Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

waren die Kinder nicht so vergnügt wie gewöhn-
lich: zwischen Jda und Mathilde erschien zum er-
stenmale ein zu greller Kontrast; Platov war nicht
bei Tische und ich fühlte mich nicht gestimmt,
mit den Kindern über die Sache zu reden. Als
es 4 schlug und Bretton kam, war Jda ver-
schwunden. Nun müssen sie immer Anfangs
in die Reihe treten, um das Kompliment zu ma-
chen. Jda fehlte. "Ou| est donc Mlle.
Ida? est-elle malade?"
fragte Bret-
ton
. "Non, Monsieur, elle se por-
te bien; elle va dabord paroeitre
.
"
Jch ging hinaus, sie zu suchen, und suchte lange,
Sie hatte sich oben hinter ihr Bett versteckt, wo
ich sie endlich fand. -- Jch war sehr ernst. --
Was ist das, Jda? fragte ich kalt. O liebe Tan-
te, ich mag nicht mehr Tanzen lernen, nun ich
die Hunde tanzen gesehen.

Jch. Das sah wohl freilich garstig aus, aber
der Mensch sieht schön aus, wenn er
tanzt
. Liebe Tante, Mathilde sah heut nicht
schön aus, wie sie den Hunden nachtanzte: ich

waren die Kinder nicht ſo vergnügt wie gewöhn-
lich: zwiſchen Jda und Mathilde erſchien zum er-
ſtenmale ein zu greller Kontraſt; Platov war nicht
bei Tiſche und ich fühlte mich nicht geſtimmt,
mit den Kindern über die Sache zu reden. Als
es 4 ſchlug und Bretton kam, war Jda ver-
ſchwunden. Nun müſſen ſie immer Anfangs
in die Reihe treten, um das Kompliment zu ma-
chen. Jda fehlte. „Ou| est donc Mlle.
Ida? est-elle malade?‟
fragte Bret-
ton
. „Non, Monsieur, elle se por-
te bien; elle va dabord paroître
.

Jch ging hinaus, ſie zu ſuchen, und ſuchte lange,
Sie hatte ſich oben hinter ihr Bett verſteckt, wo
ich ſie endlich fand. — Jch war ſehr ernſt. —
Was iſt das, Jda? fragte ich kalt. O liebe Tan-
te, ich mag nicht mehr Tanzen lernen, nun ich
die Hunde tanzen geſehen.

Jch. Das ſah wohl freilich garſtig aus, aber
der Menſch ſieht ſchön aus, wenn er
tanzt
. Liebe Tante, Mathilde ſah heut nicht
ſchön aus, wie ſie den Hunden nachtanzte: ich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0274" n="260"/>
waren die Kinder nicht &#x017F;o vergnügt wie gewöhn-<lb/>
lich: zwi&#x017F;chen Jda und Mathilde er&#x017F;chien zum er-<lb/>
&#x017F;tenmale ein zu greller Kontra&#x017F;t; Platov war nicht<lb/>
bei Ti&#x017F;che und ich fühlte mich nicht ge&#x017F;timmt,<lb/>
mit den Kindern über die Sache zu reden. Als<lb/>
es 4 &#x017F;chlug und <hi rendition="#g">Bretton</hi> kam, war Jda ver-<lb/>
&#x017F;chwunden. Nun mü&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie immer Anfangs<lb/>
in die Reihe treten, um das Kompliment zu ma-<lb/>
chen. Jda fehlte. &#x201E;<hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Ou| est donc Mlle.<lb/>
Ida? est-elle malade?&#x201F;</hi></hi></hi> fragte <hi rendition="#g">Bret-<lb/>
ton</hi>. &#x201E;<hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Non, Monsieur, elle se por-<lb/>
te bien; elle va dabord paroître</hi></hi>.</hi>&#x201F;<lb/>
Jch ging hinaus, &#x017F;ie zu &#x017F;uchen, und &#x017F;uchte lange,<lb/>
Sie hatte &#x017F;ich oben hinter ihr Bett ver&#x017F;teckt, wo<lb/>
ich &#x017F;ie endlich fand. &#x2014; Jch war &#x017F;ehr ern&#x017F;t. &#x2014;<lb/>
Was i&#x017F;t das, Jda? fragte ich kalt. O liebe Tan-<lb/>
te, ich mag nicht mehr Tanzen lernen, nun ich<lb/>
die Hunde tanzen ge&#x017F;ehen.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Jch</hi>. Das &#x017F;ah wohl freilich gar&#x017F;tig aus, aber<lb/>
der <hi rendition="#g">Men&#x017F;ch &#x017F;ieht &#x017F;chön aus, wenn er<lb/>
tanzt</hi>. Liebe Tante, Mathilde &#x017F;ah heut nicht<lb/>
&#x017F;chön aus, wie &#x017F;ie den Hunden nachtanzte: ich<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[260/0274] waren die Kinder nicht ſo vergnügt wie gewöhn- lich: zwiſchen Jda und Mathilde erſchien zum er- ſtenmale ein zu greller Kontraſt; Platov war nicht bei Tiſche und ich fühlte mich nicht geſtimmt, mit den Kindern über die Sache zu reden. Als es 4 ſchlug und Bretton kam, war Jda ver- ſchwunden. Nun müſſen ſie immer Anfangs in die Reihe treten, um das Kompliment zu ma- chen. Jda fehlte. „Ou| est donc Mlle. Ida? est-elle malade?‟ fragte Bret- ton. „Non, Monsieur, elle se por- te bien; elle va dabord paroître.‟ Jch ging hinaus, ſie zu ſuchen, und ſuchte lange, Sie hatte ſich oben hinter ihr Bett verſteckt, wo ich ſie endlich fand. — Jch war ſehr ernſt. — Was iſt das, Jda? fragte ich kalt. O liebe Tan- te, ich mag nicht mehr Tanzen lernen, nun ich die Hunde tanzen geſehen. Jch. Das ſah wohl freilich garſtig aus, aber der Menſch ſieht ſchön aus, wenn er tanzt. Liebe Tante, Mathilde ſah heut nicht ſchön aus, wie ſie den Hunden nachtanzte: ich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/274
Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/274>, abgerufen am 10.06.2024.