B. Erblichkeit der Wirkungen der functionellen Anpassung.
herausragenden Theilen einstellen. Was aber das Wichtigste ist, sie werden immer alle zugleich eintreten, und wenn das Thier trotzdem auf das Land gehen kann, so muss auch die Correction in den meisten zugleich eintreten können.
Was bedeutet aber eine derartige Correction in allen Organen des Körpers mit Ausnahme derer der Ernährung und Fort- pflanzung? Sie bedeutet das Vorhandensein höchst vollkommener functioneller Anpassungsmechanismen in fast allen Theilen des Körpers, welche im Stande sind, beim Uebergange des Orga- nismus in neue Verhältnisse direct die nöthigen zweckmässigen Aenderungen hervorzubringen. Sie sind ein nöthiges Erforder- niss, eine unerlässliche Vorbedingung der auch nur zeitweiligen Vertauschung des Wasserlebens mit dem Luftleben, und sie werden sich um so gebieterischer nöthig machen, je länger der Landaufenthalt dauert.
Wir kennen solche Selbstregulationsmechanismen von den höheren Thieren und schliessen daraus zurück, dass sie viel- leicht auch die niederen hier in Betracht kommenden besitzen. Wir kennen unsere Fähigkeit, ganz fremde Bewegungsweisen uns anzueignen und durch Uebung zur leicht ausführbaren ge- wohnten zu machen, alle die motorischen Centralorgane in Gehirn und Rückenmark entsprechend umzubilden. Wir wissen, dass die Knochen und Bänder mit der stärkeren Inanspruch- nahme ihrer Function stärker werden an den betreffenden Stellen. Von der möglichen Exactheit der Regulation der Blutvertheilung überzeugen wir uns täglich, wenn wir uns am Morgen vom Lager aufrichten, ohne, bei normalem Zustand des Körpers, auch nur einen Moment Blutarmuth des Gehirnes zu bemerken. Die Athmung regulirt sich bei pathologischen Störungen gleich- falls sehr erheblich von selber, und für den Proteus ist von Schreiber1) beobachtet worden, dass beim Leben in seichtem
1) Cit. nach: Darwin, Variiren der Thiere etc. II. p. 340.
B. Erblichkeit der Wirkungen der functionellen Anpassung.
herausragenden Theilen einstellen. Was aber das Wichtigste ist, sie werden immer alle zugleich eintreten, und wenn das Thier trotzdem auf das Land gehen kann, so muss auch die Correction in den meisten zugleich eintreten können.
Was bedeutet aber eine derartige Correction in allen Organen des Körpers mit Ausnahme derer der Ernährung und Fort- pflanzung? Sie bedeutet das Vorhandensein höchst vollkommener functioneller Anpassungsmechanismen in fast allen Theilen des Körpers, welche im Stande sind, beim Uebergange des Orga- nismus in neue Verhältnisse direct die nöthigen zweckmässigen Aenderungen hervorzubringen. Sie sind ein nöthiges Erforder- niss, eine unerlässliche Vorbedingung der auch nur zeitweiligen Vertauschung des Wasserlebens mit dem Luftleben, und sie werden sich um so gebieterischer nöthig machen, je länger der Landaufenthalt dauert.
Wir kennen solche Selbstregulationsmechanismen von den höheren Thieren und schliessen daraus zurück, dass sie viel- leicht auch die niederen hier in Betracht kommenden besitzen. Wir kennen unsere Fähigkeit, ganz fremde Bewegungsweisen uns anzueignen und durch Uebung zur leicht ausführbaren ge- wohnten zu machen, alle die motorischen Centralorgane in Gehirn und Rückenmark entsprechend umzubilden. Wir wissen, dass die Knochen und Bänder mit der stärkeren Inanspruch- nahme ihrer Function stärker werden an den betreffenden Stellen. Von der möglichen Exactheit der Regulation der Blutvertheilung überzeugen wir uns täglich, wenn wir uns am Morgen vom Lager aufrichten, ohne, bei normalem Zustand des Körpers, auch nur einen Moment Blutarmuth des Gehirnes zu bemerken. Die Athmung regulirt sich bei pathologischen Störungen gleich- falls sehr erheblich von selber, und für den Proteus ist von Schreiber1) beobachtet worden, dass beim Leben in seichtem
1) Cit. nach: Darwin, Variiren der Thiere etc. II. p. 340.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0057"n="43"/><fwplace="top"type="header">B. Erblichkeit der Wirkungen der functionellen Anpassung.</fw><lb/>
herausragenden Theilen einstellen. Was aber das Wichtigste<lb/>
ist, sie werden immer alle zugleich eintreten, und wenn das<lb/>
Thier trotzdem auf das Land gehen kann, so muss auch die<lb/>
Correction in den meisten zugleich eintreten können.</p><lb/><p>Was bedeutet aber eine derartige Correction in allen Organen<lb/>
des Körpers mit Ausnahme derer der Ernährung und Fort-<lb/>
pflanzung? Sie bedeutet das Vorhandensein höchst vollkommener<lb/>
functioneller Anpassungsmechanismen in fast allen Theilen des<lb/>
Körpers, welche im Stande sind, beim Uebergange des Orga-<lb/>
nismus in neue Verhältnisse direct die nöthigen zweckmässigen<lb/>
Aenderungen hervorzubringen. Sie sind ein nöthiges Erforder-<lb/>
niss, eine unerlässliche Vorbedingung der auch nur zeitweiligen<lb/>
Vertauschung des Wasserlebens mit dem Luftleben, und sie<lb/>
werden sich um so gebieterischer nöthig machen, je länger der<lb/>
Landaufenthalt dauert.</p><lb/><p>Wir kennen solche Selbstregulationsmechanismen von den<lb/>
höheren Thieren und schliessen daraus zurück, dass sie viel-<lb/>
leicht auch die niederen hier in Betracht kommenden besitzen.<lb/>
Wir kennen unsere Fähigkeit, ganz fremde Bewegungsweisen<lb/>
uns anzueignen und durch Uebung zur leicht ausführbaren ge-<lb/>
wohnten zu machen, alle die motorischen Centralorgane in<lb/>
Gehirn und Rückenmark entsprechend umzubilden. Wir wissen,<lb/>
dass die Knochen und Bänder mit der stärkeren Inanspruch-<lb/>
nahme ihrer Function stärker werden an den betreffenden Stellen.<lb/>
Von der möglichen Exactheit der Regulation der Blutvertheilung<lb/>
überzeugen wir uns täglich, wenn wir uns am Morgen vom<lb/>
Lager aufrichten, ohne, bei normalem Zustand des Körpers,<lb/>
auch nur einen Moment Blutarmuth des Gehirnes zu bemerken.<lb/>
Die Athmung regulirt sich bei pathologischen Störungen gleich-<lb/>
falls sehr erheblich von selber, und für den Proteus ist von<lb/><hirendition="#g">Schreiber</hi><noteplace="foot"n="1)">Cit. nach: Darwin, Variiren der Thiere etc. II. p. 340.</note> beobachtet worden, dass beim Leben in seichtem<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[43/0057]
B. Erblichkeit der Wirkungen der functionellen Anpassung.
herausragenden Theilen einstellen. Was aber das Wichtigste
ist, sie werden immer alle zugleich eintreten, und wenn das
Thier trotzdem auf das Land gehen kann, so muss auch die
Correction in den meisten zugleich eintreten können.
Was bedeutet aber eine derartige Correction in allen Organen
des Körpers mit Ausnahme derer der Ernährung und Fort-
pflanzung? Sie bedeutet das Vorhandensein höchst vollkommener
functioneller Anpassungsmechanismen in fast allen Theilen des
Körpers, welche im Stande sind, beim Uebergange des Orga-
nismus in neue Verhältnisse direct die nöthigen zweckmässigen
Aenderungen hervorzubringen. Sie sind ein nöthiges Erforder-
niss, eine unerlässliche Vorbedingung der auch nur zeitweiligen
Vertauschung des Wasserlebens mit dem Luftleben, und sie
werden sich um so gebieterischer nöthig machen, je länger der
Landaufenthalt dauert.
Wir kennen solche Selbstregulationsmechanismen von den
höheren Thieren und schliessen daraus zurück, dass sie viel-
leicht auch die niederen hier in Betracht kommenden besitzen.
Wir kennen unsere Fähigkeit, ganz fremde Bewegungsweisen
uns anzueignen und durch Uebung zur leicht ausführbaren ge-
wohnten zu machen, alle die motorischen Centralorgane in
Gehirn und Rückenmark entsprechend umzubilden. Wir wissen,
dass die Knochen und Bänder mit der stärkeren Inanspruch-
nahme ihrer Function stärker werden an den betreffenden Stellen.
Von der möglichen Exactheit der Regulation der Blutvertheilung
überzeugen wir uns täglich, wenn wir uns am Morgen vom
Lager aufrichten, ohne, bei normalem Zustand des Körpers,
auch nur einen Moment Blutarmuth des Gehirnes zu bemerken.
Die Athmung regulirt sich bei pathologischen Störungen gleich-
falls sehr erheblich von selber, und für den Proteus ist von
Schreiber 1) beobachtet worden, dass beim Leben in seichtem
1) Cit. nach: Darwin, Variiren der Thiere etc. II. p. 340.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roux_kampf_1881/57>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.