Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Roxolana,
er in Betrachtung zog, daß, daferne sie dahin ge-
langte, die erste Gräfin von England zu seyn, alle
seine Verdrüßlichkeiten, Sorgfalt und Freygebig-
keit vergeblich seyn würde; immassen ihr Humeur
so hochmüthig, als der Sultanin ihrer war, deren
Nahmen sie führete; so fasste er den Schluß, sie an
einem Abend, wenn sie aus der Comoedie gien-
ge, aufzufangen, und aufs Land zu entführen, sei-
nes Gefallens allda mit ihr zu verfahren.

Wann er aber erwoge, daß er besser thun wür-
de, noch eine Weile fußfällig vor ihr zu seufftzen,
und ihre Härtigkeit vielmehr mit Thränen zu erwei-
chen, als sie mit einer so unanständigen Action
zu erbittern, ließ er sich alle Gedancken vergehen,
sein Vorhaben auszuführen, und erneuerte die vo-
rigen Visiten und Complimenten. Es ver-
giengen wiederum acht Monathe aufs neue, weh-
render welcher Zeit der Graf nicht die geringste Ge-
fälligkeit in Roxolanens Gemüth verspühren
konnte; Wiewohl sie sich überaus lustig bezeigte,
wie denn nichts angenehmer, als ihre Conversa-
tion
seyn kunnte; Daferne sich aber der Graf et-
wa einiger massen familiair machen wollte, be-
richtete sie ihm: Sie würde ihn Zeit ihres Lebens
nicht wieder sehen, gestalt sie den Schluß gefasset,
sich iederzeit innerhalb denen Gräntzen der Klugheit
und Tugend zu halten, wie sie anhero gethan, er
wollte sich denn, sie zu heyrathen, entschliessen. End-

lich

Roxolana,
er in Betrachtung zog, daß, daferne ſie dahin ge-
langte, die erſte Graͤfin von England zu ſeyn, alle
ſeine Verdruͤßlichkeiten, Sorgfalt und Freygebig-
keit vergeblich ſeyn wuͤrde; immaſſen ihr Humeur
ſo hochmuͤthig, als der Sultanin ihrer war, deren
Nahmen ſie fuͤhrete; ſo faſſte er den Schluß, ſie an
einem Abend, wenn ſie aus der Comœdie gien-
ge, aufzufangen, und aufs Land zu entfuͤhren, ſei-
nes Gefallens allda mit ihr zu verfahren.

Wann er aber erwoge, daß er beſſer thun wuͤr-
de, noch eine Weile fußfaͤllig vor ihr zu ſeufftzen,
und ihre Haͤrtigkeit vielmehr mit Thraͤnen zu erwei-
chen, als ſie mit einer ſo unanſtaͤndigen Action
zu erbittern, ließ er ſich alle Gedancken vergehen,
ſein Vorhaben auszufuͤhren, und erneuerte die vo-
rigen Viſiten und Complimenten. Es ver-
giengen wiederum acht Monathe aufs neue, weh-
render welcher Zeit der Graf nicht die geringſte Ge-
faͤlligkeit in Roxolanens Gemuͤth verſpuͤhren
konnte; Wiewohl ſie ſich uͤberaus luſtig bezeigte,
wie denn nichts angenehmer, als ihre Converſa-
tion
ſeyn kunnte; Daferne ſich aber der Graf et-
wa einiger maſſen familiair machen wollte, be-
richtete ſie ihm: Sie wuͤrde ihn Zeit ihres Lebens
nicht wieder ſehen, geſtalt ſie den Schluß gefaſſet,
ſich iederzeit innerhalb denen Graͤntzen der Klugheit
und Tugend zu halten, wie ſie anhero gethan, er
wollte ſich denn, ſie zu heyrathen, entſchlieſſen. End-

lich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0098" n="78"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Roxolana,</hi></hi></fw><lb/>
er in Betrachtung zog, daß, daferne &#x017F;ie dahin ge-<lb/>
langte, die er&#x017F;te Gra&#x0364;fin von England zu &#x017F;eyn, alle<lb/>
&#x017F;eine Verdru&#x0364;ßlichkeiten, Sorgfalt und Freygebig-<lb/>
keit vergeblich &#x017F;eyn wu&#x0364;rde; imma&#x017F;&#x017F;en ihr <hi rendition="#aq">Humeur</hi><lb/>
&#x017F;o hochmu&#x0364;thig, als der <hi rendition="#aq">Sultanin</hi> ihrer war, deren<lb/>
Nahmen &#x017F;ie fu&#x0364;hrete; &#x017F;o fa&#x017F;&#x017F;te er den Schluß, &#x017F;ie an<lb/>
einem Abend, wenn &#x017F;ie aus der <hi rendition="#aq">Com&#x0153;die</hi> gien-<lb/>
ge, aufzufangen, und aufs Land zu entfu&#x0364;hren, &#x017F;ei-<lb/>
nes Gefallens allda mit ihr zu verfahren.</p><lb/>
          <p>Wann er aber erwoge, daß er be&#x017F;&#x017F;er thun wu&#x0364;r-<lb/>
de, noch eine Weile fußfa&#x0364;llig vor ihr zu &#x017F;eufftzen,<lb/>
und ihre Ha&#x0364;rtigkeit vielmehr mit Thra&#x0364;nen zu erwei-<lb/>
chen, als &#x017F;ie mit einer &#x017F;o unan&#x017F;ta&#x0364;ndigen <hi rendition="#aq">Action</hi><lb/>
zu erbittern, ließ er &#x017F;ich alle Gedancken vergehen,<lb/>
&#x017F;ein Vorhaben auszufu&#x0364;hren, und erneuerte die vo-<lb/>
rigen <hi rendition="#aq">Vi&#x017F;it</hi>en und <hi rendition="#aq">Compliment</hi>en. Es ver-<lb/>
giengen wiederum acht Monathe aufs neue, weh-<lb/>
render welcher Zeit der Graf nicht die gering&#x017F;te Ge-<lb/>
fa&#x0364;lligkeit in <hi rendition="#aq">Roxolanens</hi> Gemu&#x0364;th ver&#x017F;pu&#x0364;hren<lb/>
konnte; Wiewohl &#x017F;ie &#x017F;ich u&#x0364;beraus lu&#x017F;tig bezeigte,<lb/>
wie denn nichts angenehmer, als ihre <hi rendition="#aq">Conver&#x017F;a-<lb/>
tion</hi> &#x017F;eyn kunnte; Daferne &#x017F;ich aber der Graf et-<lb/>
wa einiger ma&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">familiair</hi> machen wollte, be-<lb/>
richtete &#x017F;ie ihm: Sie wu&#x0364;rde ihn Zeit ihres Lebens<lb/>
nicht wieder &#x017F;ehen, ge&#x017F;talt &#x017F;ie den Schluß gefa&#x017F;&#x017F;et,<lb/>
&#x017F;ich iederzeit innerhalb denen Gra&#x0364;ntzen der Klugheit<lb/>
und Tugend zu halten, wie &#x017F;ie anhero gethan, er<lb/>
wollte &#x017F;ich denn, &#x017F;ie zu heyrathen, ent&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en. End-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lich</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[78/0098] Roxolana, er in Betrachtung zog, daß, daferne ſie dahin ge- langte, die erſte Graͤfin von England zu ſeyn, alle ſeine Verdruͤßlichkeiten, Sorgfalt und Freygebig- keit vergeblich ſeyn wuͤrde; immaſſen ihr Humeur ſo hochmuͤthig, als der Sultanin ihrer war, deren Nahmen ſie fuͤhrete; ſo faſſte er den Schluß, ſie an einem Abend, wenn ſie aus der Comœdie gien- ge, aufzufangen, und aufs Land zu entfuͤhren, ſei- nes Gefallens allda mit ihr zu verfahren. Wann er aber erwoge, daß er beſſer thun wuͤr- de, noch eine Weile fußfaͤllig vor ihr zu ſeufftzen, und ihre Haͤrtigkeit vielmehr mit Thraͤnen zu erwei- chen, als ſie mit einer ſo unanſtaͤndigen Action zu erbittern, ließ er ſich alle Gedancken vergehen, ſein Vorhaben auszufuͤhren, und erneuerte die vo- rigen Viſiten und Complimenten. Es ver- giengen wiederum acht Monathe aufs neue, weh- render welcher Zeit der Graf nicht die geringſte Ge- faͤlligkeit in Roxolanens Gemuͤth verſpuͤhren konnte; Wiewohl ſie ſich uͤberaus luſtig bezeigte, wie denn nichts angenehmer, als ihre Converſa- tion ſeyn kunnte; Daferne ſich aber der Graf et- wa einiger maſſen familiair machen wollte, be- richtete ſie ihm: Sie wuͤrde ihn Zeit ihres Lebens nicht wieder ſehen, geſtalt ſie den Schluß gefaſſet, ſich iederzeit innerhalb denen Graͤntzen der Klugheit und Tugend zu halten, wie ſie anhero gethan, er wollte ſich denn, ſie zu heyrathen, entſchlieſſen. End- lich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/98
Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/98>, abgerufen am 22.11.2024.