Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Hertzog von York,
wollten, da sie sich bey jenen anhängisch machen
könnten, oder jene vielleicht selbsten bey ihnen Be-
kanntschafft suchen würden: Sie vermeynten auch,
sie hätten an dem glücklichen Fortgang dieser List
nicht zu zweiffeln, weil sie beyde jung wären, und
nichts so gar männliches, welches sie etwann zu
entdecken vermögend wäre, in ihren Gesichtern
wahrzunehmen. Kurtz: Die Nacht vergienge,
und ihre Kundschaffter brachten des folgenden Ta-
ges um drey Uhr Nachricht, daß diese Weibs-
Bilder, in Manns-Personen verkleidet, ausgegan-
gen wären, so, wie man vermuthet gewesen. Hier-
auf folgten dieselbe, abgeredeter massen, alsofort
in Weiber-Kleidern nach; und weil sie ihrer bald
ansichtig wurden, spatzierten sie sachte fort, biß sie
jene unter einer Compagnie junger Bursche lu-
stig zschussern, und überaus resolut und geschickt,
sowohl aus Spaß selber fallen, als andere nieder-
werffen sahen, daß es ihnen kaum einer von den
jungen und gewandten Kerls gleich thun kunnte.
Diese in Weibs-Personen verkleidete Herren em-
pfunden ein ungemeines Vergnügen über der Mun-
terkeit ihres aufgeweckten Humeurs und un-
gezwungenen Aufführung ihrer Verstellung in
Manns-Personen: Und damit sie solche noch mehr
anfrischen möchten, näherten sie sich ihnen, indem
einer zu dem andern sagte: Madame, wenn ich
den Ausspruch thun sollte, wer bey die-

ser

Der Hertzog von York,
wollten, da ſie ſich bey jenen anhaͤngiſch machen
koͤnnten, oder jene vielleicht ſelbſten bey ihnen Be-
kanntſchafft ſuchen wuͤrden: Sie vermeynten auch,
ſie haͤtten an dem gluͤcklichen Fortgang dieſer Liſt
nicht zu zweiffeln, weil ſie beyde jung waͤren, und
nichts ſo gar maͤnnliches, welches ſie etwann zu
entdecken vermoͤgend waͤre, in ihren Geſichtern
wahrzunehmen. Kurtz: Die Nacht vergienge,
und ihre Kundſchaffter brachten des folgenden Ta-
ges um drey Uhr Nachricht, daß dieſe Weibs-
Bilder, in Manns-Perſonen verkleidet, ausgegan-
gen waͤren, ſo, wie man vermuthet geweſen. Hier-
auf folgten dieſelbe, abgeredeter maſſen, alſofort
in Weiber-Kleidern nach; und weil ſie ihrer bald
anſichtig wurden, ſpatzierten ſie ſachte fort, biß ſie
jene unter einer Compagnie junger Burſche lu-
ſtig zſchuſſern, und uͤberaus reſolut und geſchickt,
ſowohl aus Spaß ſelber fallen, als andere nieder-
werffen ſahen, daß es ihnen kaum einer von den
jungen und gewandten Kerls gleich thun kunnte.
Dieſe in Weibs-Perſonen verkleidete Herren em-
pfunden ein ungemeines Vergnuͤgen uͤber der Mun-
terkeit ihres aufgeweckten Humeurs und un-
gezwungenen Auffuͤhrung ihrer Verſtellung in
Manns-Perſonen: Und damit ſie ſolche noch mehr
anfriſchen moͤchten, naͤherten ſie ſich ihnen, indem
einer zu dem andern ſagte: Madame, wenn ich
den Ausſpruch thun ſollte, wer bey die-

ſer
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0388" n="368"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Hertzog von <hi rendition="#aq">York,</hi></hi></fw><lb/>
wollten, da &#x017F;ie &#x017F;ich bey jenen anha&#x0364;ngi&#x017F;ch machen<lb/>
ko&#x0364;nnten, oder jene vielleicht &#x017F;elb&#x017F;ten bey ihnen Be-<lb/>
kannt&#x017F;chafft &#x017F;uchen wu&#x0364;rden: Sie vermeynten auch,<lb/>
&#x017F;ie ha&#x0364;tten an dem glu&#x0364;cklichen Fortgang die&#x017F;er Li&#x017F;t<lb/>
nicht zu zweiffeln, weil &#x017F;ie beyde jung wa&#x0364;ren, und<lb/>
nichts &#x017F;o gar ma&#x0364;nnliches, welches &#x017F;ie etwann zu<lb/>
entdecken vermo&#x0364;gend wa&#x0364;re, in ihren Ge&#x017F;ichtern<lb/>
wahrzunehmen. Kurtz: Die Nacht vergienge,<lb/>
und ihre Kund&#x017F;chaffter brachten des folgenden Ta-<lb/>
ges um drey Uhr Nachricht, daß die&#x017F;e Weibs-<lb/>
Bilder, in Manns-Per&#x017F;onen verkleidet, ausgegan-<lb/>
gen wa&#x0364;ren, &#x017F;o, wie man vermuthet gewe&#x017F;en. Hier-<lb/>
auf folgten die&#x017F;elbe, abgeredeter ma&#x017F;&#x017F;en, al&#x017F;ofort<lb/>
in Weiber-Kleidern nach; und weil &#x017F;ie ihrer bald<lb/>
an&#x017F;ichtig wurden, &#x017F;patzierten &#x017F;ie &#x017F;achte fort, biß &#x017F;ie<lb/>
jene unter einer <hi rendition="#aq">Compagnie</hi> junger Bur&#x017F;che lu-<lb/>
&#x017F;tig z&#x017F;chu&#x017F;&#x017F;ern, und u&#x0364;beraus <hi rendition="#aq">re&#x017F;olut</hi> und ge&#x017F;chickt,<lb/>
&#x017F;owohl aus Spaß &#x017F;elber fallen, als andere nieder-<lb/>
werffen &#x017F;ahen, daß es ihnen kaum einer von den<lb/>
jungen und gewandten Kerls gleich thun kunnte.<lb/>
Die&#x017F;e in Weibs-Per&#x017F;onen verkleidete Herren em-<lb/>
pfunden ein ungemeines Vergnu&#x0364;gen u&#x0364;ber der Mun-<lb/>
terkeit ihres aufgeweckten <hi rendition="#aq">Humeur</hi>s und un-<lb/>
gezwungenen Auffu&#x0364;hrung ihrer Ver&#x017F;tellung in<lb/>
Manns-Per&#x017F;onen: Und damit &#x017F;ie &#x017F;olche noch mehr<lb/>
anfri&#x017F;chen mo&#x0364;chten, na&#x0364;herten &#x017F;ie &#x017F;ich ihnen, indem<lb/>
einer zu dem andern &#x017F;agte: <hi rendition="#aq">Madame,</hi> <hi rendition="#fr">wenn ich<lb/>
den Aus&#x017F;pruch thun &#x017F;ollte, wer bey die-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">&#x017F;er</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[368/0388] Der Hertzog von York, wollten, da ſie ſich bey jenen anhaͤngiſch machen koͤnnten, oder jene vielleicht ſelbſten bey ihnen Be- kanntſchafft ſuchen wuͤrden: Sie vermeynten auch, ſie haͤtten an dem gluͤcklichen Fortgang dieſer Liſt nicht zu zweiffeln, weil ſie beyde jung waͤren, und nichts ſo gar maͤnnliches, welches ſie etwann zu entdecken vermoͤgend waͤre, in ihren Geſichtern wahrzunehmen. Kurtz: Die Nacht vergienge, und ihre Kundſchaffter brachten des folgenden Ta- ges um drey Uhr Nachricht, daß dieſe Weibs- Bilder, in Manns-Perſonen verkleidet, ausgegan- gen waͤren, ſo, wie man vermuthet geweſen. Hier- auf folgten dieſelbe, abgeredeter maſſen, alſofort in Weiber-Kleidern nach; und weil ſie ihrer bald anſichtig wurden, ſpatzierten ſie ſachte fort, biß ſie jene unter einer Compagnie junger Burſche lu- ſtig zſchuſſern, und uͤberaus reſolut und geſchickt, ſowohl aus Spaß ſelber fallen, als andere nieder- werffen ſahen, daß es ihnen kaum einer von den jungen und gewandten Kerls gleich thun kunnte. Dieſe in Weibs-Perſonen verkleidete Herren em- pfunden ein ungemeines Vergnuͤgen uͤber der Mun- terkeit ihres aufgeweckten Humeurs und un- gezwungenen Auffuͤhrung ihrer Verſtellung in Manns-Perſonen: Und damit ſie ſolche noch mehr anfriſchen moͤchten, naͤherten ſie ſich ihnen, indem einer zu dem andern ſagte: Madame, wenn ich den Ausſpruch thun ſollte, wer bey die- ſer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/388
Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/388>, abgerufen am 19.05.2024.