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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.

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dessen Scharfblick und billigen Sinn ich hochschätze, dessen
öffentlichen und freundschaftlichen Mittheilungen ich vielfältige
Belehrung verdanke, brachte mir schon vor Jahren das
Kunstschöne
in Vorschlag, ein neues Wort, welches dieser
Kunstgelehrte schon früher, nach dem Vorgange Hirts, in
seinen trefflichen Studien griechischer Künstler aufgenommen
hatte. Bis dahin habe ich mich nicht einmal an den Klang
gewöhnen können; doch dürfte dieser, in einer rauhen Spra-
che, wie die unsrige, nicht so sehr in Frage kommen, als die-
ses: ob die Grundbegriffe, aus denen er zusammengesetzt wor-
den, mit Solchem, was ich Styl nenne, durchaus vereinbar
wären. Das Kunstschöne indeß kann nach dem Beyspiel
verwandter Wortbildungen nichts anders heißen wollen, als
das Schöne der Kunst. Der Styl aber in dem Sinne,
den ich festhalte, ist zwar allerdings ein Schönes der Kunst,
aber noch keinesweges der Inbegriff alles Schönen der
Kunst; das Kunstschöne scheint also für meinen Stylbegriff
zu Vieles zu bezeichnen, oder zu weit umfassend zu seyn.
Sehen wir zudem das Kunstwort Styl, auch in den neuesten
Kunstbetrachtungen desselben Gelehrten *) noch immer nach

*) S. Kunstblatt 1825. Jan. und Nov. Ich räume meinem
Gegner, vornehmlich dessen letzter Zuschrift, seine dialectische
Ueberlegenheit ein. Die Sache aber, um welche es am Ende ihm
selbst ebenfalls nur zu thun ist, wird durch obige Entwickelung an
Deutlichkeit und Festigkeit gewonnen haben.
Gegen die Beyspiele, welche Dr. Schorn mir entgegenstellt,
habe ich folgendes einzuwenden. Die Aegineten sind, ihrer ersten
Bestimmung nach, in Bezug auf Styl, aus dem Gesichtspunct des
Hochreliefs zu beurtheilen. Niobe und ihre Kinder, nach der geist-
vollen Hypothese Cockerells nicht minder; und obwohl ich nicht
glaube, daß die medizeischen Exemplare Originale und so alt sind,

deſſen Scharfblick und billigen Sinn ich hochſchaͤtze, deſſen
oͤffentlichen und freundſchaftlichen Mittheilungen ich vielfaͤltige
Belehrung verdanke, brachte mir ſchon vor Jahren das
Kunſtſchoͤne
in Vorſchlag, ein neues Wort, welches dieſer
Kunſtgelehrte ſchon fruͤher, nach dem Vorgange Hirts, in
ſeinen trefflichen Studien griechiſcher Kuͤnſtler aufgenommen
hatte. Bis dahin habe ich mich nicht einmal an den Klang
gewoͤhnen koͤnnen; doch duͤrfte dieſer, in einer rauhen Spra-
che, wie die unſrige, nicht ſo ſehr in Frage kommen, als die-
ſes: ob die Grundbegriffe, aus denen er zuſammengeſetzt wor-
den, mit Solchem, was ich Styl nenne, durchaus vereinbar
waͤren. Das Kunſtſchoͤne indeß kann nach dem Beyſpiel
verwandter Wortbildungen nichts anders heißen wollen, als
das Schoͤne der Kunſt. Der Styl aber in dem Sinne,
den ich feſthalte, iſt zwar allerdings ein Schoͤnes der Kunſt,
aber noch keinesweges der Inbegriff alles Schoͤnen der
Kunſt; das Kunſtſchoͤne ſcheint alſo fuͤr meinen Stylbegriff
zu Vieles zu bezeichnen, oder zu weit umfaſſend zu ſeyn.
Sehen wir zudem das Kunſtwort Styl, auch in den neueſten
Kunſtbetrachtungen deſſelben Gelehrten *) noch immer nach

*) S. Kunſtblatt 1825. Jan. und Nov. Ich raͤume meinem
Gegner, vornehmlich deſſen letzter Zuſchrift, ſeine dialectiſche
Ueberlegenheit ein. Die Sache aber, um welche es am Ende ihm
ſelbſt ebenfalls nur zu thun iſt, wird durch obige Entwickelung an
Deutlichkeit und Feſtigkeit gewonnen haben.
Gegen die Beyſpiele, welche Dr. Schorn mir entgegenſtellt,
habe ich folgendes einzuwenden. Die Aegineten ſind, ihrer erſten
Beſtimmung nach, in Bezug auf Styl, aus dem Geſichtspunct des
Hochreliefs zu beurtheilen. Niobe und ihre Kinder, nach der geiſt-
vollen Hypotheſe Cockerells nicht minder; und obwohl ich nicht
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[101/0119] deſſen Scharfblick und billigen Sinn ich hochſchaͤtze, deſſen oͤffentlichen und freundſchaftlichen Mittheilungen ich vielfaͤltige Belehrung verdanke, brachte mir ſchon vor Jahren das Kunſtſchoͤne in Vorſchlag, ein neues Wort, welches dieſer Kunſtgelehrte ſchon fruͤher, nach dem Vorgange Hirts, in ſeinen trefflichen Studien griechiſcher Kuͤnſtler aufgenommen hatte. Bis dahin habe ich mich nicht einmal an den Klang gewoͤhnen koͤnnen; doch duͤrfte dieſer, in einer rauhen Spra- che, wie die unſrige, nicht ſo ſehr in Frage kommen, als die- ſes: ob die Grundbegriffe, aus denen er zuſammengeſetzt wor- den, mit Solchem, was ich Styl nenne, durchaus vereinbar waͤren. Das Kunſtſchoͤne indeß kann nach dem Beyſpiel verwandter Wortbildungen nichts anders heißen wollen, als das Schoͤne der Kunſt. Der Styl aber in dem Sinne, den ich feſthalte, iſt zwar allerdings ein Schoͤnes der Kunſt, aber noch keinesweges der Inbegriff alles Schoͤnen der Kunſt; das Kunſtſchoͤne ſcheint alſo fuͤr meinen Stylbegriff zu Vieles zu bezeichnen, oder zu weit umfaſſend zu ſeyn. Sehen wir zudem das Kunſtwort Styl, auch in den neueſten Kunſtbetrachtungen deſſelben Gelehrten *) noch immer nach *) S. Kunſtblatt 1825. Jan. und Nov. Ich raͤume meinem Gegner, vornehmlich deſſen letzter Zuſchrift, ſeine dialectiſche Ueberlegenheit ein. Die Sache aber, um welche es am Ende ihm ſelbſt ebenfalls nur zu thun iſt, wird durch obige Entwickelung an Deutlichkeit und Feſtigkeit gewonnen haben. Gegen die Beyſpiele, welche Dr. Schorn mir entgegenſtellt, habe ich folgendes einzuwenden. Die Aegineten ſind, ihrer erſten Beſtimmung nach, in Bezug auf Styl, aus dem Geſichtspunct des Hochreliefs zu beurtheilen. Niobe und ihre Kinder, nach der geiſt- vollen Hypotheſe Cockerells nicht minder; und obwohl ich nicht glaube, daß die medizeiſchen Exemplare Originale und ſo alt ſind,

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/119>, abgerufen am 27.11.2024.