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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.

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Ueberreste indeß, wie ich befürchten muß, theils späteren Bau-
ten Raum gegeben, theils unter den Erneuerungen nachfolgen-
der Jahrhunderte unkenntlich geworden sind. So führt auch
Brunetti *) aus Urkunden von den Jahren 754 und 763
an, daß der König Aistolf einen zu Lucca ansäßigen Maler
Aripert begünstigt und beschenkt habe.

Im Allgemeinen werden wir demnach annehmen dürfen,
daß während dieses Zeitraums die altchristliche Kunstübung zu
Rom und Ravenna in eben dem Verhältniß zurück geschritten
sey, als sie im longobardischen Italien allmählich zugenom-
men; bis, gegen die Zeit Karls des Großen, durch den Rück-
schritt des einen, den Vorschritt des anderen Theiles wiederum
eine gewisse Gleichheit der Kunststufe entstanden. Von einer
gemeinschaftlichen Grundlage spätrömischer Technik und christ-
licher Kunstideen, war die Kunstübung in beiden Bezirken Ita-
liens
ausgegangen; und bey vielfältigen Feindseeligkeiten wa-
ren doch friedlichere Berührungen **) bey so nahen Anwoh-
nern unvermeidlich, wie sie den wirklich auch aus den spärlich

cane T. 1. lib. 1. c. 13. p. 268), welche ein, unter Luitprand, zu
Chiusi angefertigtes Ciborium beurkundet. Indeß enthält eine
zweyte, dem Ansehen nach spätere, Inschrift die Worte: cedat no-
vitati diruti antiquitas ligni
, welche Zweifel hervorrufen, ob nicht
die Altarverzierung der longob. Zeit in späteren erneuert worden;
obwohl die ältere Inschrift durch die Worte: pulcrius ecce micat
nitenti marmoris decus
, diesen Zweifel wiederum aufzuheben scheint.
Unter allen Umständen gehört diese Arbeit der Bauverzierung einer
Provinzialstadt an; zu den übrigen Inschriften fehlen uns aber die
Werke, deren Zeitalter sie bezeugten. -- Auf einige die Baukunst
betreffende Umstände werde ich in der achten Abhandlung zurückkommen.
*) Cod. dipl. Toscano. P. 1. Ser. c. cap. III. §. 7.
**) S. Epp. Greg. M., deren viele an longob. Machthaber ge-
richtet sind.

Ueberreſte indeß, wie ich befuͤrchten muß, theils ſpaͤteren Bau-
ten Raum gegeben, theils unter den Erneuerungen nachfolgen-
der Jahrhunderte unkenntlich geworden ſind. So fuͤhrt auch
Brunetti *) aus Urkunden von den Jahren 754 und 763
an, daß der Koͤnig Aiſtolf einen zu Lucca anſaͤßigen Maler
Aripert beguͤnſtigt und beſchenkt habe.

Im Allgemeinen werden wir demnach annehmen duͤrfen,
daß waͤhrend dieſes Zeitraums die altchriſtliche Kunſtuͤbung zu
Rom und Ravenna in eben dem Verhaͤltniß zuruͤck geſchritten
ſey, als ſie im longobardiſchen Italien allmaͤhlich zugenom-
men; bis, gegen die Zeit Karls des Großen, durch den Ruͤck-
ſchritt des einen, den Vorſchritt des anderen Theiles wiederum
eine gewiſſe Gleichheit der Kunſtſtufe entſtanden. Von einer
gemeinſchaftlichen Grundlage ſpaͤtroͤmiſcher Technik und chriſt-
licher Kunſtideen, war die Kunſtuͤbung in beiden Bezirken Ita-
liens
ausgegangen; und bey vielfaͤltigen Feindſeeligkeiten wa-
ren doch friedlichere Beruͤhrungen **) bey ſo nahen Anwoh-
nern unvermeidlich, wie ſie den wirklich auch aus den ſpaͤrlich

cane T. 1. lib. 1. c. 13. p. 268), welche ein, unter Luitprand, zu
Chiuſi angefertigtes Ciborium beurkundet. Indeß enthaͤlt eine
zweyte, dem Anſehen nach ſpaͤtere, Inſchrift die Worte: cedat no-
vitati diruti antiquitas ligni
, welche Zweifel hervorrufen, ob nicht
die Altarverzierung der longob. Zeit in ſpaͤteren erneuert worden;
obwohl die aͤltere Inſchrift durch die Worte: pulcrius ecce micat
nitenti marmoris decus
, dieſen Zweifel wiederum aufzuheben ſcheint.
Unter allen Umſtaͤnden gehoͤrt dieſe Arbeit der Bauverzierung einer
Provinzialſtadt an; zu den uͤbrigen Inſchriften fehlen uns aber die
Werke, deren Zeitalter ſie bezeugten. — Auf einige die Baukunſt
betreffende Umſtaͤnde werde ich in der achten Abhandlung zuruͤckkommen.
*) Cod. dipl. Toscano. P. 1. Ser. c. cap. III. §. 7.
**) S. Epp. Greg. M., deren viele an longob. Machthaber ge-
richtet ſind.
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[188/0206] Ueberreſte indeß, wie ich befuͤrchten muß, theils ſpaͤteren Bau- ten Raum gegeben, theils unter den Erneuerungen nachfolgen- der Jahrhunderte unkenntlich geworden ſind. So fuͤhrt auch Brunetti *) aus Urkunden von den Jahren 754 und 763 an, daß der Koͤnig Aiſtolf einen zu Lucca anſaͤßigen Maler Aripert beguͤnſtigt und beſchenkt habe. Im Allgemeinen werden wir demnach annehmen duͤrfen, daß waͤhrend dieſes Zeitraums die altchriſtliche Kunſtuͤbung zu Rom und Ravenna in eben dem Verhaͤltniß zuruͤck geſchritten ſey, als ſie im longobardiſchen Italien allmaͤhlich zugenom- men; bis, gegen die Zeit Karls des Großen, durch den Ruͤck- ſchritt des einen, den Vorſchritt des anderen Theiles wiederum eine gewiſſe Gleichheit der Kunſtſtufe entſtanden. Von einer gemeinſchaftlichen Grundlage ſpaͤtroͤmiſcher Technik und chriſt- licher Kunſtideen, war die Kunſtuͤbung in beiden Bezirken Ita- liens ausgegangen; und bey vielfaͤltigen Feindſeeligkeiten wa- ren doch friedlichere Beruͤhrungen **) bey ſo nahen Anwoh- nern unvermeidlich, wie ſie den wirklich auch aus den ſpaͤrlich ***) *) Cod. dipl. Toscano. P. 1. Ser. c. cap. III. §. 7. **) S. Epp. Greg. M., deren viele an longob. Machthaber ge- richtet ſind. ***) cane T. 1. lib. 1. c. 13. p. 268), welche ein, unter Luitprand, zu Chiuſi angefertigtes Ciborium beurkundet. Indeß enthaͤlt eine zweyte, dem Anſehen nach ſpaͤtere, Inſchrift die Worte: cedat no- vitati diruti antiquitas ligni, welche Zweifel hervorrufen, ob nicht die Altarverzierung der longob. Zeit in ſpaͤteren erneuert worden; obwohl die aͤltere Inſchrift durch die Worte: pulcrius ecce micat nitenti marmoris decus, dieſen Zweifel wiederum aufzuheben ſcheint. Unter allen Umſtaͤnden gehoͤrt dieſe Arbeit der Bauverzierung einer Provinzialſtadt an; zu den uͤbrigen Inſchriften fehlen uns aber die Werke, deren Zeitalter ſie bezeugten. — Auf einige die Baukunſt betreffende Umſtaͤnde werde ich in der achten Abhandlung zuruͤckkommen.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/206>, abgerufen am 19.05.2024.