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Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881.

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V. Ueber das Wesen des Organischen.
des Organischen, obgleich sie keinen Unterschied von den an-
organischen Processen einschliesst.

Wir werden zu untersuchen haben, durch welche Eigen-
schaft die Dauerfähigkeit bei beiden garantirt wird.

Die organischen Processe sind chemische Processe. Das
ist nichts Charakteristisches. Aber als solche sind sie mit Stoff-
und Kraftwechsel, mit Verbrauch verbunden, und laufen bald
ab, wenn nicht noch Bedingungen für die Dauer erfüllt sind.

Die anorganischen Processe mit Stoff- und Kraftwechsel
dauern blos, weil und so lange die äusseren, sie fort und fort
erzeugenden Bedingungen fortdauern; sobald sie nicht mehr
von den äusseren Bedingungen erzeugt werden, geht auch der
Process zu Ende. So läuft die Verwitterung fort, so lange die
Atmosphärilien: Luft, Kohlensäure, Wasser die Gesteine be-
rühren, und mit dem Aufhören dieses Zusammenkommens hört
auch der Process auf, und wenn sie wieder zusammenkommen,
beginnt der Process sofort wieder, weil er blos durch diese
äusseren Momente bedingt ist. Der Process ist hier gar nichts
für sich, sondern blos die Folge dieses Zusammenwirkens. Er
wird daher gewöhnlich auch gar nicht für sich betrachtet, und
es wird schon Ungeübten schwer fallen, solchen Process,
welcher in einer Schicht an der Oberfläche der Gesteine ab-
läuft, wirklich mit organischen Processen, welche in discreten
Wesen sich vollziehen, in der Vorstellung vergleichbar neben
einander hinzustellen.

Anders ist der organische Process: Seine Bedingungen sind
nicht blos äussere, im Gegentheil, er ist etwas für sich und
nicht blos von den äusseren Bedingungen abhängig. Wenn wir
die äusseren Vorbedingungen der Organismen, z. B. die Nah-
rungsmittel der Pflanzen und Sonnenlicht vereinen, oder wenn
wir dasselbe mit den Nahrungsmitteln der Thiere thun, es ent-
stehen keine organischen Processe daraus. Nur wenn diese

V. Ueber das Wesen des Organischen.
des Organischen, obgleich sie keinen Unterschied von den an-
organischen Processen einschliesst.

Wir werden zu untersuchen haben, durch welche Eigen-
schaft die Dauerfähigkeit bei beiden garantirt wird.

Die organischen Processe sind chemische Processe. Das
ist nichts Charakteristisches. Aber als solche sind sie mit Stoff-
und Kraftwechsel, mit Verbrauch verbunden, und laufen bald
ab, wenn nicht noch Bedingungen für die Dauer erfüllt sind.

Die anorganischen Processe mit Stoff- und Kraftwechsel
dauern blos, weil und so lange die äusseren, sie fort und fort
erzeugenden Bedingungen fortdauern; sobald sie nicht mehr
von den äusseren Bedingungen erzeugt werden, geht auch der
Process zu Ende. So läuft die Verwitterung fort, so lange die
Atmosphärilien: Luft, Kohlensäure, Wasser die Gesteine be-
rühren, und mit dem Aufhören dieses Zusammenkommens hört
auch der Process auf, und wenn sie wieder zusammenkommen,
beginnt der Process sofort wieder, weil er blos durch diese
äusseren Momente bedingt ist. Der Process ist hier gar nichts
für sich, sondern blos die Folge dieses Zusammenwirkens. Er
wird daher gewöhnlich auch gar nicht für sich betrachtet, und
es wird schon Ungeübten schwer fallen, solchen Process,
welcher in einer Schicht an der Oberfläche der Gesteine ab-
läuft, wirklich mit organischen Processen, welche in discreten
Wesen sich vollziehen, in der Vorstellung vergleichbar neben
einander hinzustellen.

Anders ist der organische Process: Seine Bedingungen sind
nicht blos äussere, im Gegentheil, er ist etwas für sich und
nicht blos von den äusseren Bedingungen abhängig. Wenn wir
die äusseren Vorbedingungen der Organismen, z. B. die Nah-
rungsmittel der Pflanzen und Sonnenlicht vereinen, oder wenn
wir dasselbe mit den Nahrungsmitteln der Thiere thun, es ent-
stehen keine organischen Processe daraus. Nur wenn diese

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[215/0229] V. Ueber das Wesen des Organischen. des Organischen, obgleich sie keinen Unterschied von den an- organischen Processen einschliesst. Wir werden zu untersuchen haben, durch welche Eigen- schaft die Dauerfähigkeit bei beiden garantirt wird. Die organischen Processe sind chemische Processe. Das ist nichts Charakteristisches. Aber als solche sind sie mit Stoff- und Kraftwechsel, mit Verbrauch verbunden, und laufen bald ab, wenn nicht noch Bedingungen für die Dauer erfüllt sind. Die anorganischen Processe mit Stoff- und Kraftwechsel dauern blos, weil und so lange die äusseren, sie fort und fort erzeugenden Bedingungen fortdauern; sobald sie nicht mehr von den äusseren Bedingungen erzeugt werden, geht auch der Process zu Ende. So läuft die Verwitterung fort, so lange die Atmosphärilien: Luft, Kohlensäure, Wasser die Gesteine be- rühren, und mit dem Aufhören dieses Zusammenkommens hört auch der Process auf, und wenn sie wieder zusammenkommen, beginnt der Process sofort wieder, weil er blos durch diese äusseren Momente bedingt ist. Der Process ist hier gar nichts für sich, sondern blos die Folge dieses Zusammenwirkens. Er wird daher gewöhnlich auch gar nicht für sich betrachtet, und es wird schon Ungeübten schwer fallen, solchen Process, welcher in einer Schicht an der Oberfläche der Gesteine ab- läuft, wirklich mit organischen Processen, welche in discreten Wesen sich vollziehen, in der Vorstellung vergleichbar neben einander hinzustellen. Anders ist der organische Process: Seine Bedingungen sind nicht blos äussere, im Gegentheil, er ist etwas für sich und nicht blos von den äusseren Bedingungen abhängig. Wenn wir die äusseren Vorbedingungen der Organismen, z. B. die Nah- rungsmittel der Pflanzen und Sonnenlicht vereinen, oder wenn wir dasselbe mit den Nahrungsmitteln der Thiere thun, es ent- stehen keine organischen Processe daraus. Nur wenn diese

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Zitationshilfe: Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roux_kampf_1881/229>, abgerufen am 28.04.2024.