Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. Beygabe zu Bd. 1. Hamburg, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

des Daseyns einwirkt, nicht so durchaus dasselbe seyn
kann -- diesen entsprechende Unterscheidungen inner-
halb des allgemeinen Begriffes, die Schönheit. In
diesem unterscheide ich demzufolge:

sinnliche Annehmlichkeit;
harmonische Wirkung des in den Gestalten und
überhaupt in den sichtbaren Erscheinungen dem
Maße Unterliegenden.

Erfreulichkeit von (vermöge der einwohnenden
Sinnbildlichkeit der Formen, besonders der or-
ganischen) durch Sichtbares im Geiste angereg-
ten Vorstellungen.

Anm. 1. Diese Unterscheidungen habe ich in der Ab-
sicht gesucht und herbeygezogen, die Schönheit dem
bildenden Künstler zugänglicher zu machen, und hie-
durch die künstlerische Hervorbringung des Schönen
nach Kräften zu befördern. Der praktische Werth
derselben, welcher hinsichtlich der bildenden Künste
sich noch erproben soll, hat schon seit den ältesten
Zeiten in der Musik sich bewährt, deren Schönheit
jenen obigen genau entsprechende Unterscheidungen
zuläßt, welche man jederzeit angestellt und in An-
wendung gebracht hat.

In dieser Kunst nemlich ist es die Reinheit des
einzelnen Lautes, welche den äußeren Sinn (hier
das Gehör) angenehm erregt; Tact und Harmo-
nie, was den uns eingeborenen Sinn für Maß
und Verhältniß ausfüllt; Melodie (cantabile, das
Mittelbare und Sinnbildliche in der Musik), was

des Daſeyns einwirkt, nicht ſo durchaus daſſelbe ſeyn
kann — dieſen entſprechende Unterſcheidungen inner-
halb des allgemeinen Begriffes, die Schoͤnheit. In
dieſem unterſcheide ich demzufolge:

ſinnliche Annehmlichkeit;
harmoniſche Wirkung des in den Geſtalten und
uͤberhaupt in den ſichtbaren Erſcheinungen dem
Maße Unterliegenden.

Erfreulichkeit von (vermoͤge der einwohnenden
Sinnbildlichkeit der Formen, beſonders der or-
ganiſchen) durch Sichtbares im Geiſte angereg-
ten Vorſtellungen.

Anm. 1. Dieſe Unterſcheidungen habe ich in der Ab-
ſicht geſucht und herbeygezogen, die Schoͤnheit dem
bildenden Kuͤnſtler zugaͤnglicher zu machen, und hie-
durch die kuͤnſtleriſche Hervorbringung des Schoͤnen
nach Kraͤften zu befoͤrdern. Der praktiſche Werth
derſelben, welcher hinſichtlich der bildenden Kuͤnſte
ſich noch erproben ſoll, hat ſchon ſeit den aͤlteſten
Zeiten in der Muſik ſich bewaͤhrt, deren Schoͤnheit
jenen obigen genau entſprechende Unterſcheidungen
zulaͤßt, welche man jederzeit angeſtellt und in An-
wendung gebracht hat.

In dieſer Kunſt nemlich iſt es die Reinheit des
einzelnen Lautes, welche den aͤußeren Sinn (hier
das Gehoͤr) angenehm erregt; Tact und Harmo-
nie, was den uns eingeborenen Sinn fuͤr Maß
und Verhaͤltniß ausfuͤllt; Melodie (cantabile, das
Mittelbare und Sinnbildliche in der Muſik), was

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p> <hi rendition="#fr"><pb facs="#f0014" n="8"/>
des Da&#x017F;eyns einwirkt, nicht &#x017F;o durchaus da&#x017F;&#x017F;elbe &#x017F;eyn<lb/>
kann &#x2014; die&#x017F;en ent&#x017F;prechende Unter&#x017F;cheidungen inner-<lb/>
halb des allgemeinen Begriffes, die Scho&#x0364;nheit. In<lb/>
die&#x017F;em unter&#x017F;cheide ich demzufolge:<lb/><list><item>&#x017F;innliche Annehmlichkeit;</item><lb/><item>harmoni&#x017F;che Wirkung des in den Ge&#x017F;talten und<lb/>
u&#x0364;berhaupt in den &#x017F;ichtbaren Er&#x017F;cheinungen dem<lb/>
Maße Unterliegenden.</item><lb/><item>Erfreulichkeit von (vermo&#x0364;ge der einwohnenden<lb/>
Sinnbildlichkeit der Formen, be&#x017F;onders der or-<lb/>
gani&#x017F;chen) durch Sichtbares im Gei&#x017F;te angereg-<lb/>
ten Vor&#x017F;tellungen.</item></list></hi> </p><lb/>
        <p> <hi rendition="#et"><hi rendition="#g">Anm</hi>. 1. Die&#x017F;e Unter&#x017F;cheidungen habe ich in der Ab-<lb/>
&#x017F;icht ge&#x017F;ucht und herbeygezogen, die Scho&#x0364;nheit dem<lb/>
bildenden Ku&#x0364;n&#x017F;tler zuga&#x0364;nglicher zu machen, und hie-<lb/>
durch die ku&#x0364;n&#x017F;tleri&#x017F;che Hervorbringung des Scho&#x0364;nen<lb/>
nach Kra&#x0364;ften zu befo&#x0364;rdern. Der prakti&#x017F;che Werth<lb/>
der&#x017F;elben, welcher hin&#x017F;ichtlich der bildenden Ku&#x0364;n&#x017F;te<lb/>
&#x017F;ich noch erproben &#x017F;oll, hat &#x017F;chon &#x017F;eit den a&#x0364;lte&#x017F;ten<lb/>
Zeiten in der Mu&#x017F;ik &#x017F;ich bewa&#x0364;hrt, deren Scho&#x0364;nheit<lb/>
jenen obigen genau ent&#x017F;prechende Unter&#x017F;cheidungen<lb/>
zula&#x0364;ßt, welche man jederzeit ange&#x017F;tellt und in An-<lb/>
wendung gebracht hat.</hi> </p><lb/>
        <p> <hi rendition="#et">In die&#x017F;er Kun&#x017F;t nemlich i&#x017F;t es die Reinheit des<lb/>
einzelnen Lautes, welche den a&#x0364;ußeren Sinn (hier<lb/>
das Geho&#x0364;r) angenehm erregt; Tact und Harmo-<lb/>
nie, was den uns eingeborenen Sinn fu&#x0364;r Maß<lb/>
und Verha&#x0364;ltniß ausfu&#x0364;llt; Melodie (<hi rendition="#aq">cantabile</hi>, das<lb/>
Mittelbare und Sinnbildliche in der Mu&#x017F;ik), was</hi><lb/>
        </p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[8/0014] des Daſeyns einwirkt, nicht ſo durchaus daſſelbe ſeyn kann — dieſen entſprechende Unterſcheidungen inner- halb des allgemeinen Begriffes, die Schoͤnheit. In dieſem unterſcheide ich demzufolge: ſinnliche Annehmlichkeit; harmoniſche Wirkung des in den Geſtalten und uͤberhaupt in den ſichtbaren Erſcheinungen dem Maße Unterliegenden. Erfreulichkeit von (vermoͤge der einwohnenden Sinnbildlichkeit der Formen, beſonders der or- ganiſchen) durch Sichtbares im Geiſte angereg- ten Vorſtellungen. Anm. 1. Dieſe Unterſcheidungen habe ich in der Ab- ſicht geſucht und herbeygezogen, die Schoͤnheit dem bildenden Kuͤnſtler zugaͤnglicher zu machen, und hie- durch die kuͤnſtleriſche Hervorbringung des Schoͤnen nach Kraͤften zu befoͤrdern. Der praktiſche Werth derſelben, welcher hinſichtlich der bildenden Kuͤnſte ſich noch erproben ſoll, hat ſchon ſeit den aͤlteſten Zeiten in der Muſik ſich bewaͤhrt, deren Schoͤnheit jenen obigen genau entſprechende Unterſcheidungen zulaͤßt, welche man jederzeit angeſtellt und in An- wendung gebracht hat. In dieſer Kunſt nemlich iſt es die Reinheit des einzelnen Lautes, welche den aͤußeren Sinn (hier das Gehoͤr) angenehm erregt; Tact und Harmo- nie, was den uns eingeborenen Sinn fuͤr Maß und Verhaͤltniß ausfuͤllt; Melodie (cantabile, das Mittelbare und Sinnbildliche in der Muſik), was

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01beygabe_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01beygabe_1827/14
Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. Beygabe zu Bd. 1. Hamburg, 1827, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01beygabe_1827/14>, abgerufen am 28.11.2024.