Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

Bild:
<< vorherige Seite



tigen mit den Gegenständen, die ihr Freude ma-
chen; mit keinem einzigen aber zu lange, d. h. bis
zum Ueberdruß. Zum Vorspielen auf dem Kla-
vier wollt' ich jetzt noch nicht gern rathen. Jch
weiß wohl, daß Kinder gern hinhorchen; aber sie
horchen nach allem, was klingt, und nach einer
Schelle fast eben so gern, als nach dem schönsten
Klavierspiel, welches sie gewöhnlich dadurch un-
terbrechen, daß sie selbst mit Händen und Füßen
drauf schlagen wollen. -- Nur Kinder von selte-
nem musikalischen Talente zeigen früh einen em-
pfänglichen Sinn für Harmonie. Bemerkst Du,
daß Jda lange still und fröhlich horcht, wenn sie
zufällig Dich oder sonst jemand spielen hört, und
ernstlich darnach hinverlangt: dann ist das Zeichen
von der Natur gegeben, dann beschäftige sie gern
auch damit, daß Du ihr vorspielst.

Gib auch fleißig Acht, ob ihre Füßchen bei
dem frühen und vielen Laufen gerade bleiben?
und wenn sich eins ein wenig einwärts biegen
wollte, so laß sie ja nicht lange stehen, auch nicht
zu lange hintereinander laufen, sondern sie lieben



tigen mit den Gegenſtänden, die ihr Freude ma-
chen; mit keinem einzigen aber zu lange, d. h. bis
zum Ueberdruß. Zum Vorſpielen auf dem Kla-
vier wollt’ ich jetzt noch nicht gern rathen. Jch
weiß wohl, daß Kinder gern hinhorchen; aber ſie
horchen nach allem, was klingt, und nach einer
Schelle faſt eben ſo gern, als nach dem ſchönſten
Klavierſpiel, welches ſie gewöhnlich dadurch un-
terbrechen, daß ſie ſelbſt mit Händen und Füßen
drauf ſchlagen wollen. — Nur Kinder von ſelte-
nem muſikaliſchen Talente zeigen früh einen em-
pfänglichen Sinn für Harmonie. Bemerkſt Du,
daß Jda lange ſtill und fröhlich horcht, wenn ſie
zufällig Dich oder ſonſt jemand ſpielen hört, und
ernſtlich darnach hinverlangt: dann iſt das Zeichen
von der Natur gegeben, dann beſchäftige ſie gern
auch damit, daß Du ihr vorſpielſt.

Gib auch fleißig Acht, ob ihre Füßchen bei
dem frühen und vielen Laufen gerade bleiben?
und wenn ſich eins ein wenig einwärts biegen
wollte, ſo laß ſie ja nicht lange ſtehen, auch nicht
zu lange hintereinander laufen, ſondern ſie lieben

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0052" n="38"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
tigen mit den Gegen&#x017F;tänden, die ihr Freude ma-<lb/>
chen; mit keinem einzigen aber zu lange, d. h. bis<lb/>
zum Ueberdruß. Zum Vor&#x017F;pielen auf dem Kla-<lb/>
vier wollt&#x2019; ich jetzt noch nicht gern rathen. Jch<lb/>
weiß wohl, daß Kinder gern hinhorchen; aber &#x017F;ie<lb/>
horchen nach allem, was klingt, und nach einer<lb/>
Schelle fa&#x017F;t eben &#x017F;o gern, als nach dem &#x017F;chön&#x017F;ten<lb/>
Klavier&#x017F;piel, welches &#x017F;ie gewöhnlich dadurch un-<lb/>
terbrechen, daß &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t mit Händen und Füßen<lb/>
drauf &#x017F;chlagen wollen. &#x2014; Nur Kinder von &#x017F;elte-<lb/>
nem mu&#x017F;ikali&#x017F;chen Talente zeigen früh einen em-<lb/>
pfänglichen Sinn für Harmonie. Bemerk&#x017F;t Du,<lb/>
daß Jda lange &#x017F;till und fröhlich horcht, wenn &#x017F;ie<lb/>
zufällig Dich oder &#x017F;on&#x017F;t jemand &#x017F;pielen hört, und<lb/>
ern&#x017F;tlich darnach hinverlangt: dann i&#x017F;t das Zeichen<lb/>
von der Natur gegeben, dann be&#x017F;chäftige &#x017F;ie gern<lb/>
auch damit, daß Du ihr vor&#x017F;piel&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Gib auch fleißig Acht, ob ihre Füßchen bei<lb/>
dem frühen und vielen Laufen gerade bleiben?<lb/>
und wenn &#x017F;ich eins ein wenig einwärts biegen<lb/>
wollte, &#x017F;o laß &#x017F;ie ja nicht lange &#x017F;tehen, auch nicht<lb/>
zu lange hintereinander laufen, &#x017F;ondern &#x017F;ie lieben<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0052] tigen mit den Gegenſtänden, die ihr Freude ma- chen; mit keinem einzigen aber zu lange, d. h. bis zum Ueberdruß. Zum Vorſpielen auf dem Kla- vier wollt’ ich jetzt noch nicht gern rathen. Jch weiß wohl, daß Kinder gern hinhorchen; aber ſie horchen nach allem, was klingt, und nach einer Schelle faſt eben ſo gern, als nach dem ſchönſten Klavierſpiel, welches ſie gewöhnlich dadurch un- terbrechen, daß ſie ſelbſt mit Händen und Füßen drauf ſchlagen wollen. — Nur Kinder von ſelte- nem muſikaliſchen Talente zeigen früh einen em- pfänglichen Sinn für Harmonie. Bemerkſt Du, daß Jda lange ſtill und fröhlich horcht, wenn ſie zufällig Dich oder ſonſt jemand ſpielen hört, und ernſtlich darnach hinverlangt: dann iſt das Zeichen von der Natur gegeben, dann beſchäftige ſie gern auch damit, daß Du ihr vorſpielſt. Gib auch fleißig Acht, ob ihre Füßchen bei dem frühen und vielen Laufen gerade bleiben? und wenn ſich eins ein wenig einwärts biegen wollte, ſo laß ſie ja nicht lange ſtehen, auch nicht zu lange hintereinander laufen, ſondern ſie lieben

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/52
Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/52>, abgerufen am 03.10.2024.