Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

antworten, was ich kann. Theile mir immer
alle Regungen deines Herzens mit.

Jda. Jch werde dich noch sehr vieles fragen
müssen. Je öfter du mit mir sprichst, je mehr Fra-
gen habe ich, je mehr wünsche ich zu wissen, und
doch verstehe ich dich fast immer, wenn auch nicht
im ersten Augenblick. Oft wenn ich ganz allein
im Garten bin, verstehe ich auf einmal alles,
was du mir zuvor gesagt, wenn ich dann wieder
nachdenke, was ich Anfangs nicht begriff.

Jch. Komm du zu mir, so oft du mich allein
siehst, auch wann ich schreibe oder lese, ich will
jedesmal abbrechen, wenn ich kann, und kann
ich das nicht, dann spart mein gutes Kind die
Frage auf. Auch würdest du wohl thun, deine
Fragen bisweilen aufzuschreiben, besonders wenn
sie Dinge betreffen, die mehr den Verstand an-
gehen.

Jda. O Tante, ich möchte so gern recht viel
wissen, und recht klug seyn, dann, däucht mir,
müßte ich auch recht gut werden: ist es nicht so,
Tante? Muß man nicht immer besser werden,
so wie man verständiger wird?

antworten, was ich kann. Theile mir immer
alle Regungen deines Herzens mit.

Jda. Jch werde dich noch ſehr vieles fragen
müſſen. Je öfter du mit mir ſprichſt, je mehr Fra-
gen habe ich, je mehr wünſche ich zu wiſſen, und
doch verſtehe ich dich faſt immer, wenn auch nicht
im erſten Augenblick. Oft wenn ich ganz allein
im Garten bin, verſtehe ich auf einmal alles,
was du mir zuvor geſagt, wenn ich dann wieder
nachdenke, was ich Anfangs nicht begriff.

Jch. Komm du zu mir, ſo oft du mich allein
ſiehſt, auch wann ich ſchreibe oder leſe, ich will
jedesmal abbrechen, wenn ich kann, und kann
ich das nicht, dann ſpart mein gutes Kind die
Frage auf. Auch würdeſt du wohl thun, deine
Fragen bisweilen aufzuſchreiben, beſonders wenn
ſie Dinge betreffen, die mehr den Verſtand an-
gehen.

Jda. O Tante, ich möchte ſo gern recht viel
wiſſen, und recht klug ſeyn, dann, däucht mir,
müßte ich auch recht gut werden: iſt es nicht ſo,
Tante? Muß man nicht immer beſſer werden,
ſo wie man verſtändiger wird?

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0028" n="20"/>
antworten, was ich kann. Theile mir immer<lb/>
alle Regungen deines Herzens mit.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Jda</hi>. Jch werde dich noch &#x017F;ehr vieles fragen<lb/>&#x017F;&#x017F;en. Je öfter du mit mir &#x017F;prich&#x017F;t, je mehr Fra-<lb/>
gen habe ich, je mehr wün&#x017F;che ich zu wi&#x017F;&#x017F;en, und<lb/>
doch ver&#x017F;tehe ich dich fa&#x017F;t immer, wenn auch nicht<lb/>
im er&#x017F;ten Augenblick. Oft wenn ich ganz allein<lb/>
im Garten bin, ver&#x017F;tehe ich auf einmal alles,<lb/>
was du mir zuvor ge&#x017F;agt, wenn ich dann wieder<lb/>
nachdenke, was ich Anfangs nicht begriff.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Jch</hi>. Komm du zu mir, &#x017F;o oft du mich allein<lb/>
&#x017F;ieh&#x017F;t, auch wann ich &#x017F;chreibe oder le&#x017F;e, ich will<lb/>
jedesmal abbrechen, wenn ich kann, und kann<lb/>
ich das nicht, dann &#x017F;part mein gutes Kind die<lb/>
Frage auf. Auch würde&#x017F;t du wohl thun, deine<lb/>
Fragen bisweilen aufzu&#x017F;chreiben, be&#x017F;onders wenn<lb/>
&#x017F;ie Dinge betreffen, die mehr den Ver&#x017F;tand an-<lb/>
gehen.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Jda</hi>. O Tante, ich möchte &#x017F;o gern recht viel<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en, und recht klug &#x017F;eyn, dann, däucht mir,<lb/>
müßte ich auch recht gut werden: i&#x017F;t es nicht &#x017F;o,<lb/>
Tante? Muß man nicht immer be&#x017F;&#x017F;er werden,<lb/>
&#x017F;o wie man ver&#x017F;tändiger wird?</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[20/0028] antworten, was ich kann. Theile mir immer alle Regungen deines Herzens mit. Jda. Jch werde dich noch ſehr vieles fragen müſſen. Je öfter du mit mir ſprichſt, je mehr Fra- gen habe ich, je mehr wünſche ich zu wiſſen, und doch verſtehe ich dich faſt immer, wenn auch nicht im erſten Augenblick. Oft wenn ich ganz allein im Garten bin, verſtehe ich auf einmal alles, was du mir zuvor geſagt, wenn ich dann wieder nachdenke, was ich Anfangs nicht begriff. Jch. Komm du zu mir, ſo oft du mich allein ſiehſt, auch wann ich ſchreibe oder leſe, ich will jedesmal abbrechen, wenn ich kann, und kann ich das nicht, dann ſpart mein gutes Kind die Frage auf. Auch würdeſt du wohl thun, deine Fragen bisweilen aufzuſchreiben, beſonders wenn ſie Dinge betreffen, die mehr den Verſtand an- gehen. Jda. O Tante, ich möchte ſo gern recht viel wiſſen, und recht klug ſeyn, dann, däucht mir, müßte ich auch recht gut werden: iſt es nicht ſo, Tante? Muß man nicht immer beſſer werden, ſo wie man verſtändiger wird?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/28
Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/28>, abgerufen am 28.03.2024.