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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

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Mit wahrer Jnnigkeit schloßen die Kinder sich
an einander. -- O möchte Mathilde recht durch
und durch erweicht seyn! -- Oft entscheidet so ein
kleiner Vorfall viel. Wenn sie sich nur so ganz
natürlich herbeiführen ließen, als ob sie durchaus
absichtlos wären, so könnte man die böse Falte
des Argwohns und der Eifersucht in einem jungen
Gemüthe noch wohl ausglätten. Doch das kann
nicht veranstaltet werden, ohne Absicht zu ver-
rathen. Und wird ein mißtrauisches Herz die
gewahr, so thut es verkehrte Wirkung. Seyd
ihr, die ihr mit Kindern lebt, wirklich gerecht
unpartheyisch, liebt ihr ohne Prädilekzion jedes
mit schöner Mutterliebe, so muß sich das durchs
tägliche Leben den Kindern von selbst offenbaren,
und die Liebe muß endlich den Argwohn besiegen.
Hieran glaube und halte ich fest, wie lange es
auch noch dauern möge, bis Mathilde mein Herz
verstehen lernt.

Mathildens eigener Charakter spricht sich in
allem ihren Thun aus. Jda liebt nur sanfte mil-
de Farbe. Mathilden ist keine Farbe zu grell.

Mit wahrer Jnnigkeit ſchloßen die Kinder ſich
an einander. — O möchte Mathilde recht durch
und durch erweicht ſeyn! — Oft entſcheidet ſo ein
kleiner Vorfall viel. Wenn ſie ſich nur ſo ganz
natürlich herbeiführen ließen, als ob ſie durchaus
abſichtlos wären, ſo könnte man die böſe Falte
des Argwohns und der Eiferſucht in einem jungen
Gemüthe noch wohl ausglätten. Doch das kann
nicht veranſtaltet werden, ohne Abſicht zu ver-
rathen. Und wird ein mißtrauiſches Herz die
gewahr, ſo thut es verkehrte Wirkung. Seyd
ihr, die ihr mit Kindern lebt, wirklich gerecht
unpartheyiſch, liebt ihr ohne Prädilekzion jedes
mit ſchöner Mutterliebe, ſo muß ſich das durchs
tägliche Leben den Kindern von ſelbſt offenbaren,
und die Liebe muß endlich den Argwohn beſiegen.
Hieran glaube und halte ich feſt, wie lange es
auch noch dauern möge, bis Mathilde mein Herz
verſtehen lernt.

Mathildens eigener Charakter ſpricht ſich in
allem ihren Thun aus. Jda liebt nur ſanfte mil-
de Farbe. Mathilden iſt keine Farbe zu grell.

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[165/0179] Mit wahrer Jnnigkeit ſchloßen die Kinder ſich an einander. — O möchte Mathilde recht durch und durch erweicht ſeyn! — Oft entſcheidet ſo ein kleiner Vorfall viel. Wenn ſie ſich nur ſo ganz natürlich herbeiführen ließen, als ob ſie durchaus abſichtlos wären, ſo könnte man die böſe Falte des Argwohns und der Eiferſucht in einem jungen Gemüthe noch wohl ausglätten. Doch das kann nicht veranſtaltet werden, ohne Abſicht zu ver- rathen. Und wird ein mißtrauiſches Herz die gewahr, ſo thut es verkehrte Wirkung. Seyd ihr, die ihr mit Kindern lebt, wirklich gerecht unpartheyiſch, liebt ihr ohne Prädilekzion jedes mit ſchöner Mutterliebe, ſo muß ſich das durchs tägliche Leben den Kindern von ſelbſt offenbaren, und die Liebe muß endlich den Argwohn beſiegen. Hieran glaube und halte ich feſt, wie lange es auch noch dauern möge, bis Mathilde mein Herz verſtehen lernt. Mathildens eigener Charakter ſpricht ſich in allem ihren Thun aus. Jda liebt nur ſanfte mil- de Farbe. Mathilden iſt keine Farbe zu grell.

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/179>, abgerufen am 06.10.2024.