die vorhandenen Nachrichten halten, in der Menge und Kost- barkeit solcher Arbeiten weit überboten haben *); so wird es nahe liegen, das damalige Rom im Westen für den Mittel- punct der Betriebsamkeit in Güssen, geschlagenen und getriebe- nen Arbeiten zu halten, und von dort aus die Schule abzu- leiten, welche unter Karl dem Großen am fränkischen Hofe entstanden, deren Wirksamkeit aber gewiß bis auf Heinrich II., vielleicht noch ungleich weiter zu verfolgen ist. Indeß werden wir aus der Ueberlegenheit der fränkischen Schriftsteller dieser Zeit über die italienisch-lateinischen schließen dürfen: das herr- schende Volk habe bey höherem Lebensmuthe die Erfahrungen und Vorbilder, welche Rom ihm bot, alsobald weiter gebildet und frühzeitig übertroffen. Gewiß läßt sich annehmen, daß Alles, was Karl der Große angeordnet, durchhin aus einem Gusse gewesen, da seine Anlagen von Grund auf neu waren, von einem gemeinschaftlichen Plane ausgingen; die Päpste hingegen verstreueten ihre Schätze über ganz Rom, ihre An- ordnungen waren nicht selten bloße Aufzierungen des Alten, und, bey zu großer Nähe noch unerreichbarer Vorbilder, mußte sogar der Sinn der Künstler, deren sie sich bedient, befange- ner seyn, als im fränkifchen Norden, wo empfangene Anre- gungen im Geiste nachwirken, und, ohne niederzubeugen, Stre- ben und Thätigkeit hervorrufen mochten.
Da es mir nie geglückt ist, bis zum Schatze der Peters- kirche vorzudringen, so bin ich ungewiß, ob daselbst von den vielfältigen Stiftungen und Geschenken, welche die Päpste im achten und neunten Jahrhundert über die römischen Kirchen
die vorhandenen Nachrichten halten, in der Menge und Koſt- barkeit ſolcher Arbeiten weit uͤberboten haben *); ſo wird es nahe liegen, das damalige Rom im Weſten fuͤr den Mittel- punct der Betriebſamkeit in Guͤſſen, geſchlagenen und getriebe- nen Arbeiten zu halten, und von dort aus die Schule abzu- leiten, welche unter Karl dem Großen am fraͤnkiſchen Hofe entſtanden, deren Wirkſamkeit aber gewiß bis auf Heinrich II., vielleicht noch ungleich weiter zu verfolgen iſt. Indeß werden wir aus der Ueberlegenheit der fraͤnkiſchen Schriftſteller dieſer Zeit uͤber die italieniſch-lateiniſchen ſchließen duͤrfen: das herr- ſchende Volk habe bey hoͤherem Lebensmuthe die Erfahrungen und Vorbilder, welche Rom ihm bot, alſobald weiter gebildet und fruͤhzeitig uͤbertroffen. Gewiß laͤßt ſich annehmen, daß Alles, was Karl der Große angeordnet, durchhin aus einem Guſſe geweſen, da ſeine Anlagen von Grund auf neu waren, von einem gemeinſchaftlichen Plane ausgingen; die Paͤpſte hingegen verſtreueten ihre Schaͤtze uͤber ganz Rom, ihre An- ordnungen waren nicht ſelten bloße Aufzierungen des Alten, und, bey zu großer Naͤhe noch unerreichbarer Vorbilder, mußte ſogar der Sinn der Kuͤnſtler, deren ſie ſich bedient, befange- ner ſeyn, als im fraͤnkifchen Norden, wo empfangene Anre- gungen im Geiſte nachwirken, und, ohne niederzubeugen, Stre- ben und Thaͤtigkeit hervorrufen mochten.
Da es mir nie gegluͤckt iſt, bis zum Schatze der Peters- kirche vorzudringen, ſo bin ich ungewiß, ob daſelbſt von den vielfaͤltigen Stiftungen und Geſchenken, welche die Paͤpſte im achten und neunten Jahrhundert uͤber die roͤmiſchen Kirchen
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die vorhandenen Nachrichten halten, in der Menge und Koſt-
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punct der Betriebſamkeit in Guͤſſen, geſchlagenen und getriebe-
nen Arbeiten zu halten, und von dort aus die Schule abzu-
leiten, welche unter Karl dem Großen am fraͤnkiſchen Hofe
entſtanden, deren Wirkſamkeit aber gewiß bis auf Heinrich II.,
vielleicht noch ungleich weiter zu verfolgen iſt. Indeß werden
wir aus der Ueberlegenheit der fraͤnkiſchen Schriftſteller dieſer
Zeit uͤber die italieniſch-lateiniſchen ſchließen duͤrfen: das herr-
ſchende Volk habe bey hoͤherem Lebensmuthe die Erfahrungen
und Vorbilder, welche Rom ihm bot, alſobald weiter gebildet
und fruͤhzeitig uͤbertroffen. Gewiß laͤßt ſich annehmen, daß
Alles, was Karl der Große angeordnet, durchhin aus einem
Guſſe geweſen, da ſeine Anlagen von Grund auf neu waren,
von einem gemeinſchaftlichen Plane ausgingen; die Paͤpſte
hingegen verſtreueten ihre Schaͤtze uͤber ganz Rom, ihre An-
ordnungen waren nicht ſelten bloße Aufzierungen des Alten,
und, bey zu großer Naͤhe noch unerreichbarer Vorbilder, mußte
ſogar der Sinn der Kuͤnſtler, deren ſie ſich bedient, befange-
ner ſeyn, als im fraͤnkifchen Norden, wo empfangene Anre-
gungen im Geiſte nachwirken, und, ohne niederzubeugen, Stre-
ben und Thaͤtigkeit hervorrufen mochten.
Da es mir nie gegluͤckt iſt, bis zum Schatze der Peters-
kirche vorzudringen, ſo bin ich ungewiß, ob daſelbſt von den
vielfaͤltigen Stiftungen und Geſchenken, welche die Paͤpſte im
achten und neunten Jahrhundert uͤber die roͤmiſchen Kirchen
*) Anast. vit. Leo III.
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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/238>, abgerufen am 27.11.2024.
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