Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Mad. Alice Smalwood,
Vergnügens, und der Person, so sie caressire, zu
empfinden? Der Doctor antwortete, dieses sey
gar wohl möglich, massen man auch sonst in man-
chen Personen anmercken könnte, daß sie im Schlaff
aufstünden, herum spatzierten, und allerhand vor-
nähmen, worvon sie doch hernach, wenn sie erwa-
cheten, nicht das geringste wüsten. Dieses eintzige
Argument galte bey dem Herrn Smalwood
und seiner Liebsten so viel, daß sie gläubeten, ihre
Tochter wäre fruchtbaren Leibes, und doch darnebst
unschuldig in der That, und unwissend wegen des
Thäters; Zumal sie ohnedem vielmals im Schlaff
in ihrer Kammer herum- und bißweilen herunter in
das Milch-Haus, hernach wieder also zu Bette ge-
gangen, ohne daß sie sich des nächsten Morgens ei-
nes Schrittes erinuern können. Nach mancher-
ley Rathschlagung, was bey einer mit so vielen
Schwierigkeiten verknüpfften Sache zu thun sey,
ließ sich der Doctor vernehmen, daß, woferne sie
dafür hielten, daß er ihrer Tochter werth sey, er sie
alsbald heyrathen wollte: denn er achtete es nicht,
ob sie gleich schwanger, noch wer der Vater wäre,
sintemal er wüste, daß ihre Se[ele] rein und unbefleckt
sey, obschon ihre Ehre einige Verletzung empfinden
müssen; angesehen auch die Ehren-Rettung und Er-
haltung des Ansehens einer so honetten Familie
von ihm theurer geschätzet würde, als einiges Pri-
vat-Interesse,
oder Absicht auf sich selbsten.

Wer

Mad. Alice Smalwood,
Vergnuͤgens, und der Perſon, ſo ſie caresſire, zu
empfinden? Der Doctor antwortete, dieſes ſey
gar wohl moͤglich, maſſen man auch ſonſt in man-
chen Perſonen anmercken koͤnnte, daß ſie im Schlaff
aufſtuͤnden, herum ſpatzierten, und allerhand vor-
naͤhmen, worvon ſie doch hernach, wenn ſie erwa-
cheten, nicht das geringſte wuͤſten. Dieſes eintzige
Argument galte bey dem Herrn Smalwood
und ſeiner Liebſten ſo viel, daß ſie glaͤubeten, ihre
Tochter waͤre fruchtbaren Leibes, und doch darnebſt
unſchuldig in der That, und unwiſſend wegen des
Thaͤters; Zumal ſie ohnedem vielmals im Schlaff
in ihrer Kammer herum- und bißweilen herunter in
das Milch-Haus, hernach wieder alſo zu Bette ge-
gangen, ohne daß ſie ſich des naͤchſten Morgens ei-
nes Schrittes erinuern koͤnnen. Nach mancher-
ley Rathſchlagung, was bey einer mit ſo vielen
Schwierigkeiten verknuͤpfften Sache zu thun ſey,
ließ ſich der Doctor vernehmen, daß, woferne ſie
dafuͤr hielten, daß er ihrer Tochter werth ſey, er ſie
alsbald heyrathen wollte: denn er achtete es nicht,
ob ſie gleich ſchwanger, noch wer der Vater waͤre,
ſintemal er wuͤſte, daß ihre Se[ele] rein und unbefleckt
ſey, obſchon ihre Ehre einige Verletzung empfinden
muͤſſen; angeſehen auch die Ehren-Rettung und Er-
haltung des Anſehens einer ſo honetten Familie
von ihm theurer geſchaͤtzet wuͤrde, als einiges Pri-
vat-Intereſſe,
oder Abſicht auf ſich ſelbſten.

Wer
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0276" n="256"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Mad. Alice Smalwood,</hi></hi></fw><lb/>
Vergnu&#x0364;gens, und der Per&#x017F;on, &#x017F;o &#x017F;ie <hi rendition="#aq">cares&#x017F;i</hi>re, zu<lb/>
empfinden? Der <hi rendition="#aq">Doctor</hi> antwortete, die&#x017F;es &#x017F;ey<lb/>
gar wohl mo&#x0364;glich, ma&#x017F;&#x017F;en man auch &#x017F;on&#x017F;t in man-<lb/>
chen Per&#x017F;onen anmercken ko&#x0364;nnte, daß &#x017F;ie im Schlaff<lb/>
auf&#x017F;tu&#x0364;nden, herum &#x017F;patzierten, und allerhand vor-<lb/>
na&#x0364;hmen, worvon &#x017F;ie doch hernach, wenn &#x017F;ie erwa-<lb/>
cheten, nicht das gering&#x017F;te wu&#x0364;&#x017F;ten. Die&#x017F;es eintzige<lb/><hi rendition="#aq">Argument</hi> galte bey dem Herrn <hi rendition="#aq">Smalwood</hi><lb/>
und &#x017F;einer Lieb&#x017F;ten &#x017F;o viel, daß &#x017F;ie gla&#x0364;ubeten, ihre<lb/>
Tochter wa&#x0364;re fruchtbaren Leibes, und doch darneb&#x017F;t<lb/>
un&#x017F;chuldig in der That, und unwi&#x017F;&#x017F;end wegen des<lb/>
Tha&#x0364;ters; Zumal &#x017F;ie ohnedem vielmals im Schlaff<lb/>
in ihrer Kammer herum- und bißweilen herunter in<lb/>
das Milch-Haus, hernach wieder al&#x017F;o zu Bette ge-<lb/>
gangen, ohne daß &#x017F;ie &#x017F;ich des na&#x0364;ch&#x017F;ten Morgens ei-<lb/>
nes Schrittes erinuern ko&#x0364;nnen. Nach mancher-<lb/>
ley Rath&#x017F;chlagung, was bey einer mit &#x017F;o vielen<lb/>
Schwierigkeiten verknu&#x0364;pfften Sache zu thun &#x017F;ey,<lb/>
ließ &#x017F;ich der <hi rendition="#aq">Doctor</hi> vernehmen, daß, woferne &#x017F;ie<lb/>
dafu&#x0364;r hielten, daß er ihrer Tochter werth &#x017F;ey, er &#x017F;ie<lb/>
alsbald heyrathen wollte: denn er achtete es nicht,<lb/>
ob &#x017F;ie gleich &#x017F;chwanger, noch wer der Vater wa&#x0364;re,<lb/>
&#x017F;intemal er wu&#x0364;&#x017F;te, daß ihre Se<supplied>ele</supplied> rein und unbefleckt<lb/>
&#x017F;ey, ob&#x017F;chon ihre Ehre einige Verletzung empfinden<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en; ange&#x017F;ehen auch die Ehren-Rettung und Er-<lb/>
haltung des An&#x017F;ehens einer &#x017F;o <hi rendition="#aq">hone</hi>tten <hi rendition="#aq">Familie</hi><lb/>
von ihm theurer ge&#x017F;cha&#x0364;tzet wu&#x0364;rde, als einiges <hi rendition="#aq">Pri-<lb/>
vat-Intere&#x017F;&#x017F;e,</hi> oder Ab&#x017F;icht auf &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;ten.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Wer</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[256/0276] Mad. Alice Smalwood, Vergnuͤgens, und der Perſon, ſo ſie caresſire, zu empfinden? Der Doctor antwortete, dieſes ſey gar wohl moͤglich, maſſen man auch ſonſt in man- chen Perſonen anmercken koͤnnte, daß ſie im Schlaff aufſtuͤnden, herum ſpatzierten, und allerhand vor- naͤhmen, worvon ſie doch hernach, wenn ſie erwa- cheten, nicht das geringſte wuͤſten. Dieſes eintzige Argument galte bey dem Herrn Smalwood und ſeiner Liebſten ſo viel, daß ſie glaͤubeten, ihre Tochter waͤre fruchtbaren Leibes, und doch darnebſt unſchuldig in der That, und unwiſſend wegen des Thaͤters; Zumal ſie ohnedem vielmals im Schlaff in ihrer Kammer herum- und bißweilen herunter in das Milch-Haus, hernach wieder alſo zu Bette ge- gangen, ohne daß ſie ſich des naͤchſten Morgens ei- nes Schrittes erinuern koͤnnen. Nach mancher- ley Rathſchlagung, was bey einer mit ſo vielen Schwierigkeiten verknuͤpfften Sache zu thun ſey, ließ ſich der Doctor vernehmen, daß, woferne ſie dafuͤr hielten, daß er ihrer Tochter werth ſey, er ſie alsbald heyrathen wollte: denn er achtete es nicht, ob ſie gleich ſchwanger, noch wer der Vater waͤre, ſintemal er wuͤſte, daß ihre Seele rein und unbefleckt ſey, obſchon ihre Ehre einige Verletzung empfinden muͤſſen; angeſehen auch die Ehren-Rettung und Er- haltung des Anſehens einer ſo honetten Familie von ihm theurer geſchaͤtzet wuͤrde, als einiges Pri- vat-Intereſſe, oder Abſicht auf ſich ſelbſten. Wer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/276
Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/276>, abgerufen am 19.05.2024.