Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
Und das nur macht dein Ich, daß ungetrennt sie sind,
Wie ungetrennt sich Mann und Weib erkennt im Kind.
So unterscheidest du den Gott von der Natur,
Und von den beiden Dich, und Eins die drei sind nur.
Den Vater magst du ihn, und sie die Mutter nennen,
O Kind, doch ungetrennt von beiden dich erkennen.
In deiner Liebe wirst du sie als Eins erkennen,
Mit Liebesnamen unterscheiden und nicht trennen.
Nie laß dir dies Gefühl, es sei dein heil'ger Glauben,
Von Unterschiedenem und Ungeschiednem rauben.

36.
Du bist ein Muttersohn, und von der Mutterbrust
Noch nicht entwöhnt, sie ist noch immer deine Lust.
Du bist ein Muttersohn, doch an der Mutterbrust
Hast du den Vater selbst geahnt in stiller Lust.
Du bist ein Muttersohn, doch auch des Vaters Kind,
Der auch die Kinder liebt, die lieb der Mutter sind.

Und das nur macht dein Ich, daß ungetrennt ſie ſind,
Wie ungetrennt ſich Mann und Weib erkennt im Kind.
So unterſcheideſt du den Gott von der Natur,
Und von den beiden Dich, und Eins die drei ſind nur.
Den Vater magſt du ihn, und ſie die Mutter nennen,
O Kind, doch ungetrennt von beiden dich erkennen.
In deiner Liebe wirſt du ſie als Eins erkennen,
Mit Liebesnamen unterſcheiden und nicht trennen.
Nie laß dir dies Gefuͤhl, es ſei dein heil'ger Glauben,
Von Unterſchiedenem und Ungeſchiednem rauben.

36.
Du biſt ein Mutterſohn, und von der Mutterbruſt
Noch nicht entwoͤhnt, ſie iſt noch immer deine Luſt.
Du biſt ein Mutterſohn, doch an der Mutterbruſt
Haſt du den Vater ſelbſt geahnt in ſtiller Luſt.
Du biſt ein Mutterſohn, doch auch des Vaters Kind,
Der auch die Kinder liebt, die lieb der Mutter ſind.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0042" n="32"/>
            <lg n="6">
              <l>Und das nur macht dein Ich, daß ungetrennt &#x017F;ie &#x017F;ind,</l><lb/>
              <l>Wie ungetrennt &#x017F;ich Mann und Weib erkennt im Kind.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>So unter&#x017F;cheide&#x017F;t du den Gott von der Natur,</l><lb/>
              <l>Und von den beiden Dich, und Eins die drei &#x017F;ind nur.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="8">
              <l>Den Vater mag&#x017F;t du ihn, und &#x017F;ie die Mutter nennen,</l><lb/>
              <l>O Kind, doch ungetrennt von beiden dich erkennen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="9">
              <l>In deiner Liebe wir&#x017F;t du &#x017F;ie als Eins erkennen,</l><lb/>
              <l>Mit Liebesnamen unter&#x017F;cheiden und nicht trennen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="10">
              <l>Nie laß dir dies Gefu&#x0364;hl, es &#x017F;ei dein heil'ger Glauben,</l><lb/>
              <l>Von Unter&#x017F;chiedenem und Unge&#x017F;chiednem rauben.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>36.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Du bi&#x017F;t ein Mutter&#x017F;ohn, und von der Mutterbru&#x017F;t</l><lb/>
              <l>Noch nicht entwo&#x0364;hnt, &#x017F;ie i&#x017F;t noch immer deine Lu&#x017F;t.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Du bi&#x017F;t ein Mutter&#x017F;ohn, doch an der Mutterbru&#x017F;t</l><lb/>
              <l>Ha&#x017F;t du den Vater &#x017F;elb&#x017F;t geahnt in &#x017F;tiller Lu&#x017F;t.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Du bi&#x017F;t ein Mutter&#x017F;ohn, doch auch des Vaters Kind,</l><lb/>
              <l>Der auch die Kinder liebt, die lieb der Mutter &#x017F;ind.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[32/0042] Und das nur macht dein Ich, daß ungetrennt ſie ſind, Wie ungetrennt ſich Mann und Weib erkennt im Kind. So unterſcheideſt du den Gott von der Natur, Und von den beiden Dich, und Eins die drei ſind nur. Den Vater magſt du ihn, und ſie die Mutter nennen, O Kind, doch ungetrennt von beiden dich erkennen. In deiner Liebe wirſt du ſie als Eins erkennen, Mit Liebesnamen unterſcheiden und nicht trennen. Nie laß dir dies Gefuͤhl, es ſei dein heil'ger Glauben, Von Unterſchiedenem und Ungeſchiednem rauben. 36. Du biſt ein Mutterſohn, und von der Mutterbruſt Noch nicht entwoͤhnt, ſie iſt noch immer deine Luſt. Du biſt ein Mutterſohn, doch an der Mutterbruſt Haſt du den Vater ſelbſt geahnt in ſtiller Luſt. Du biſt ein Mutterſohn, doch auch des Vaters Kind, Der auch die Kinder liebt, die lieb der Mutter ſind.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/42
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/42>, abgerufen am 03.12.2024.