Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

auch das Gewand und der profilirte Fuß derselben Figur alle
billige Erwartungen übertrifft. Ferner enthält dieses Gemälde
s. Petrus, s. Antonius Abbas, eine vortreffliche Figur des hei-
ligen Jacob und einen heiligen Pabst, vielleicht s. Silvester.
Diese Gestalten, welche sämmtlich beynahe zwey Drittheile,
oder doch mehr als die Hälfte der natürlichen Größe errei-
chen, ruhen auf einer Altarstaffel, welche die zwölf Apostel
und viele andere Heilige in kleineren Ausmessungen, doch nicht
minder glücklich und in der zierlichsten Manier vor den Sinn
stellen.

Indeß ist unter den Werken, welche Vasari dem Gio-
vanni
beymißt, das erheblichste und ausgedehnteste jenes Leben
der Jungfrau an dem Gewölbe des Kreuzschiffes zur Rechten
des heiligen Grabes in der unteren Kirche des heiligen Franz
zu Asisi. Diese Arbeit nimmt in ihrer Art eine gleich hohe
Stellung ein, als jene Tafeln unter den Temperagemälden
ihrer Zeit, stimmt zudem zu allen Eigenthümlichkeiten, welche
wir eben hervorgehoben haben, weßhalb ich hier kein Beden-
ken trage, dem Vasari zu folgen. Die einzelnen Darstellun-
gen nehmen, von unten nach oben, folgende Ordnung ein.

Die Anbetung der Könige; der schönen Jungfrau stehen
zwey Engel zur Seite; der älteste der Könige küßt die Füße
des Heilandes; die anderen treten mit würdevoller Ehrfurcht
heran. Dieses Bild hat offenbar der umbrischen Schule und
wenigstens mittelbar selbst dem Raphael vorgeleuchtet.

Der Priester giebt der Jungfrau das Kind zurück; die
Mutter strecket ihm die Arme entgegen, während das wieder
eingewickelte Kind sie freundlich anblickt. Vergleichen wir das
feinsinnige Umgehen des Gegenstandes, der Beschneidung, mit

auch das Gewand und der profilirte Fuß derſelben Figur alle
billige Erwartungen uͤbertrifft. Ferner enthaͤlt dieſes Gemaͤlde
ſ. Petrus, ſ. Antonius Abbas, eine vortreffliche Figur des hei-
ligen Jacob und einen heiligen Pabſt, vielleicht ſ. Silveſter.
Dieſe Geſtalten, welche ſaͤmmtlich beynahe zwey Drittheile,
oder doch mehr als die Haͤlfte der natuͤrlichen Groͤße errei-
chen, ruhen auf einer Altarſtaffel, welche die zwoͤlf Apoſtel
und viele andere Heilige in kleineren Ausmeſſungen, doch nicht
minder gluͤcklich und in der zierlichſten Manier vor den Sinn
ſtellen.

Indeß iſt unter den Werken, welche Vaſari dem Gio-
vanni
beymißt, das erheblichſte und ausgedehnteſte jenes Leben
der Jungfrau an dem Gewoͤlbe des Kreuzſchiffes zur Rechten
des heiligen Grabes in der unteren Kirche des heiligen Franz
zu Aſiſi. Dieſe Arbeit nimmt in ihrer Art eine gleich hohe
Stellung ein, als jene Tafeln unter den Temperagemaͤlden
ihrer Zeit, ſtimmt zudem zu allen Eigenthuͤmlichkeiten, welche
wir eben hervorgehoben haben, weßhalb ich hier kein Beden-
ken trage, dem Vaſari zu folgen. Die einzelnen Darſtellun-
gen nehmen, von unten nach oben, folgende Ordnung ein.

Die Anbetung der Koͤnige; der ſchoͤnen Jungfrau ſtehen
zwey Engel zur Seite; der aͤlteſte der Koͤnige kuͤßt die Fuͤße
des Heilandes; die anderen treten mit wuͤrdevoller Ehrfurcht
heran. Dieſes Bild hat offenbar der umbriſchen Schule und
wenigſtens mittelbar ſelbſt dem Raphael vorgeleuchtet.

Der Prieſter giebt der Jungfrau das Kind zuruͤck; die
Mutter ſtrecket ihm die Arme entgegen, waͤhrend das wieder
eingewickelte Kind ſie freundlich anblickt. Vergleichen wir das
feinſinnige Umgehen des Gegenſtandes, der Beſchneidung, mit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0105" n="87"/>
auch das Gewand und der profilirte Fuß der&#x017F;elben Figur alle<lb/>
billige Erwartungen u&#x0364;bertrifft. Ferner entha&#x0364;lt die&#x017F;es Gema&#x0364;lde<lb/>
&#x017F;. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118593323">Petrus</persName>, &#x017F;. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118649728">Antonius Abbas</persName>, eine vortreffliche Figur des hei-<lb/>
ligen <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118556800 ">Jacob</persName> und einen heiligen Pab&#x017F;t, vielleicht &#x017F;. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119221292">Silve&#x017F;ter</persName>.<lb/>
Die&#x017F;e Ge&#x017F;talten, welche &#x017F;a&#x0364;mmtlich beynahe zwey Drittheile,<lb/>
oder doch mehr als die Ha&#x0364;lfte der natu&#x0364;rlichen Gro&#x0364;ße errei-<lb/>
chen, ruhen auf einer Altar&#x017F;taffel, welche die zwo&#x0364;lf Apo&#x017F;tel<lb/>
und viele andere Heilige in kleineren Ausme&#x017F;&#x017F;ungen, doch nicht<lb/>
minder glu&#x0364;cklich und in der zierlich&#x017F;ten Manier vor den Sinn<lb/>
&#x017F;tellen.</p><lb/>
              <p>Indeß i&#x017F;t unter den Werken, welche <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118626213">Va&#x017F;ari</persName> dem <persName ref="http://d-nb.info/gnd/121656705">Gio-<lb/>
vanni</persName> beymißt, das erheblich&#x017F;te und ausgedehnte&#x017F;te jenes Leben<lb/>
der Jungfrau an dem Gewo&#x0364;lbe des Kreuz&#x017F;chiffes zur Rechten<lb/>
des heiligen Grabes in der unteren Kirche des heiligen <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118534963">Franz</persName><lb/>
zu <placeName>A&#x017F;i&#x017F;i</placeName>. Die&#x017F;e Arbeit nimmt in ihrer Art eine gleich hohe<lb/>
Stellung ein, als jene Tafeln unter den Temperagema&#x0364;lden<lb/>
ihrer Zeit, &#x017F;timmt zudem zu allen Eigenthu&#x0364;mlichkeiten, welche<lb/>
wir eben hervorgehoben haben, weßhalb ich hier kein Beden-<lb/>
ken trage, dem <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118626213">Va&#x017F;ari</persName> zu folgen. Die einzelnen Dar&#x017F;tellun-<lb/>
gen nehmen, von unten nach oben, folgende Ordnung ein.</p><lb/>
              <p>Die Anbetung der Ko&#x0364;nige; der &#x017F;cho&#x0364;nen Jungfrau &#x017F;tehen<lb/>
zwey Engel zur Seite; der a&#x0364;lte&#x017F;te der Ko&#x0364;nige ku&#x0364;ßt die Fu&#x0364;ße<lb/>
des Heilandes; die anderen treten mit wu&#x0364;rdevoller Ehrfurcht<lb/>
heran. Die&#x017F;es Bild hat offenbar der umbri&#x017F;chen Schule und<lb/>
wenig&#x017F;tens mittelbar &#x017F;elb&#x017F;t dem <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118597787">Raphael</persName> vorgeleuchtet.</p><lb/>
              <p>Der Prie&#x017F;ter giebt der Jungfrau das Kind zuru&#x0364;ck; die<lb/>
Mutter &#x017F;trecket ihm die Arme entgegen, wa&#x0364;hrend das wieder<lb/>
eingewickelte Kind &#x017F;ie freundlich anblickt. Vergleichen wir das<lb/>
fein&#x017F;innige Umgehen des Gegen&#x017F;tandes, der Be&#x017F;chneidung, mit<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[87/0105] auch das Gewand und der profilirte Fuß derſelben Figur alle billige Erwartungen uͤbertrifft. Ferner enthaͤlt dieſes Gemaͤlde ſ. Petrus, ſ. Antonius Abbas, eine vortreffliche Figur des hei- ligen Jacob und einen heiligen Pabſt, vielleicht ſ. Silveſter. Dieſe Geſtalten, welche ſaͤmmtlich beynahe zwey Drittheile, oder doch mehr als die Haͤlfte der natuͤrlichen Groͤße errei- chen, ruhen auf einer Altarſtaffel, welche die zwoͤlf Apoſtel und viele andere Heilige in kleineren Ausmeſſungen, doch nicht minder gluͤcklich und in der zierlichſten Manier vor den Sinn ſtellen. Indeß iſt unter den Werken, welche Vaſari dem Gio- vanni beymißt, das erheblichſte und ausgedehnteſte jenes Leben der Jungfrau an dem Gewoͤlbe des Kreuzſchiffes zur Rechten des heiligen Grabes in der unteren Kirche des heiligen Franz zu Aſiſi. Dieſe Arbeit nimmt in ihrer Art eine gleich hohe Stellung ein, als jene Tafeln unter den Temperagemaͤlden ihrer Zeit, ſtimmt zudem zu allen Eigenthuͤmlichkeiten, welche wir eben hervorgehoben haben, weßhalb ich hier kein Beden- ken trage, dem Vaſari zu folgen. Die einzelnen Darſtellun- gen nehmen, von unten nach oben, folgende Ordnung ein. Die Anbetung der Koͤnige; der ſchoͤnen Jungfrau ſtehen zwey Engel zur Seite; der aͤlteſte der Koͤnige kuͤßt die Fuͤße des Heilandes; die anderen treten mit wuͤrdevoller Ehrfurcht heran. Dieſes Bild hat offenbar der umbriſchen Schule und wenigſtens mittelbar ſelbſt dem Raphael vorgeleuchtet. Der Prieſter giebt der Jungfrau das Kind zuruͤck; die Mutter ſtrecket ihm die Arme entgegen, waͤhrend das wieder eingewickelte Kind ſie freundlich anblickt. Vergleichen wir das feinſinnige Umgehen des Gegenſtandes, der Beſchneidung, mit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/105
Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/105>, abgerufen am 22.11.2024.