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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

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lage entschieden werden, die sich in ihnen zeigt.
Aber Blumenzeichnung müssen sie alle lernen,
wie man schreiben lernt. Eine schöne Handschrift
zu erlernen gehört zu den unerlaßlichen Forderun-
gen. Rechnen, mit der höchsten Fertigkeit, und
besonders aus dem Kopfe, ist eben so nothwendig.
Naturgeschichte, Kräuterkunde, Erdbeschreibung,
einige Kenntniß vom Baue des menschlichen Kör-
pers, eine allgemeine Uebersicht der Weltgeschich-
te, eine verständige Ansicht des Weltgebäudes,
das sind die Gegenstände des Wissens, die ihnen
nicht fremd bleiben dürfen. Zur Küche und allen
Haushaltungsgeschäften müssen sie gar früh mit
rechtem Ernste angehalten werden, wovon Besor-
gung der Wäsche und des Leinzeuges für sie ein
wesentliches Stück seyn muß. Zum Gesange müs-
sen sie alle angeleitet werden, und damit ihr Ohr
sich recht zeitig bilde, so darf es an einem guten
Jnstrumente nicht fehlen. Sehr dienlich ist hiezu
ein Positiv. Wollte man fragen, wozu sie ge-
rade singen lernen müssen? so wäre das ohnge-
fähr, als ob man fragte: warum denn ihr Herz
weich und mild werden soll? und warum man



lage entſchieden werden, die ſich in ihnen zeigt.
Aber Blumenzeichnung müſſen ſie alle lernen,
wie man ſchreiben lernt. Eine ſchöne Handſchrift
zu erlernen gehört zu den unerlaßlichen Forderun-
gen. Rechnen, mit der höchſten Fertigkeit, und
beſonders aus dem Kopfe, iſt eben ſo nothwendig.
Naturgeſchichte, Kräuterkunde, Erdbeſchreibung,
einige Kenntniß vom Baue des menſchlichen Kör-
pers, eine allgemeine Ueberſicht der Weltgeſchich-
te, eine verſtändige Anſicht des Weltgebäudes,
das ſind die Gegenſtände des Wiſſens, die ihnen
nicht fremd bleiben dürfen. Zur Küche und allen
Haushaltungsgeſchäften müſſen ſie gar früh mit
rechtem Ernſte angehalten werden, wovon Beſor-
gung der Wäſche und des Leinzeuges für ſie ein
weſentliches Stück ſeyn muß. Zum Geſange müſ-
ſen ſie alle angeleitet werden, und damit ihr Ohr
ſich recht zeitig bilde, ſo darf es an einem guten
Jnſtrumente nicht fehlen. Sehr dienlich iſt hiezu
ein Poſitiv. Wollte man fragen, wozu ſie ge-
rade ſingen lernen müſſen? ſo wäre das ohnge-
fähr, als ob man fragte: warum denn ihr Herz
weich und mild werden ſoll? und warum man

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[395/0403] lage entſchieden werden, die ſich in ihnen zeigt. Aber Blumenzeichnung müſſen ſie alle lernen, wie man ſchreiben lernt. Eine ſchöne Handſchrift zu erlernen gehört zu den unerlaßlichen Forderun- gen. Rechnen, mit der höchſten Fertigkeit, und beſonders aus dem Kopfe, iſt eben ſo nothwendig. Naturgeſchichte, Kräuterkunde, Erdbeſchreibung, einige Kenntniß vom Baue des menſchlichen Kör- pers, eine allgemeine Ueberſicht der Weltgeſchich- te, eine verſtändige Anſicht des Weltgebäudes, das ſind die Gegenſtände des Wiſſens, die ihnen nicht fremd bleiben dürfen. Zur Küche und allen Haushaltungsgeſchäften müſſen ſie gar früh mit rechtem Ernſte angehalten werden, wovon Beſor- gung der Wäſche und des Leinzeuges für ſie ein weſentliches Stück ſeyn muß. Zum Geſange müſ- ſen ſie alle angeleitet werden, und damit ihr Ohr ſich recht zeitig bilde, ſo darf es an einem guten Jnſtrumente nicht fehlen. Sehr dienlich iſt hiezu ein Poſitiv. Wollte man fragen, wozu ſie ge- rade ſingen lernen müſſen? ſo wäre das ohnge- fähr, als ob man fragte: warum denn ihr Herz weich und mild werden ſoll? und warum man

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/403>, abgerufen am 26.04.2024.