schönes, schönes Kind! hört' ich ziemlich laut um uns flüstern. Jndem trat unsere liebe R. herzu, die Dich und Deine Erziehungsmethode durch ei- nen Händedruck einst in Schutz nahm. Jch bat sie leise, sich neben uns zu setzen, so daß wir bei- de die drei Kinder in der Mitte hatten. Clär- chen neben mir, dann Mathilde, und dann Jda neben Frau von R. Sie ließ sich mit dem Kin- de ins Gespräch ein. Jda war über meine Er- wartung zutraulich gegen sie. Aber die Frau hat auch eine holde Freundlichkeit, und wie bald ha- ben Kinder das inne, zu wem sie ein Herz fassen dürfen! Sie fragte Jda mit Theilnahme nach un- serer gewohnten Lebensweise, und das Kind mal- te sie ihr mit so lieblichen Farben vor, daß ich selbst mit höchstem Jnteresse horchen mußte, denn so hatte ich das Kind sein Jnnerstes noch zu kei- nem Dritten aussprechen hören. Die Damen, dicht hinter und vor uns, eben, die vorhin mit den Kindern gesprochen, und so wenig aus den beiden andern herausgebracht, wurden aufmerk- sam. Jda bemerkte niemand, als die Dame, die mit ihr sprach: Mit großem Feuer rühmte
ſchönes, ſchönes Kind! hört’ ich ziemlich laut um uns flüſtern. Jndem trat unſere liebe R. herzu, die Dich und Deine Erziehungsmethode durch ei- nen Händedruck einſt in Schutz nahm. Jch bat ſie leiſe, ſich neben uns zu ſetzen, ſo daß wir bei- de die drei Kinder in der Mitte hatten. Clär- chen neben mir, dann Mathilde, und dann Jda neben Frau von R. Sie ließ ſich mit dem Kin- de ins Geſpräch ein. Jda war über meine Er- wartung zutraulich gegen ſie. Aber die Frau hat auch eine holde Freundlichkeit, und wie bald ha- ben Kinder das inne, zu wem ſie ein Herz faſſen dürfen! Sie fragte Jda mit Theilnahme nach un- ſerer gewohnten Lebensweiſe, und das Kind mal- te ſie ihr mit ſo lieblichen Farben vor, daß ich ſelbſt mit höchſtem Jntereſſe horchen mußte, denn ſo hatte ich das Kind ſein Jnnerſtes noch zu kei- nem Dritten ausſprechen hören. Die Damen, dicht hinter und vor uns, eben, die vorhin mit den Kindern geſprochen, und ſo wenig aus den beiden andern herausgebracht, wurden aufmerk- ſam. Jda bemerkte niemand, als die Dame, die mit ihr ſprach: Mit großem Feuer rühmte
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ſchönes, ſchönes Kind! hört’ ich ziemlich laut um
uns flüſtern. Jndem trat unſere liebe R. herzu,
die Dich und Deine Erziehungsmethode durch ei-
nen Händedruck einſt in Schutz nahm. Jch bat
ſie leiſe, ſich neben uns zu ſetzen, ſo daß wir bei-
de die drei Kinder in der Mitte hatten. Clär-
chen neben mir, dann Mathilde, und dann Jda
neben Frau von R. Sie ließ ſich mit dem Kin-
de ins Geſpräch ein. Jda war über meine Er-
wartung zutraulich gegen ſie. Aber die Frau hat
auch eine holde Freundlichkeit, und wie bald ha-
ben Kinder das inne, zu wem ſie ein Herz faſſen
dürfen! Sie fragte Jda mit Theilnahme nach un-
ſerer gewohnten Lebensweiſe, und das Kind mal-
te ſie ihr mit ſo lieblichen Farben vor, daß ich
ſelbſt mit höchſtem Jntereſſe horchen mußte, denn
ſo hatte ich das Kind ſein Jnnerſtes noch zu kei-
nem Dritten ausſprechen hören. Die Damen,
dicht hinter und vor uns, eben, die vorhin mit
den Kindern geſprochen, und ſo wenig aus den
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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/292>, abgerufen am 22.11.2024.
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