Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.gewöhnen halfen. Jch meyne, nicht durch den Abscheu an der Sache, denn das wär' eine ge- fährliche Kur; die wird leicht zum Abscheue gegen die Person. Seraphine liebt jetzt schon das kleine sonderbare Jm großen Zimmer habe ich beiden Kindern wie- (46)
gewöhnen halfen. Jch meyne, nicht durch den Abſcheu an der Sache, denn das wär’ eine ge- fährliche Kur; die wird leicht zum Abſcheue gegen die Perſon. Seraphine liebt jetzt ſchon das kleine ſonderbare Jm großen Zimmer habe ich beiden Kindern wie- (46)
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gewöhnen halfen. Jch meyne, nicht durch den
Abſcheu an der Sache, denn das wär’ eine ge-
fährliche Kur; die wird leicht zum Abſcheue gegen
die Perſon.
Seraphine liebt jetzt ſchon das kleine ſonderbare
Perſönchen leidenſchaftlich, obwohl Milly ſich aus
Seraphinen nicht gar viel macht. Ein Kind, wie
Sraphine, thut aus Liebe und um der Liebe wil-
len alles. Wie aber Milly’s eiſerner Sinn ge-
beugt werden ſoll? das iſt eine andere Aufgabe;
denn noch hat ſie gar kein Bedürfniß geliebt zu
werden.
Jm großen Zimmer habe ich beiden Kindern wie-
der ein Plätzchen eingehegt, welches ſie mit ihren
Spielſachen bekramen dürfen. Da halt ich ſtrenge
Polizey, daß keines das andere beeinträchtige.
Milly iſt bis zur Pedanterey ordentlich und rein-
lich von ihrer Tante gewöhnt, und Seraphine
darf ihr nichts von ihren Sachen anrühren. Wenn
ich ſelbſt einmal nicht bei ihrem Spiele präſidiren
kann, ſo treton Mathilde und Hertha wechſels-
(46)
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Zitationshilfe: | Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/369>, abgerufen am 24.07.2024. |