Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.Fünf und achtzigster Brief. Ein kleines Waislein ist für Seraphine zur be- Für Seraphine ist es ungemein wohlthätig, Fünf und achtzigſter Brief. Ein kleines Waislein iſt für Seraphine zur be- Für Seraphine iſt es ungemein wohlthätig, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0368" n="360"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head><hi rendition="#g">Fünf und achtzigſter Brief</hi>.</head><lb/> <p>Ein kleines Waislein iſt für Seraphine zur be-<lb/> ſtändigen Gefährtin gefunden, und bereits aufge-<lb/> nommen worden. Es heißt Milly (Emilie), und<lb/> iſt drei Jahre älter als Seraphine. Milly iſt von<lb/> engliſchen Eltern hier geboren. Die Mutter ſtarb<lb/> bei der Geburt. Der Vater folgte ihr bald. Milly<lb/> ward zu einer Amme auf’s Land gethan, wo eine<lb/> Schweſter des Vaters die Aufſicht behielt. Die<lb/> Tante hat ſich kürzlich verheirathet, und mir die<lb/> Sorge für die Kleine förmlich übertragen.</p><lb/> <p>Für Seraphine iſt es ungemein wohlthätig,<lb/> daß ſie eine Geſpielin erhalten. Und für mich<lb/> und uns alle dazu. Milly hat aber ein gewalti-<lb/> ges Trotzköpfchen, und nie hatte ich es zu thun mit<lb/> einem ſo ganz unkindlichen Starrſinne. <hi rendition="#g">Jch will</hi><lb/> und <hi rendition="#g">ich will nicht,</hi> ſind ihre gewöhnlichſten<lb/> Redeformen. Dieſer ſtarre eiſerne Sinn wird<lb/> mir Seraphine ſanft machen helfen, und zwar<lb/> auf eine andere Weiſe, als die trunkenen Heloten<lb/> die freien ſpartaniſchen Knaben zur Nüchternheit<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [360/0368]
Fünf und achtzigſter Brief.
Ein kleines Waislein iſt für Seraphine zur be-
ſtändigen Gefährtin gefunden, und bereits aufge-
nommen worden. Es heißt Milly (Emilie), und
iſt drei Jahre älter als Seraphine. Milly iſt von
engliſchen Eltern hier geboren. Die Mutter ſtarb
bei der Geburt. Der Vater folgte ihr bald. Milly
ward zu einer Amme auf’s Land gethan, wo eine
Schweſter des Vaters die Aufſicht behielt. Die
Tante hat ſich kürzlich verheirathet, und mir die
Sorge für die Kleine förmlich übertragen.
Für Seraphine iſt es ungemein wohlthätig,
daß ſie eine Geſpielin erhalten. Und für mich
und uns alle dazu. Milly hat aber ein gewalti-
ges Trotzköpfchen, und nie hatte ich es zu thun mit
einem ſo ganz unkindlichen Starrſinne. Jch will
und ich will nicht, ſind ihre gewöhnlichſten
Redeformen. Dieſer ſtarre eiſerne Sinn wird
mir Seraphine ſanft machen helfen, und zwar
auf eine andere Weiſe, als die trunkenen Heloten
die freien ſpartaniſchen Knaben zur Nüchternheit
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Zitationshilfe: | Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/368>, abgerufen am 24.07.2024. |