Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.er damit anzudeuten, daß man mit den landschaftlichen For- staunenswerthes geleistet worden, welche demnach deßhalb, weil Systematiker keinen Platz dafür übrig behielten, noch lange nicht verdient, aus der Kunst ausgestrichen zu werden. *) S. Anmerk. 158. der neuen Ausg. Winckelmanns,
Band IV., wo allerdings Winckelmanns Sinn nicht seyn kann, daß classische Bildner etwa in den Fehler des Arellius verfallen wären; doch auch gewiß nicht jener, den ihm seine Herausgeber unterlegen. Wenn er annahm, daß griechische Künstler sich der Schönheit irgend eines bestimmten Vorbildes hingegeben, so setzte er sicher voraus, einmal, daß dieses Vorbild der Aufgabe höchst analog war; dann aber auch, daß der Künstler mit Feuer und Lei- denschaft, nicht vornehm und nüchtern zum Werk geschritten sey. -- Darin daß die Idee der Aufgabe gelöst werde, stimme ich durch- aus mit den Wünschen der Herausg. überein; nur nicht darin, daß solches nicht anders, als in minder natürlichen Formen geschehen könne. er damit anzudeuten, daß man mit den landſchaftlichen For- ſtaunenswerthes geleiſtet worden, welche demnach deßhalb, weil Syſtematiker keinen Platz dafuͤr uͤbrig behielten, noch lange nicht verdient, aus der Kunſt ausgeſtrichen zu werden. *) S. Anmerk. 158. der neuen Ausg. Winckelmanns,
Band IV., wo allerdings Winckelmanns Sinn nicht ſeyn kann, daß claſſiſche Bildner etwa in den Fehler des Arellius verfallen waͤren; doch auch gewiß nicht jener, den ihm ſeine Herausgeber unterlegen. Wenn er annahm, daß griechiſche Kuͤnſtler ſich der Schoͤnheit irgend eines beſtimmten Vorbildes hingegeben, ſo ſetzte er ſicher voraus, einmal, daß dieſes Vorbild der Aufgabe hoͤchſt analog war; dann aber auch, daß der Kuͤnſtler mit Feuer und Lei- denſchaft, nicht vornehm und nuͤchtern zum Werk geſchritten ſey. — Darin daß die Idee der Aufgabe geloͤſt werde, ſtimme ich durch- aus mit den Wuͤnſchen der Herausg. uͤberein; nur nicht darin, daß ſolches nicht anders, als in minder natuͤrlichen Formen geſchehen koͤnne. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0073" n="55"/> er damit anzudeuten, daß man mit den landſchaftlichen For-<lb/> men nicht ſo willkuͤhrlich umgehen, ſie nicht ſo in das Schoͤ-<lb/> nere umgeſtalten koͤnne, als die menſchliche. Aber auch ſpaͤ-<lb/> tere Schoͤnheitslehrer ſetzen Solches, was ſie Idealform nen-<lb/> nen, den natuͤrlichen Geſtalten ſo ausgemacht entgegen, daß<lb/> ſie die letzten, ſelbſt wenn ſie, wie es denkbar iſt, fuͤr be-<lb/> ſtimmte Ideen den paßlichſten Ausdruck hergaͤben, doch auf<lb/> keine Weiſe in das Gebiet der idealen Formen wollen ein-<lb/> ſchleifen laſſen <note place="foot" n="*)">S. Anmerk. 158. der neuen Ausg. <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118633600">Winckelmanns</persName></hi>,<lb/> Band <hi rendition="#aq">IV.</hi>, wo allerdings <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118633600">Winckelmanns</persName></hi> Sinn nicht ſeyn kann,<lb/> daß claſſiſche Bildner etwa in den Fehler des <hi rendition="#g"><persName ref="nognd">Arellius</persName></hi> verfallen<lb/> waͤren; doch auch gewiß nicht jener, den ihm ſeine Herausgeber<lb/> unterlegen. Wenn er annahm, daß griechiſche Kuͤnſtler ſich der<lb/> Schoͤnheit irgend eines beſtimmten Vorbildes hingegeben, ſo ſetzte<lb/> er ſicher voraus, einmal, daß dieſes Vorbild der Aufgabe hoͤchſt<lb/> analog war; dann aber auch, daß der Kuͤnſtler mit Feuer und Lei-<lb/> denſchaft, nicht vornehm und nuͤchtern zum Werk geſchritten ſey. —<lb/> Darin daß die Idee der Aufgabe geloͤſt werde, ſtimme ich durch-<lb/> aus mit den Wuͤnſchen der Herausg. uͤberein; nur nicht darin, daß<lb/> ſolches nicht anders, als in minder natuͤrlichen Formen geſchehen<lb/> koͤnne.</note>. Sehen wir indeß weniger auf die Entſte-<lb/> hung, mehr auf die Hartnaͤckigkeit und Zuverſicht, mit wel-<lb/> cher dieſer Kunſtbegriff noch immer vertheidigt und feſtgehal-<lb/> ten wird, ſo ſcheint ſolche in irgend einer, wenn auch nur<lb/> undeutlichen Wahrnehmung wirklicher Verhaͤltniſſe ihren Grund<lb/> zu haben. Aus verſchiedenen Zeichen glaube ich zu erkennen,<lb/> worauf dieſe Wahrnehmung ſich <choice><sic>bezieht</sic><corr>beziehe</corr></choice>. Da nemlich die idee-<lb/> loſe Idealitaͤt, die leere Idealform, oder wie man ſonſt die-<lb/><note xml:id="fn7b" prev="#fn7a" place="foot" n="**)">ſtaunenswerthes geleiſtet worden, welche demnach deßhalb, weil<lb/> Syſtematiker keinen Platz dafuͤr uͤbrig behielten, noch lange nicht<lb/> verdient, aus der Kunſt ausgeſtrichen zu werden.</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [55/0073]
er damit anzudeuten, daß man mit den landſchaftlichen For-
men nicht ſo willkuͤhrlich umgehen, ſie nicht ſo in das Schoͤ-
nere umgeſtalten koͤnne, als die menſchliche. Aber auch ſpaͤ-
tere Schoͤnheitslehrer ſetzen Solches, was ſie Idealform nen-
nen, den natuͤrlichen Geſtalten ſo ausgemacht entgegen, daß
ſie die letzten, ſelbſt wenn ſie, wie es denkbar iſt, fuͤr be-
ſtimmte Ideen den paßlichſten Ausdruck hergaͤben, doch auf
keine Weiſe in das Gebiet der idealen Formen wollen ein-
ſchleifen laſſen *). Sehen wir indeß weniger auf die Entſte-
hung, mehr auf die Hartnaͤckigkeit und Zuverſicht, mit wel-
cher dieſer Kunſtbegriff noch immer vertheidigt und feſtgehal-
ten wird, ſo ſcheint ſolche in irgend einer, wenn auch nur
undeutlichen Wahrnehmung wirklicher Verhaͤltniſſe ihren Grund
zu haben. Aus verſchiedenen Zeichen glaube ich zu erkennen,
worauf dieſe Wahrnehmung ſich beziehe. Da nemlich die idee-
loſe Idealitaͤt, die leere Idealform, oder wie man ſonſt die-
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*) S. Anmerk. 158. der neuen Ausg. Winckelmanns,
Band IV., wo allerdings Winckelmanns Sinn nicht ſeyn kann,
daß claſſiſche Bildner etwa in den Fehler des Arellius verfallen
waͤren; doch auch gewiß nicht jener, den ihm ſeine Herausgeber
unterlegen. Wenn er annahm, daß griechiſche Kuͤnſtler ſich der
Schoͤnheit irgend eines beſtimmten Vorbildes hingegeben, ſo ſetzte
er ſicher voraus, einmal, daß dieſes Vorbild der Aufgabe hoͤchſt
analog war; dann aber auch, daß der Kuͤnſtler mit Feuer und Lei-
denſchaft, nicht vornehm und nuͤchtern zum Werk geſchritten ſey. —
Darin daß die Idee der Aufgabe geloͤſt werde, ſtimme ich durch-
aus mit den Wuͤnſchen der Herausg. uͤberein; nur nicht darin, daß
ſolches nicht anders, als in minder natuͤrlichen Formen geſchehen
koͤnne.
**) ſtaunenswerthes geleiſtet worden, welche demnach deßhalb, weil
Syſtematiker keinen Platz dafuͤr uͤbrig behielten, noch lange nicht
verdient, aus der Kunſt ausgeſtrichen zu werden.
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