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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

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Raume der Armenschule (scuole regie). Das Hauptbild
enthält die Vorstellung im Tempel; die Weiber, welche die
Jungfrau umgeben, besonders die Prophetin, sind vortrefflich.
Die Aufschrift:

AMBROSIUS. LAURENTII. DE. SENIS. FE-
CIT. HOC. OPUS. ANNO. DOMINI. MCCC. XLII.

Eine Altarstaffel mit allegorischer Darstellung des Welt-
gerichtes, auf der Treppe desselben Gebäudes, ist offenbar ein
Bruchstück desselben Bildes *).

Den Bruder des Ambruogio, Pietro di Lorenzo, scheint
Ghiberti ganz übersehen und seine Arbeiten mit denen des er-
sten vermengt zu haben. Wenigstens dürfte die Tafel, welche
gegenwärtig in einem Seitengemache der Sacristey des Domes
zu Siena (stanza del pilone) aufgehängt ist, zu jenen dreyen
gehören, welche Ghiberti dem Ambruogio di Lorenzetto beymißt.
Indeß lies't man am Sockel dieses Gemäldes:

Petrus. LAURENTII. DE. SENIS. ME. PIN-
XIT. A. M. CCC. XLII.

Dieses Gemälde verdient um so mehr beachtet zu wer-
den, weil es das einzige beurkundete Werk dieses Meisters ist,
welches so weit meine Kunde reicht, in Toscana sich erhalten
hat. Der Gegenstand scheint mir aus dem Leben des Täufers
entnommen zu seyn; das mittlere Bild enthält eine Wochen-
stube, in welcher eine Menge naiver, aus dem Familienleben
jener Zeit aufgegriffener Züge verstreut sind. Die Weiber, der
Schnitt ihrer Köpfe, selbst die Bekleidung und der Kopfputz

*) Angeblich ist dieses Bild aus san Nieeolo in Sasso dahin
versetzt worden. Doch vermuthe ich, daß solches zu den Tafeln im
Dome gehört, deren Ghiberti erwähnt.

Raume der Armenſchule (scuole regie). Das Hauptbild
enthaͤlt die Vorſtellung im Tempel; die Weiber, welche die
Jungfrau umgeben, beſonders die Prophetin, ſind vortrefflich.
Die Aufſchrift:

AMBROSIUS. LAURENTII. DE. SENIS. FE-
CIT. HOC. OPUS. ANNO. DOMINI. MCCC. XLII.

Eine Altarſtaffel mit allegoriſcher Darſtellung des Welt-
gerichtes, auf der Treppe deſſelben Gebaͤudes, iſt offenbar ein
Bruchſtuͤck deſſelben Bildes *).

Den Bruder des Ambruogio, Pietro di Lorenzo, ſcheint
Ghiberti ganz uͤberſehen und ſeine Arbeiten mit denen des er-
ſten vermengt zu haben. Wenigſtens duͤrfte die Tafel, welche
gegenwaͤrtig in einem Seitengemache der Sacriſtey des Domes
zu Siena (stanza del pilone) aufgehaͤngt iſt, zu jenen dreyen
gehoͤren, welche Ghiberti dem Ambruogio di Lorenzetto beymißt.
Indeß lieſ’t man am Sockel dieſes Gemaͤldes:

Petrus. LAURENTII. DE. SENIS. ME. PIN-
XIT. A. M. CCC. XLII.

Dieſes Gemaͤlde verdient um ſo mehr beachtet zu wer-
den, weil es das einzige beurkundete Werk dieſes Meiſters iſt,
welches ſo weit meine Kunde reicht, in Toscana ſich erhalten
hat. Der Gegenſtand ſcheint mir aus dem Leben des Taͤufers
entnommen zu ſeyn; das mittlere Bild enthaͤlt eine Wochen-
ſtube, in welcher eine Menge naiver, aus dem Familienleben
jener Zeit aufgegriffener Zuͤge verſtreut ſind. Die Weiber, der
Schnitt ihrer Koͤpfe, ſelbſt die Bekleidung und der Kopfputz

*) Angeblich iſt dieſes Bild aus ſan Nieeolo in Saſſo dahin
verſetzt worden. Doch vermuthe ich, daß ſolches zu den Tafeln im
Dome gehoͤrt, deren Ghiberti erwaͤhnt.
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[106/0124] Raume der Armenſchule (scuole regie). Das Hauptbild enthaͤlt die Vorſtellung im Tempel; die Weiber, welche die Jungfrau umgeben, beſonders die Prophetin, ſind vortrefflich. Die Aufſchrift: AMBROSIUS. LAURENTII. DE. SENIS. FE- CIT. HOC. OPUS. ANNO. DOMINI. MCCC. XLII. Eine Altarſtaffel mit allegoriſcher Darſtellung des Welt- gerichtes, auf der Treppe deſſelben Gebaͤudes, iſt offenbar ein Bruchſtuͤck deſſelben Bildes *). Den Bruder des Ambruogio, Pietro di Lorenzo, ſcheint Ghiberti ganz uͤberſehen und ſeine Arbeiten mit denen des er- ſten vermengt zu haben. Wenigſtens duͤrfte die Tafel, welche gegenwaͤrtig in einem Seitengemache der Sacriſtey des Domes zu Siena (stanza del pilone) aufgehaͤngt iſt, zu jenen dreyen gehoͤren, welche Ghiberti dem Ambruogio di Lorenzetto beymißt. Indeß lieſ’t man am Sockel dieſes Gemaͤldes: Petrus. LAURENTII. DE. SENIS. ME. PIN- XIT. A. M. CCC. XLII. Dieſes Gemaͤlde verdient um ſo mehr beachtet zu wer- den, weil es das einzige beurkundete Werk dieſes Meiſters iſt, welches ſo weit meine Kunde reicht, in Toscana ſich erhalten hat. Der Gegenſtand ſcheint mir aus dem Leben des Taͤufers entnommen zu ſeyn; das mittlere Bild enthaͤlt eine Wochen- ſtube, in welcher eine Menge naiver, aus dem Familienleben jener Zeit aufgegriffener Zuͤge verſtreut ſind. Die Weiber, der Schnitt ihrer Koͤpfe, ſelbſt die Bekleidung und der Kopfputz *) Angeblich iſt dieſes Bild aus ſan Nieeolo in Saſſo dahin verſetzt worden. Doch vermuthe ich, daß ſolches zu den Tafeln im Dome gehoͤrt, deren Ghiberti erwaͤhnt.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/124>, abgerufen am 22.11.2024.