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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

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men, wenn eure unsichtbaren Reichthümer all den
herrlichen Schmuck aus der Mode bringen. --
Hier, liebe Jda, hast Du ein papiernes Ange-
binde, da Du es doch so gern mit Papier zu thun
hast. So sagend gab er mir einen Blick: o daß
ich ihn beschreiben könnte! -- Und was warf er
mir in den Schooß? Ein Papier, dessen Werth
hinreichend ist, zu einem Stiftungsfond zur Er-
ziehung sechs armer mutterloser Kinder. -- Sel-
ma, die von allem Zeuge war, und ihrer ge-
wohnten Art nach nichts sagte, und in sprachloser
Freude versunken war, stand jetzt auf, und reichte
meinem Vater die Hand. Sehr bewegt sagte er:
Jch weiß, daß ich hier in Jhrem Geiste und Jh-
rer werth gehandelt. Auch Jhnen darf ich ja kei-
nen andern Beweis meiner Ehrfurcht und Dank-
barkeit geben. Jetzt trat auch Betty herein an
Woldemar's Hand. Sie überreichte mir eine
Verzichtakte auf ihren Antheil an dem mütter-
lichen Vermögen, um sie Dir, meine holde Clare,
zu senden. Und so ist es auch recht, und muß ja
so seyn, da Dein Bruno alles verloren, und Betty
und Woldemar viel mehr als genug haben. -- Zu



men, wenn eure unſichtbaren Reichthümer all den
herrlichen Schmuck aus der Mode bringen. —
Hier, liebe Jda, haſt Du ein papiernes Ange-
binde, da Du es doch ſo gern mit Papier zu thun
haſt. So ſagend gab er mir einen Blick: o daß
ich ihn beſchreiben könnte! — Und was warf er
mir in den Schooß? Ein Papier, deſſen Werth
hinreichend iſt, zu einem Stiftungsfond zur Er-
ziehung ſechs armer mutterloſer Kinder. — Sel-
ma, die von allem Zeuge war, und ihrer ge-
wohnten Art nach nichts ſagte, und in ſprachloſer
Freude verſunken war, ſtand jetzt auf, und reichte
meinem Vater die Hand. Sehr bewegt ſagte er:
Jch weiß, daß ich hier in Jhrem Geiſte und Jh-
rer werth gehandelt. Auch Jhnen darf ich ja kei-
nen andern Beweis meiner Ehrfurcht und Dank-
barkeit geben. Jetzt trat auch Betty herein an
Woldemar’s Hand. Sie überreichte mir eine
Verzichtakte auf ihren Antheil an dem mütter-
lichen Vermögen, um ſie Dir, meine holde Clare,
zu ſenden. Und ſo iſt es auch recht, und muß ja
ſo ſeyn, da Dein Bruno alles verloren, und Betty
und Woldemar viel mehr als genug haben. — Zu

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[388/0396] men, wenn eure unſichtbaren Reichthümer all den herrlichen Schmuck aus der Mode bringen. — Hier, liebe Jda, haſt Du ein papiernes Ange- binde, da Du es doch ſo gern mit Papier zu thun haſt. So ſagend gab er mir einen Blick: o daß ich ihn beſchreiben könnte! — Und was warf er mir in den Schooß? Ein Papier, deſſen Werth hinreichend iſt, zu einem Stiftungsfond zur Er- ziehung ſechs armer mutterloſer Kinder. — Sel- ma, die von allem Zeuge war, und ihrer ge- wohnten Art nach nichts ſagte, und in ſprachloſer Freude verſunken war, ſtand jetzt auf, und reichte meinem Vater die Hand. Sehr bewegt ſagte er: Jch weiß, daß ich hier in Jhrem Geiſte und Jh- rer werth gehandelt. Auch Jhnen darf ich ja kei- nen andern Beweis meiner Ehrfurcht und Dank- barkeit geben. Jetzt trat auch Betty herein an Woldemar’s Hand. Sie überreichte mir eine Verzichtakte auf ihren Antheil an dem mütter- lichen Vermögen, um ſie Dir, meine holde Clare, zu ſenden. Und ſo iſt es auch recht, und muß ja ſo ſeyn, da Dein Bruno alles verloren, und Betty und Woldemar viel mehr als genug haben. — Zu

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/396>, abgerufen am 22.11.2024.