Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

Bild:
<< vorherige Seite



muß auch billig dieser Ehrenposten ganz verweigert
werden. Reizender noch liebenswürdiger kann kein
17jähriges Mädchen erscheinen, als wenn es in
Ermangelung der Mutter seinen jüngeren Geschwi-
stern mit weiser verständiger Liebe vorstehet. O
Du solltest Jda, Clare und Mathilde nur sehen,
wenn sie sich mit Seraphine beschäftigen! Aber die
Zeit wird ja kommen, wo Du der Freude an Dei-
ner Jda in reichem Maße genießen wirst. Lebe
wohl, Emma!



Sechs und siebenzigster Brief.

Woldemar und Platov sind da. Das Wieder-
sehen unter den Geschwistern zeigte mir beider Ge-
müther in der reinsten Anmuth. Woldemar schien
betroffen über die Schönheit seiner Schwester, die
sich während seiner Abwesenheit unglaublich schnell
und reich entfaltet. Er suchte das ganze Wunder
in ihr, und merkte nicht, wie auch sein Sinn
dafür sich in dieser Zeit geschärft und erhöhet. Jda



muß auch billig dieſer Ehrenpoſten ganz verweigert
werden. Reizender noch liebenswürdiger kann kein
17jähriges Mädchen erſcheinen, als wenn es in
Ermangelung der Mutter ſeinen jüngeren Geſchwi-
ſtern mit weiſer verſtändiger Liebe vorſtehet. O
Du ſollteſt Jda, Clare und Mathilde nur ſehen,
wenn ſie ſich mit Seraphine beſchäftigen! Aber die
Zeit wird ja kommen, wo Du der Freude an Dei-
ner Jda in reichem Maße genießen wirſt. Lebe
wohl, Emma!



Sechs und ſiebenzigſter Brief.

Woldemar und Platov ſind da. Das Wieder-
ſehen unter den Geſchwiſtern zeigte mir beider Ge-
müther in der reinſten Anmuth. Woldemar ſchien
betroffen über die Schönheit ſeiner Schweſter, die
ſich während ſeiner Abweſenheit unglaublich ſchnell
und reich entfaltet. Er ſuchte das ganze Wunder
in ihr, und merkte nicht, wie auch ſein Sinn
dafür ſich in dieſer Zeit geſchärft und erhöhet. Jda

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0292" n="284"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
muß auch billig die&#x017F;er Ehrenpo&#x017F;ten ganz verweigert<lb/>
werden. Reizender noch liebenswürdiger kann kein<lb/>
17jähriges Mädchen er&#x017F;cheinen, als wenn es in<lb/>
Ermangelung der Mutter &#x017F;einen jüngeren Ge&#x017F;chwi-<lb/>
&#x017F;tern mit wei&#x017F;er ver&#x017F;tändiger Liebe vor&#x017F;tehet. O<lb/>
Du &#x017F;ollte&#x017F;t Jda, Clare und Mathilde nur &#x017F;ehen,<lb/>
wenn &#x017F;ie &#x017F;ich mit Seraphine be&#x017F;chäftigen! Aber die<lb/>
Zeit wird ja kommen, wo Du der Freude an Dei-<lb/>
ner Jda in reichem Maße genießen wir&#x017F;t. Lebe<lb/>
wohl, Emma!</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Sechs und &#x017F;iebenzig&#x017F;ter Brief</hi>.</head><lb/>
          <p>Woldemar und Platov &#x017F;ind da. Das Wieder-<lb/>
&#x017F;ehen unter den Ge&#x017F;chwi&#x017F;tern zeigte mir beider Ge-<lb/>
müther in der rein&#x017F;ten Anmuth. Woldemar &#x017F;chien<lb/>
betroffen über die Schönheit &#x017F;einer Schwe&#x017F;ter, die<lb/>
&#x017F;ich während &#x017F;einer Abwe&#x017F;enheit unglaublich &#x017F;chnell<lb/>
und reich entfaltet. Er &#x017F;uchte das ganze Wunder<lb/>
in <hi rendition="#g">ihr,</hi> und merkte nicht, wie auch &#x017F;ein Sinn<lb/>
dafür &#x017F;ich in die&#x017F;er Zeit ge&#x017F;chärft und erhöhet. Jda<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[284/0292] muß auch billig dieſer Ehrenpoſten ganz verweigert werden. Reizender noch liebenswürdiger kann kein 17jähriges Mädchen erſcheinen, als wenn es in Ermangelung der Mutter ſeinen jüngeren Geſchwi- ſtern mit weiſer verſtändiger Liebe vorſtehet. O Du ſollteſt Jda, Clare und Mathilde nur ſehen, wenn ſie ſich mit Seraphine beſchäftigen! Aber die Zeit wird ja kommen, wo Du der Freude an Dei- ner Jda in reichem Maße genießen wirſt. Lebe wohl, Emma! Sechs und ſiebenzigſter Brief. Woldemar und Platov ſind da. Das Wieder- ſehen unter den Geſchwiſtern zeigte mir beider Ge- müther in der reinſten Anmuth. Woldemar ſchien betroffen über die Schönheit ſeiner Schweſter, die ſich während ſeiner Abweſenheit unglaublich ſchnell und reich entfaltet. Er ſuchte das ganze Wunder in ihr, und merkte nicht, wie auch ſein Sinn dafür ſich in dieſer Zeit geſchärft und erhöhet. Jda

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/292
Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/292>, abgerufen am 03.05.2024.