Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite
41.
Der König von Lahor', in seines Reiches Mitte,
Hat aus Freigebigkeit erfunden eine Sitte.
An jedem Monat läßt er sich einmal aufwägen
Mit Münzen groß und klein von eigenen Geprägen.
In eine Wagschal' ist er als Gewicht gethan,
Und in die andre Geld, genau auf Unz' und Gran.
Wenn einfach gnädig nur, ists Silber, wenn er hold
Besonders seyn will, wird gemischt darunter Gold.
Und soviel als er wog, soviel theilt er gewogen
Den Armen aus, davon wird ihnen nichts entzogen.
Die Armen beten, daß ihr Fürst auf seine Wage,
Statt jeden Monat, doch sich setz' an jedem Tage.
Sie beten, daß ihr Fürst fett werde, dick und schwer,
Der leider magrer wird und leichter immermehr.
Bald wird ein Federchen des Fürsten Leib aufwiegen,
Dann werden weder Gold noch Silber Arme kriegen.

41.
Der Koͤnig von Lahor', in ſeines Reiches Mitte,
Hat aus Freigebigkeit erfunden eine Sitte.
An jedem Monat laͤßt er ſich einmal aufwaͤgen
Mit Muͤnzen groß und klein von eigenen Gepraͤgen.
In eine Wagſchal' iſt er als Gewicht gethan,
Und in die andre Geld, genau auf Unz' und Gran.
Wenn einfach gnaͤdig nur, iſts Silber, wenn er hold
Beſonders ſeyn will, wird gemiſcht darunter Gold.
Und ſoviel als er wog, ſoviel theilt er gewogen
Den Armen aus, davon wird ihnen nichts entzogen.
Die Armen beten, daß ihr Fuͤrſt auf ſeine Wage,
Statt jeden Monat, doch ſich ſetz' an jedem Tage.
Sie beten, daß ihr Fuͤrſt fett werde, dick und ſchwer,
Der leider magrer wird und leichter immermehr.
Bald wird ein Federchen des Fuͤrſten Leib aufwiegen,
Dann werden weder Gold noch Silber Arme kriegen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0259" n="249"/>
        <div n="2">
          <head>41.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Der Ko&#x0364;nig von Lahor', in &#x017F;eines Reiches Mitte,</l><lb/>
              <l>Hat aus Freigebigkeit erfunden eine Sitte.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>An jedem Monat la&#x0364;ßt er &#x017F;ich einmal aufwa&#x0364;gen</l><lb/>
              <l>Mit Mu&#x0364;nzen groß und klein von eigenen Gepra&#x0364;gen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>In eine Wag&#x017F;chal' i&#x017F;t er als Gewicht gethan,</l><lb/>
              <l>Und in die andre Geld, genau auf Unz' und Gran.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Wenn einfach gna&#x0364;dig nur, i&#x017F;ts Silber, wenn er hold</l><lb/>
              <l>Be&#x017F;onders &#x017F;eyn will, wird gemi&#x017F;cht darunter Gold.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Und &#x017F;oviel als er wog, &#x017F;oviel theilt er gewogen</l><lb/>
              <l>Den Armen aus, davon wird ihnen nichts entzogen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Die Armen beten, daß ihr Fu&#x0364;r&#x017F;t auf &#x017F;eine Wage,</l><lb/>
              <l>Statt jeden Monat, doch &#x017F;ich &#x017F;etz' an jedem Tage.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Sie beten, daß ihr Fu&#x0364;r&#x017F;t fett werde, dick und &#x017F;chwer,</l><lb/>
              <l>Der leider magrer wird und leichter immermehr.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="8">
              <l>Bald wird ein Federchen des Fu&#x0364;r&#x017F;ten Leib aufwiegen,</l><lb/>
              <l>Dann werden weder Gold noch Silber Arme kriegen.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[249/0259] 41. Der Koͤnig von Lahor', in ſeines Reiches Mitte, Hat aus Freigebigkeit erfunden eine Sitte. An jedem Monat laͤßt er ſich einmal aufwaͤgen Mit Muͤnzen groß und klein von eigenen Gepraͤgen. In eine Wagſchal' iſt er als Gewicht gethan, Und in die andre Geld, genau auf Unz' und Gran. Wenn einfach gnaͤdig nur, iſts Silber, wenn er hold Beſonders ſeyn will, wird gemiſcht darunter Gold. Und ſoviel als er wog, ſoviel theilt er gewogen Den Armen aus, davon wird ihnen nichts entzogen. Die Armen beten, daß ihr Fuͤrſt auf ſeine Wage, Statt jeden Monat, doch ſich ſetz' an jedem Tage. Sie beten, daß ihr Fuͤrſt fett werde, dick und ſchwer, Der leider magrer wird und leichter immermehr. Bald wird ein Federchen des Fuͤrſten Leib aufwiegen, Dann werden weder Gold noch Silber Arme kriegen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836/259
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836/259>, abgerufen am 21.11.2024.