Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.Philogines und Meretricia. [s]eligkeit war so groß, daß er aller vorher genossenenErgötzlichkeiten leicht vergaß, welche mit dem Ver- [g]nügen, so er aus dem Genuß seiner werthesten Me- [r]etricia empfande, keinesweges in Vergleichung [z]u kommen schienen. Er satzte die stille Kurtzweil [m]it dieser liebreichen Person in die vier Monate [f]ort, welche, an statt seine Flammen zu löschen, viel- [m]ehr einem Oel gleichte, so die Gluth mehr ver- [m]ehrte, als zerstöhrte; Ja, es nahm seine Leiden- [s]chafft dermassen überhand, daß er aller andern Compagnie absagte, damit er sich nur als einen [r]echten Sclaven des Cupidinis und dessen Mut- [t]er, der Meretriciae, erweisen möchte. Als aber [d]er Ritter seinem Confidenten den Vergleich [n]icht hielte, und ihm, an statt versprochener 100. Guineas, deren nur 50. für den Kuppel-Peltz zahl- [t]e, wurde derselbe über diesem gebrochenen Verspre- [c]hen dergestalt erbittert, daß er der Alten entdeckte, [w]as massen jener schon mit einer Dame, welche auf [se]inem Sitze bey Ipswich lebete, allbereit vermäh- [le]t wäre. Wer war bestürtzter, als Meretricia? [U]nd als er bald hierauf bey dieser seine Aufwar- [tu]ng machen wollte, entsatzte sie sich über seiner [G]egenwart so sehr, daß sie überlaut schrie, und, von [ei]ner Ohnmacht gerührt, ihrer Mutter in die Armen [fi]el: Jhre anmuthige Wangen, welche vorhero [d]en Pracht der Lilien und Rosen zu verdunckeln [sc]hienen, hatten sich augenblicklich in eine blasse Tod- U 5
Philogines und Meretricia. [ſ]eligkeit war ſo groß, daß er aller vorher genoſſenenErgoͤtzlichkeiten leicht vergaß, welche mit dem Ver- [g]nuͤgen, ſo er aus dem Genuß ſeiner wertheſten Me- [r]etricia empfande, keinesweges in Vergleichung [z]u kommen ſchienen. Er ſatzte die ſtille Kurtzweil [m]it dieſer liebreichen Perſon in die vier Monate [f]ort, welche, an ſtatt ſeine Flammen zu loͤſchen, viel- [m]ehr einem Oel gleichte, ſo die Gluth mehr ver- [m]ehrte, als zerſtoͤhrte; Ja, es nahm ſeine Leiden- [ſ]chafft dermaſſen uͤberhand, daß er aller andern Compagnie abſagte, damit er ſich nur als einen [r]echten Sclaven des Cupidinis und deſſen Mut- [t]er, der Meretriciæ, erweiſen moͤchte. Als aber [d]er Ritter ſeinem Confidenten den Vergleich [n]icht hielte, und ihm, an ſtatt verſprochener 100. Guineas, deren nur 50. fuͤr den Kuppel-Peltz zahl- [t]e, wurde derſelbe uͤber dieſem gebrochenen Verſpre- [c]hen dergeſtalt erbittert, daß er der Alten entdeckte, [w]as maſſen jener ſchon mit einer Dame, welche auf [ſe]inem Sitze bey Ipſwich lebete, allbereit vermaͤh- [le]t waͤre. Wer war beſtuͤrtzter, als Meretricia? [U]nd als er bald hierauf bey dieſer ſeine Aufwar- [tu]ng machen wollte, entſatzte ſie ſich uͤber ſeiner [G]egenwart ſo ſehr, daß ſie uͤberlaut ſchrie, und, von [ei]ner Ohnmacht geruͤhrt, ihrer Mutter in die Armen [fi]el: Jhre anmuthige Wangen, welche vorhero [d]en Pracht der Lilien und Roſen zu verdunckeln [ſc]hienen, hatten ſich augenblicklich in eine blaſſe Tod- U 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0333" n="313"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Philogines</hi> und <hi rendition="#aq">Meretricia.</hi></hi></fw><lb/><supplied>ſ</supplied>eligkeit war ſo groß, daß er aller vorher genoſſenen<lb/> Ergoͤtzlichkeiten leicht vergaß, welche mit dem Ver-<lb/><supplied>g</supplied>nuͤgen, ſo er aus dem Genuß ſeiner wertheſten <hi rendition="#aq">Me-<lb/><supplied>r</supplied>etricia</hi> empfande, keinesweges in Vergleichung<lb/><supplied>z</supplied>u kommen ſchienen. Er ſatzte die ſtille Kurtzweil<lb/><supplied>m</supplied>it dieſer liebreichen Perſon in die vier Monate<lb/><supplied>f</supplied>ort, welche, an ſtatt ſeine Flammen zu loͤſchen, viel-<lb/><supplied>m</supplied>ehr einem Oel gleichte, ſo die Gluth mehr ver-<lb/><supplied>m</supplied>ehrte, als zerſtoͤhrte; Ja, es nahm ſeine Leiden-<lb/><supplied>ſ</supplied>chafft dermaſſen uͤberhand, daß er aller andern<lb/><hi rendition="#aq">Compagnie</hi> abſagte, damit er ſich nur als einen<lb/><supplied>r</supplied>echten Sclaven des <hi rendition="#aq">Cupidinis</hi> und deſſen Mut-<lb/><supplied>t</supplied>er, der <hi rendition="#aq">Meretriciæ,</hi> erweiſen moͤchte. Als aber<lb/><supplied>d</supplied>er Ritter ſeinem <hi rendition="#aq">Confident</hi>en den Vergleich<lb/><supplied>n</supplied>icht hielte, und ihm, an ſtatt verſprochener 100.<lb/><hi rendition="#aq">Guineas,</hi> deren nur 50. fuͤr den Kuppel-Peltz zahl-<lb/><supplied>t</supplied>e, wurde derſelbe uͤber dieſem gebrochenen Verſpre-<lb/><supplied>c</supplied>hen dergeſtalt erbittert, daß er der Alten entdeckte,<lb/><supplied>w</supplied>as maſſen jener ſchon mit einer <hi rendition="#aq">Dame,</hi> welche auf<lb/><supplied>ſe</supplied>inem Sitze bey <hi rendition="#aq">Ipſwich</hi> lebete, allbereit vermaͤh-<lb/><supplied>le</supplied>t waͤre. Wer war beſtuͤrtzter, als <hi rendition="#aq">Meretricia?</hi><lb/><supplied>U</supplied>nd als er bald hierauf bey dieſer ſeine Aufwar-<lb/><supplied>tu</supplied>ng machen wollte, entſatzte ſie ſich uͤber ſeiner<lb/><supplied>G</supplied>egenwart ſo ſehr, daß ſie uͤberlaut ſchrie, und, von<lb/><supplied>ei</supplied>ner Ohnmacht geruͤhrt, ihrer Mutter in die Armen<lb/><supplied>fi</supplied>el: Jhre anmuthige Wangen, welche vorhero<lb/><supplied>d</supplied>en Pracht der Lilien und Roſen zu verdunckeln<lb/><supplied>ſc</supplied>hienen, hatten ſich augenblicklich in eine blaſſe<lb/> <fw place="bottom" type="sig">U 5</fw><fw place="bottom" type="catch">Tod-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [313/0333]
Philogines und Meretricia.
ſeligkeit war ſo groß, daß er aller vorher genoſſenen
Ergoͤtzlichkeiten leicht vergaß, welche mit dem Ver-
gnuͤgen, ſo er aus dem Genuß ſeiner wertheſten Me-
retricia empfande, keinesweges in Vergleichung
zu kommen ſchienen. Er ſatzte die ſtille Kurtzweil
mit dieſer liebreichen Perſon in die vier Monate
fort, welche, an ſtatt ſeine Flammen zu loͤſchen, viel-
mehr einem Oel gleichte, ſo die Gluth mehr ver-
mehrte, als zerſtoͤhrte; Ja, es nahm ſeine Leiden-
ſchafft dermaſſen uͤberhand, daß er aller andern
Compagnie abſagte, damit er ſich nur als einen
rechten Sclaven des Cupidinis und deſſen Mut-
ter, der Meretriciæ, erweiſen moͤchte. Als aber
der Ritter ſeinem Confidenten den Vergleich
nicht hielte, und ihm, an ſtatt verſprochener 100.
Guineas, deren nur 50. fuͤr den Kuppel-Peltz zahl-
te, wurde derſelbe uͤber dieſem gebrochenen Verſpre-
chen dergeſtalt erbittert, daß er der Alten entdeckte,
was maſſen jener ſchon mit einer Dame, welche auf
ſeinem Sitze bey Ipſwich lebete, allbereit vermaͤh-
let waͤre. Wer war beſtuͤrtzter, als Meretricia?
Und als er bald hierauf bey dieſer ſeine Aufwar-
tung machen wollte, entſatzte ſie ſich uͤber ſeiner
Gegenwart ſo ſehr, daß ſie uͤberlaut ſchrie, und, von
einer Ohnmacht geruͤhrt, ihrer Mutter in die Armen
fiel: Jhre anmuthige Wangen, welche vorhero
den Pracht der Lilien und Roſen zu verdunckeln
ſchienen, hatten ſich augenblicklich in eine blaſſe
Tod-
U 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/333 |
Zitationshilfe: | Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/333>, abgerufen am 23.07.2024. |