigentlich die Wand
zur Rechten habe bezeichnen wollen.
*) Vita di Taddeo di Bartolo.
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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/128>, abgerufen am 09.11.2024.
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