Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.18. Es ist ein wahres Wort: Wer glaubt, der wird betrogen; Wer aber Keinem glaubt, hat sich noch mehr entzogen. Wenn Niemand ihn betrügt, wenn Niemand ihn beraubt; Wie elend, wer sich stets beraubt betrogen glaubt! 19. Wie schwer entschlägst du dich, ein gleiches andern an Zu thun, wie andere dir selber angethan. Wen man von oben drückt, der drückt nach unten weiter, Und Unterdrückung wird dadurch auf Erden breiter. Wer in der Jugend sich durch Mühsal mußte schlagen, Den rührts im Alter nicht, wenn sich die Jungen plagen. Und wen Gleichgültigkeit gekränkt und Unbeachtung, Zieht fremdes Schicksal nicht in herzliche Betrachtung. Das alles ist gewiß natürlich, doch das Heil Der Menschheit forderte das grade Gegentheil. 18. Es iſt ein wahres Wort: Wer glaubt, der wird betrogen; Wer aber Keinem glaubt, hat ſich noch mehr entzogen. Wenn Niemand ihn betruͤgt, wenn Niemand ihn beraubt; Wie elend, wer ſich ſtets beraubt betrogen glaubt! 19. Wie ſchwer entſchlaͤgſt du dich, ein gleiches andern an Zu thun, wie andere dir ſelber angethan. Wen man von oben druͤckt, der druͤckt nach unten weiter, Und Unterdruͤckung wird dadurch auf Erden breiter. Wer in der Jugend ſich durch Muͤhſal mußte ſchlagen, Den ruͤhrts im Alter nicht, wenn ſich die Jungen plagen. Und wen Gleichguͤltigkeit gekraͤnkt und Unbeachtung, Zieht fremdes Schickſal nicht in herzliche Betrachtung. Das alles iſt gewiß natuͤrlich, doch das Heil Der Menſchheit forderte das grade Gegentheil. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0289" n="279"/> <div n="2"> <head>18.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Es iſt ein wahres Wort: Wer glaubt, der wird betrogen;</l><lb/> <l>Wer aber Keinem glaubt, hat ſich noch mehr entzogen.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Wenn Niemand ihn betruͤgt, wenn Niemand ihn beraubt;</l><lb/> <l>Wie elend, wer ſich ſtets beraubt betrogen glaubt!</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>19.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Wie ſchwer entſchlaͤgſt du dich, ein gleiches andern an</l><lb/> <l>Zu thun, wie andere dir ſelber angethan.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Wen man von oben druͤckt, der druͤckt nach unten weiter,</l><lb/> <l>Und Unterdruͤckung wird dadurch auf Erden breiter.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Wer in der Jugend ſich durch Muͤhſal mußte ſchlagen,</l><lb/> <l>Den ruͤhrts im Alter nicht, wenn ſich die Jungen plagen.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Und wen Gleichguͤltigkeit gekraͤnkt und Unbeachtung,</l><lb/> <l>Zieht fremdes Schickſal nicht in herzliche Betrachtung.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Das alles iſt gewiß natuͤrlich, doch das Heil</l><lb/> <l>Der Menſchheit forderte das grade Gegentheil.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [279/0289]
18.
Es iſt ein wahres Wort: Wer glaubt, der wird betrogen;
Wer aber Keinem glaubt, hat ſich noch mehr entzogen.
Wenn Niemand ihn betruͤgt, wenn Niemand ihn beraubt;
Wie elend, wer ſich ſtets beraubt betrogen glaubt!
19.
Wie ſchwer entſchlaͤgſt du dich, ein gleiches andern an
Zu thun, wie andere dir ſelber angethan.
Wen man von oben druͤckt, der druͤckt nach unten weiter,
Und Unterdruͤckung wird dadurch auf Erden breiter.
Wer in der Jugend ſich durch Muͤhſal mußte ſchlagen,
Den ruͤhrts im Alter nicht, wenn ſich die Jungen plagen.
Und wen Gleichguͤltigkeit gekraͤnkt und Unbeachtung,
Zieht fremdes Schickſal nicht in herzliche Betrachtung.
Das alles iſt gewiß natuͤrlich, doch das Heil
Der Menſchheit forderte das grade Gegentheil.
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