Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881.IV. Differenzirende u. gestaltende Wirkungen der function. Reize. Ausbildung der Theile hervorgerufen worden, und wir hattenim II. Kapitel Veranlassung zu der Annahme erhalten, dass auch zur gegenwärtigen formalen Ausbildung im embryonalen und postembryonalen Leben der functionelle Reiz für viele Theile, besonders für die Stützorgane unentbehrlich ist. Aber daraus erhalten wir keinen Anhaltepunkt zur Beurtheilung darüber, ob bei der gegenwärtigen embryonalen Entwickelung die embryonale Selbständigkeit der Theile von selber aufhört, weil durch Vererbung die Phylogenese in der Ontogenese von selber sich wiederholt, oder ob die selbständige Erhaltungs- fähigkeit der Theile auch im Embryo erst durch die Einwir- kung der functionellen Reize, also unter Züchtung von Reiz- substanzen stattfindet. Sei das eine oder das andere richtig, so ist es verständ- Ebenso ist es verständlich, dass Drüsentheile, welche nie Durch die Reizeinwirkung werden wir also abhängig von 12*
IV. Differenzirende u. gestaltende Wirkungen der function. Reize. Ausbildung der Theile hervorgerufen worden, und wir hattenim II. Kapitel Veranlassung zu der Annahme erhalten, dass auch zur gegenwärtigen formalen Ausbildung im embryonalen und postembryonalen Leben der functionelle Reiz für viele Theile, besonders für die Stützorgane unentbehrlich ist. Aber daraus erhalten wir keinen Anhaltepunkt zur Beurtheilung darüber, ob bei der gegenwärtigen embryonalen Entwickelung die embryonale Selbständigkeit der Theile von selber aufhört, weil durch Vererbung die Phylogenese in der Ontogenese von selber sich wiederholt, oder ob die selbständige Erhaltungs- fähigkeit der Theile auch im Embryo erst durch die Einwir- kung der functionellen Reize, also unter Züchtung von Reiz- substanzen stattfindet. Sei das eine oder das andere richtig, so ist es verständ- Ebenso ist es verständlich, dass Drüsentheile, welche nie Durch die Reizeinwirkung werden wir also abhängig von 12*
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IV. Differenzirende u. gestaltende Wirkungen der function. Reize.
Ausbildung der Theile hervorgerufen worden, und wir hatten
im II. Kapitel Veranlassung zu der Annahme erhalten, dass
auch zur gegenwärtigen formalen Ausbildung im embryonalen
und postembryonalen Leben der functionelle Reiz für viele
Theile, besonders für die Stützorgane unentbehrlich ist. Aber
daraus erhalten wir keinen Anhaltepunkt zur Beurtheilung
darüber, ob bei der gegenwärtigen embryonalen Entwickelung
die embryonale Selbständigkeit der Theile von selber aufhört,
weil durch Vererbung die Phylogenese in der Ontogenese von
selber sich wiederholt, oder ob die selbständige Erhaltungs-
fähigkeit der Theile auch im Embryo erst durch die Einwir-
kung der functionellen Reize, also unter Züchtung von Reiz-
substanzen stattfindet.
Sei das eine oder das andere richtig, so ist es verständ-
lich, dass pathologische, also neue Knochenbildungen, Exostosen
etc., mögen sie schon im Embryo sich ausbilden, oder erst
später aus Resten embryonaler Substanz sich entwickeln, selbst-
erhaltungsfähig sind, da sie keine Wiederholung phylogene-
tischer Aequivalente darstellen und selber nicht unter Reizein-
wirkung kommen. So können Exostosen lebenslang an einem
Knochen unverändert sitzen, welcher selber bei Inactivität der
beträchtlichsten Atrophie unterliegen würde.
Ebenso ist es verständlich, dass Drüsentheile, welche nie
stark activ waren, welche vielleicht blos abgeschnürte Deck-
epithelien sind, wie der Hirnanhang, die Zirbeldrüse und die
Schilddrüse, auch nach Aufhebung ihrer Function, also ohne
dass sie noch wie sonst von dem Oberflächenreiz getroffen wer-
den, dauernd leben bleiben, während andere, thätige Drüsen
nach vollkommener Reizentziehung schon in wenig Wochen
gänzlich atrophiren.
Durch die Reizeinwirkung werden wir also abhängig von
derselben, wie die Pflanzen abhängig vom Lichte sind und ohne
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