Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

Bild:
<< vorherige Seite



kann die Freude in diesem fast thierischen Charak-
ter so widerlich seyn! Jch fürchte, Jda gibt künf-
tig keinem Arbeiter, der sie darum anspricht, ei-
nen Groschen zum Trinken, nun sie es weiß,
daß diese Art Lustigkeit vom Trinken herkommt;
denn, das war ja das einzige, was sich ihr über
die Sache sagen ließ.

Auch Woldemar merkte auf, als ich mit Jda
sprach, sann ein Weilchen nach und wandte sich
dann zu Platov mit der Frage: ob ein Trunkener,
der doch nun nicht wüßte was er thäte, gestraft
werden dürfe, wenn er Unglück anrichte? Pla-
tov gab ihm die Frage zurück, und sagte: wenn
ein Kind von 5 -- 6 Jahren, das man im Zim-
mer ohne Aufsicht gelassen, ein brennend Licht zu
nahe an einen Vorhang oder sonst an etwas leicht
Feuer fangendes brächte und das Haus anzündete:
ob dieses Kind, wenn es gerettet wäre, noch eine
besondere Strafe verdiene? Woldemar sagte: nein.
Pl. Und warum nicht, Lieber? -- Wold. Das
Kind wußte ja nicht, was es that. -- Pl. Wenn
aber einer von jenen trunkenen Bauern mit seiner



kann die Freude in dieſem faſt thieriſchen Charak-
ter ſo widerlich ſeyn! Jch fürchte, Jda gibt künf-
tig keinem Arbeiter, der ſie darum anſpricht, ei-
nen Groſchen zum Trinken, nun ſie es weiß,
daß dieſe Art Luſtigkeit vom Trinken herkommt;
denn, das war ja das einzige, was ſich ihr über
die Sache ſagen ließ.

Auch Woldemar merkte auf, als ich mit Jda
ſprach, ſann ein Weilchen nach und wandte ſich
dann zu Platov mit der Frage: ob ein Trunkener,
der doch nun nicht wüßte was er thäte, geſtraft
werden dürfe, wenn er Unglück anrichte? Pla-
tov gab ihm die Frage zurück, und ſagte: wenn
ein Kind von 5 — 6 Jahren, das man im Zim-
mer ohne Aufſicht gelaſſen, ein brennend Licht zu
nahe an einen Vorhang oder ſonſt an etwas leicht
Feuer fangendes brächte und das Haus anzündete:
ob dieſes Kind, wenn es gerettet wäre, noch eine
beſondere Strafe verdiene? Woldemar ſagte: nein.
Pl. Und warum nicht, Lieber? — Wold. Das
Kind wußte ja nicht, was es that. — Pl. Wenn
aber einer von jenen trunkenen Bauern mit ſeiner

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0149" n="135"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
kann die Freude in die&#x017F;em fa&#x017F;t thieri&#x017F;chen Charak-<lb/>
ter &#x017F;o widerlich &#x017F;eyn! Jch fürchte, Jda gibt künf-<lb/>
tig keinem Arbeiter, der &#x017F;ie darum an&#x017F;pricht, ei-<lb/>
nen Gro&#x017F;chen zum Trinken, nun &#x017F;ie es weiß,<lb/>
daß die&#x017F;e Art Lu&#x017F;tigkeit vom Trinken herkommt;<lb/>
denn, das war ja das einzige, was &#x017F;ich ihr über<lb/>
die Sache &#x017F;agen ließ.</p><lb/>
          <p>Auch Woldemar merkte auf, als ich mit Jda<lb/>
&#x017F;prach, &#x017F;ann ein Weilchen nach und wandte &#x017F;ich<lb/>
dann zu Platov mit der Frage: ob ein Trunkener,<lb/>
der doch nun nicht wüßte was er thäte, ge&#x017F;traft<lb/>
werden dürfe, wenn er Unglück anrichte? Pla-<lb/>
tov gab ihm die Frage zurück, und &#x017F;agte: wenn<lb/>
ein Kind von 5 &#x2014; 6 Jahren, das man im Zim-<lb/>
mer ohne Auf&#x017F;icht gela&#x017F;&#x017F;en, ein brennend Licht zu<lb/>
nahe an einen Vorhang oder &#x017F;on&#x017F;t an etwas leicht<lb/>
Feuer fangendes brächte und das Haus anzündete:<lb/>
ob die&#x017F;es Kind, wenn es gerettet wäre, noch eine<lb/>
be&#x017F;ondere Strafe verdiene? Woldemar &#x017F;agte: nein.<lb/>
Pl. Und warum nicht, Lieber? &#x2014; Wold. Das<lb/>
Kind wußte ja nicht, was es that. &#x2014; Pl. Wenn<lb/>
aber einer von jenen trunkenen Bauern mit &#x017F;einer<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[135/0149] kann die Freude in dieſem faſt thieriſchen Charak- ter ſo widerlich ſeyn! Jch fürchte, Jda gibt künf- tig keinem Arbeiter, der ſie darum anſpricht, ei- nen Groſchen zum Trinken, nun ſie es weiß, daß dieſe Art Luſtigkeit vom Trinken herkommt; denn, das war ja das einzige, was ſich ihr über die Sache ſagen ließ. Auch Woldemar merkte auf, als ich mit Jda ſprach, ſann ein Weilchen nach und wandte ſich dann zu Platov mit der Frage: ob ein Trunkener, der doch nun nicht wüßte was er thäte, geſtraft werden dürfe, wenn er Unglück anrichte? Pla- tov gab ihm die Frage zurück, und ſagte: wenn ein Kind von 5 — 6 Jahren, das man im Zim- mer ohne Aufſicht gelaſſen, ein brennend Licht zu nahe an einen Vorhang oder ſonſt an etwas leicht Feuer fangendes brächte und das Haus anzündete: ob dieſes Kind, wenn es gerettet wäre, noch eine beſondere Strafe verdiene? Woldemar ſagte: nein. Pl. Und warum nicht, Lieber? — Wold. Das Kind wußte ja nicht, was es that. — Pl. Wenn aber einer von jenen trunkenen Bauern mit ſeiner

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/149
Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/149>, abgerufen am 19.05.2024.