Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Hertzog von York,
Sie waffnete ihre Augen mit einem gelindern Feuer,
ihre Stirne klärte sich plötzlich aus, das Antlitz wur-
de heiter und liebreich, und ein anlockendes Lächeln
zertriebe die finstern Nebel ihrer zürnenden Augen-
braunen; Sie legte die Waffen in ihrer Hand bey-
seite, und bediente sich an deren Statt der Strah-
len ihrer Augen, welche dem Robert, gleich so vie-
len Stileten, in die Seele fuhren: Denn er lag da,
und zitterte, dasjenige zu sehen, vor dessen Anblick ei-
nes andern erfreute Brust wie Wachs zerschmel-
tzen sollen. Sie satzte das Wachs-Licht nieder,
entblössete sich gleich einem nackigten Venus-Bil-
de, hub die Kleider auf, legte sich neben ihm nieder,
und schmiegte sich mit folgenden Worten an ihn
an: Also will ich euch eure Furcht be-
nehmen! Also will ich eure Liebe
char-
mi
ren! Jch habe Donner und Blitz hin-
weg geleget, und halte mich nicht länger
für eure gnädige Frau, sondern für eure
Liebhaberin, und eine, die solche Glückse-
ligkeit mitzutheilen und anzunehmen be-
gehret, dergleichen hohe Printzen nicht
ausschlagen würden.
Der arme Robert
wollte auf der andern Seite zum Bette hinaus
springen; Allein, sie umschlosse ihn mit ihren Ar-
men, die heiß genug waren, den kältesten Schnee
einer unempfindlichen Keuschheit zu zerschmeltzen;
Was? sagte sie, fliehet ihr mich? Bin ich

denn

Der Hertzog von York,
Sie waffnete ihre Augen mit einem gelindern Feuer,
ihre Stirne klaͤrte ſich ploͤtzlich aus, das Antlitz wur-
de heiter und liebreich, und ein anlockendes Laͤcheln
zertriebe die finſtern Nebel ihrer zuͤrnenden Augen-
braunen; Sie legte die Waffen in ihrer Hand bey-
ſeite, und bediente ſich an deren Statt der Strah-
len ihrer Augen, welche dem Robert, gleich ſo vie-
len Stileten, in die Seele fuhren: Denn er lag da,
und zitterte, dasjenige zu ſehen, vor deſſen Anblick ei-
nes andern erfreute Bruſt wie Wachs zerſchmel-
tzen ſollen. Sie ſatzte das Wachs-Licht nieder,
entbloͤſſete ſich gleich einem nackigten Venus-Bil-
de, hub die Kleider auf, legte ſich neben ihm nieder,
und ſchmiegte ſich mit folgenden Worten an ihn
an: Alſo will ich euch eure Furcht be-
nehmen! Alſo will ich eure Liebe
char-
mi
ren! Jch habe Donner und Blitz hin-
weg geleget, und halte mich nicht laͤnger
fuͤr eure gnaͤdige Frau, ſondern fuͤr eure
Liebhaberin, und eine, die ſolche Gluͤckſe-
ligkeit mitzutheilen und anzunehmen be-
gehret, dergleichen hohe Printzen nicht
ausſchlagen wuͤrden.
Der arme Robert
wollte auf der andern Seite zum Bette hinaus
ſpringen; Allein, ſie umſchloſſe ihn mit ihren Ar-
men, die heiß genug waren, den kaͤlteſten Schnee
einer unempfindlichen Keuſchheit zu zerſchmeltzen;
Was? ſagte ſie, fliehet ihr mich? Bin ich

denn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0502" n="482"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Hertzog von <hi rendition="#aq">York,</hi></hi></fw><lb/>
Sie waffnete ihre Augen mit einem gelindern Feuer,<lb/>
ihre Stirne kla&#x0364;rte &#x017F;ich plo&#x0364;tzlich aus, das Antlitz wur-<lb/>
de heiter und liebreich, und ein anlockendes La&#x0364;cheln<lb/>
zertriebe die fin&#x017F;tern Nebel ihrer zu&#x0364;rnenden Augen-<lb/>
braunen; Sie legte die Waffen in ihrer Hand bey-<lb/>
&#x017F;eite, und bediente &#x017F;ich an deren Statt der Strah-<lb/>
len ihrer Augen, welche dem <hi rendition="#aq">Robert,</hi> gleich &#x017F;o vie-<lb/>
len Stileten, in die Seele fuhren: Denn er lag da,<lb/>
und zitterte, dasjenige zu &#x017F;ehen, vor de&#x017F;&#x017F;en Anblick ei-<lb/>
nes andern erfreute Bru&#x017F;t wie Wachs zer&#x017F;chmel-<lb/>
tzen &#x017F;ollen. Sie &#x017F;atzte das Wachs-Licht nieder,<lb/>
entblo&#x0364;&#x017F;&#x017F;ete &#x017F;ich gleich einem nackigten <hi rendition="#aq">Venus-</hi>Bil-<lb/>
de, hub die Kleider auf, legte &#x017F;ich neben ihm nieder,<lb/>
und &#x017F;chmiegte &#x017F;ich mit folgenden Worten an ihn<lb/>
an: <hi rendition="#fr">Al&#x017F;o will ich euch eure Furcht be-<lb/>
nehmen! Al&#x017F;o will ich eure Liebe</hi> <hi rendition="#aq">char-<lb/>
mi</hi><hi rendition="#fr">ren! Jch habe Donner und Blitz hin-<lb/>
weg geleget, und halte mich nicht la&#x0364;nger<lb/>
fu&#x0364;r eure gna&#x0364;dige Frau, &#x017F;ondern fu&#x0364;r eure<lb/>
Liebhaberin, und eine, die &#x017F;olche Glu&#x0364;ck&#x017F;e-<lb/>
ligkeit mitzutheilen und anzunehmen be-<lb/>
gehret, dergleichen hohe Printzen nicht<lb/>
aus&#x017F;chlagen wu&#x0364;rden.</hi> Der arme <hi rendition="#aq">Robert</hi><lb/>
wollte auf der andern Seite zum Bette hinaus<lb/>
&#x017F;pringen; Allein, &#x017F;ie um&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;e ihn mit ihren Ar-<lb/>
men, die heiß genug waren, den ka&#x0364;lte&#x017F;ten Schnee<lb/>
einer unempfindlichen Keu&#x017F;chheit zu zer&#x017F;chmeltzen;<lb/><hi rendition="#fr">Was?</hi> &#x017F;agte &#x017F;ie, <hi rendition="#fr">fliehet ihr mich? Bin ich</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">denn</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[482/0502] Der Hertzog von York, Sie waffnete ihre Augen mit einem gelindern Feuer, ihre Stirne klaͤrte ſich ploͤtzlich aus, das Antlitz wur- de heiter und liebreich, und ein anlockendes Laͤcheln zertriebe die finſtern Nebel ihrer zuͤrnenden Augen- braunen; Sie legte die Waffen in ihrer Hand bey- ſeite, und bediente ſich an deren Statt der Strah- len ihrer Augen, welche dem Robert, gleich ſo vie- len Stileten, in die Seele fuhren: Denn er lag da, und zitterte, dasjenige zu ſehen, vor deſſen Anblick ei- nes andern erfreute Bruſt wie Wachs zerſchmel- tzen ſollen. Sie ſatzte das Wachs-Licht nieder, entbloͤſſete ſich gleich einem nackigten Venus-Bil- de, hub die Kleider auf, legte ſich neben ihm nieder, und ſchmiegte ſich mit folgenden Worten an ihn an: Alſo will ich euch eure Furcht be- nehmen! Alſo will ich eure Liebe char- miren! Jch habe Donner und Blitz hin- weg geleget, und halte mich nicht laͤnger fuͤr eure gnaͤdige Frau, ſondern fuͤr eure Liebhaberin, und eine, die ſolche Gluͤckſe- ligkeit mitzutheilen und anzunehmen be- gehret, dergleichen hohe Printzen nicht ausſchlagen wuͤrden. Der arme Robert wollte auf der andern Seite zum Bette hinaus ſpringen; Allein, ſie umſchloſſe ihn mit ihren Ar- men, die heiß genug waren, den kaͤlteſten Schnee einer unempfindlichen Keuſchheit zu zerſchmeltzen; Was? ſagte ſie, fliehet ihr mich? Bin ich denn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/502
Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 482. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/502>, abgerufen am 22.11.2024.