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Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

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Philogines und Meretricia.
man ihn daselbst in die Stube führte, nahm er die-
selbe bey der Hand und küssete solche; Und weil er
für dieses mal nicht vermögend war, sich mit Wor-
ten gegen sie heraus zu lassen, gab er ihr desto nach-
drücklicher mit seinen Augen zu erkennen, wie sehr
ihn ihre Gegenwart aus sich selbsten setzete. Die
liebreitzende Meretricia schiene zwar Scham-
roth zu werden, gab ihm aber dessen ungeachtet
augenscheinliche Proben, wie hoch sie die Glückse-
ligkeit schätzete, wormit ihr sein und ihr guter Freund
flattiret hätte. Der Liebhaber machte der Mut-
ter eben dasselbe Compliment, so er bey der
Tochter abgestattet; Worauf sie sich nieder satzten
und von dem Haupt-Punct zu discourriren an-
fiengen; Mit einem Wort: Der Schluß dieser
Conference war, daß Meretricia diesen jun-
gen Herrn, so bald es seine Affairen zulassen wür-
den, heyrathen sollte; und ferner, daß, wenn er sie
geehliget, er dieselbe mit sich in sein Vaterland nach
Suffolk, welche Grasschafft an die ihrige an-
stiesse, nehmen und auch die Mutter nicht zurücke
lassen sollte. Aus diesem Antrage nahm er zwar
ab, daß sie die Nacht vorher schon mit einander
müsten darauf studiret haben, was für Bedin-
gungen sie ihm vorlegen wollten, und daß derjenige
Vortrag, den ihnen sein vertrauter Freund Tages
vorher gethan, eine allzu starcke Impression in
ihren Gemüthern hinterlassen hätte; Gleichwohl

war
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Philogines und Meretricia.
man ihn daſelbſt in die Stube fuͤhrte, nahm er die-
ſelbe bey der Hand und kuͤſſete ſolche; Und weil er
fuͤr dieſes mal nicht vermoͤgend war, ſich mit Wor-
ten gegen ſie heraus zu laſſen, gab er ihr deſto nach-
druͤcklicher mit ſeinen Augen zu erkennen, wie ſehr
ihn ihre Gegenwart aus ſich ſelbſten ſetzete. Die
liebreitzende Meretricia ſchiene zwar Scham-
roth zu werden, gab ihm aber deſſen ungeachtet
augenſcheinliche Proben, wie hoch ſie die Gluͤckſe-
ligkeit ſchaͤtzete, wormit ihr ſein und ihr guter Freund
flattiret haͤtte. Der Liebhaber machte der Mut-
ter eben daſſelbe Compliment, ſo er bey der
Tochter abgeſtattet; Worauf ſie ſich nieder ſatzten
und von dem Haupt-Punct zu diſcourriren an-
fiengen; Mit einem Wort: Der Schluß dieſer
Conference war, daß Meretricia dieſen jun-
gen Herrn, ſo bald es ſeine Affairen zulaſſen wuͤr-
den, heyrathen ſollte; und ferner, daß, wenn er ſie
geehliget, er dieſelbe mit ſich in ſein Vaterland nach
Suffolk, welche Graſſchafft an die ihrige an-
ſtieſſe, nehmen und auch die Mutter nicht zuruͤcke
laſſen ſollte. Aus dieſem Antrage nahm er zwar
ab, daß ſie die Nacht vorher ſchon mit einander
muͤſten darauf ſtudiret haben, was fuͤr Bedin-
gungen ſie ihm vorlegen wollten, und daß derjenige
Vortrag, den ihnen ſein vertrauter Freund Tages
vorher gethan, eine allzu ſtarcke Impreſſion in
ihren Gemuͤthern hinterlaſſen haͤtte; Gleichwohl

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[311/0331] Philogines und Meretricia. man ihn daſelbſt in die Stube fuͤhrte, nahm er die- ſelbe bey der Hand und kuͤſſete ſolche; Und weil er fuͤr dieſes mal nicht vermoͤgend war, ſich mit Wor- ten gegen ſie heraus zu laſſen, gab er ihr deſto nach- druͤcklicher mit ſeinen Augen zu erkennen, wie ſehr ihn ihre Gegenwart aus ſich ſelbſten ſetzete. Die liebreitzende Meretricia ſchiene zwar Scham- roth zu werden, gab ihm aber deſſen ungeachtet augenſcheinliche Proben, wie hoch ſie die Gluͤckſe- ligkeit ſchaͤtzete, wormit ihr ſein und ihr guter Freund flattiret haͤtte. Der Liebhaber machte der Mut- ter eben daſſelbe Compliment, ſo er bey der Tochter abgeſtattet; Worauf ſie ſich nieder ſatzten und von dem Haupt-Punct zu diſcourriren an- fiengen; Mit einem Wort: Der Schluß dieſer Conference war, daß Meretricia dieſen jun- gen Herrn, ſo bald es ſeine Affairen zulaſſen wuͤr- den, heyrathen ſollte; und ferner, daß, wenn er ſie geehliget, er dieſelbe mit ſich in ſein Vaterland nach Suffolk, welche Graſſchafft an die ihrige an- ſtieſſe, nehmen und auch die Mutter nicht zuruͤcke laſſen ſollte. Aus dieſem Antrage nahm er zwar ab, daß ſie die Nacht vorher ſchon mit einander muͤſten darauf ſtudiret haben, was fuͤr Bedin- gungen ſie ihm vorlegen wollten, und daß derjenige Vortrag, den ihnen ſein vertrauter Freund Tages vorher gethan, eine allzu ſtarcke Impreſſion in ihren Gemuͤthern hinterlaſſen haͤtte; Gleichwohl war U 4

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Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/331>, abgerufen am 19.05.2024.