Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

schönes, schönes Kind! hört' ich ziemlich laut um
uns flüstern. Jndem trat unsere liebe R. herzu,
die Dich und Deine Erziehungsmethode durch ei-
nen Händedruck einst in Schutz nahm. Jch bat
sie leise, sich neben uns zu setzen, so daß wir bei-
de die drei Kinder in der Mitte hatten. Clär-
chen neben mir, dann Mathilde, und dann Jda
neben Frau von R. Sie ließ sich mit dem Kin-
de ins Gespräch ein. Jda war über meine Er-
wartung zutraulich gegen sie. Aber die Frau hat
auch eine holde Freundlichkeit, und wie bald ha-
ben Kinder das inne, zu wem sie ein Herz fassen
dürfen! Sie fragte Jda mit Theilnahme nach un-
serer gewohnten Lebensweise, und das Kind mal-
te sie ihr mit so lieblichen Farben vor, daß ich
selbst mit höchstem Jnteresse horchen mußte, denn
so hatte ich das Kind sein Jnnerstes noch zu kei-
nem Dritten aussprechen hören. Die Damen,
dicht hinter und vor uns, eben, die vorhin mit
den Kindern gesprochen, und so wenig aus den
beiden andern herausgebracht, wurden aufmerk-
sam. Jda bemerkte niemand, als die Dame,
die mit ihr sprach: Mit großem Feuer rühmte

ſchönes, ſchönes Kind! hört’ ich ziemlich laut um
uns flüſtern. Jndem trat unſere liebe R. herzu,
die Dich und Deine Erziehungsmethode durch ei-
nen Händedruck einſt in Schutz nahm. Jch bat
ſie leiſe, ſich neben uns zu ſetzen, ſo daß wir bei-
de die drei Kinder in der Mitte hatten. Clär-
chen neben mir, dann Mathilde, und dann Jda
neben Frau von R. Sie ließ ſich mit dem Kin-
de ins Geſpräch ein. Jda war über meine Er-
wartung zutraulich gegen ſie. Aber die Frau hat
auch eine holde Freundlichkeit, und wie bald ha-
ben Kinder das inne, zu wem ſie ein Herz faſſen
dürfen! Sie fragte Jda mit Theilnahme nach un-
ſerer gewohnten Lebensweiſe, und das Kind mal-
te ſie ihr mit ſo lieblichen Farben vor, daß ich
ſelbſt mit höchſtem Jntereſſe horchen mußte, denn
ſo hatte ich das Kind ſein Jnnerſtes noch zu kei-
nem Dritten ausſprechen hören. Die Damen,
dicht hinter und vor uns, eben, die vorhin mit
den Kindern geſprochen, und ſo wenig aus den
beiden andern herausgebracht, wurden aufmerk-
ſam. Jda bemerkte niemand, als die Dame,
die mit ihr ſprach: Mit großem Feuer rühmte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0292" n="278"/>
&#x017F;chönes, &#x017F;chönes Kind! hört&#x2019; ich ziemlich laut um<lb/>
uns flü&#x017F;tern. Jndem trat un&#x017F;ere liebe R. herzu,<lb/>
die Dich und Deine Erziehungsmethode durch ei-<lb/>
nen Händedruck ein&#x017F;t in Schutz nahm. Jch bat<lb/>
&#x017F;ie lei&#x017F;e, &#x017F;ich neben uns zu &#x017F;etzen, &#x017F;o daß wir bei-<lb/>
de die drei Kinder in der Mitte hatten. Clär-<lb/>
chen neben mir, dann Mathilde, und dann Jda<lb/>
neben Frau von R. Sie ließ &#x017F;ich mit dem Kin-<lb/>
de ins Ge&#x017F;präch ein. Jda war über meine Er-<lb/>
wartung zutraulich gegen &#x017F;ie. Aber die Frau hat<lb/>
auch eine holde Freundlichkeit, und wie bald ha-<lb/>
ben Kinder das inne, zu wem &#x017F;ie ein Herz fa&#x017F;&#x017F;en<lb/>
dürfen! Sie fragte Jda mit Theilnahme nach un-<lb/>
&#x017F;erer gewohnten Lebenswei&#x017F;e, und das Kind mal-<lb/>
te &#x017F;ie ihr mit &#x017F;o lieblichen Farben vor, daß ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t mit höch&#x017F;tem Jntere&#x017F;&#x017F;e horchen mußte, denn<lb/>
&#x017F;o hatte ich das Kind &#x017F;ein Jnner&#x017F;tes noch zu kei-<lb/>
nem Dritten aus&#x017F;prechen hören. Die Damen,<lb/>
dicht hinter und vor uns, eben, die vorhin mit<lb/>
den Kindern ge&#x017F;prochen, und &#x017F;o wenig aus den<lb/>
beiden andern herausgebracht, wurden aufmerk-<lb/>
&#x017F;am. Jda bemerkte niemand, als die Dame,<lb/>
die mit ihr &#x017F;prach: Mit großem Feuer rühmte<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[278/0292] ſchönes, ſchönes Kind! hört’ ich ziemlich laut um uns flüſtern. Jndem trat unſere liebe R. herzu, die Dich und Deine Erziehungsmethode durch ei- nen Händedruck einſt in Schutz nahm. Jch bat ſie leiſe, ſich neben uns zu ſetzen, ſo daß wir bei- de die drei Kinder in der Mitte hatten. Clär- chen neben mir, dann Mathilde, und dann Jda neben Frau von R. Sie ließ ſich mit dem Kin- de ins Geſpräch ein. Jda war über meine Er- wartung zutraulich gegen ſie. Aber die Frau hat auch eine holde Freundlichkeit, und wie bald ha- ben Kinder das inne, zu wem ſie ein Herz faſſen dürfen! Sie fragte Jda mit Theilnahme nach un- ſerer gewohnten Lebensweiſe, und das Kind mal- te ſie ihr mit ſo lieblichen Farben vor, daß ich ſelbſt mit höchſtem Jntereſſe horchen mußte, denn ſo hatte ich das Kind ſein Jnnerſtes noch zu kei- nem Dritten ausſprechen hören. Die Damen, dicht hinter und vor uns, eben, die vorhin mit den Kindern geſprochen, und ſo wenig aus den beiden andern herausgebracht, wurden aufmerk- ſam. Jda bemerkte niemand, als die Dame, die mit ihr ſprach: Mit großem Feuer rühmte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/292
Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/292>, abgerufen am 22.11.2024.