Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.und Monsieur Germain. seine Einbildung ohnedem so thöricht war, daß er,(wie sehr viele andere von seinem Alter) in dem be- trüglichen Wahn stunde, ein iedwedes Frauenzim- mer, das die Augen auf seine Person würffe, habe sich stracks in ihm verliebet, machte er ihr den nächsten Morgen, da der Hertzog auf dem Lande war, nicht so bald seine Aufwartung, als er auf die Knie fiel, und, vor Dero Füssen liegend, sie als eine Göttin anbethete. Nachdem sie ihn nun, wegen der Ausschweiffung seiner Passion, einen kleinen Verweiß gegeben und lächelnde von der Erden aufgerichtet, kunnte er sich nicht länger enthalten, sondern muste seinen Flammen den völligen Aus- bruch verstatten; ja, seine Vermessenheit war bey dieser seiner ersten Visite so groß, daß er sich wie eine Klette an sie anhienge, und sie mit so brünstiger Entzückung küssete, als ob sich seine Liebe im ruhi- gen Hafen der Glückseligkeit, und er sich selbsten mitten im Schooß der Sicherheit und des Ver- gnügens befunden. Die Hertzogin hatte nicht wenig Mühe, ehe sie es dahin bringen kunnte, daß sich Germain von seiner Unbescheidenheit wie- derum erhohlte, und sie nach einiger Schwierig- keit ihre Ehre für dieses mal, wiewohl nur zum Schein, praeservirte, biß sie endlich auf beyden Seiten, über der Post von des Hertzogs gählin- ger Ankunfft in der Stadt, gantz verwirret und unvergnügt von einander schieden. Nichts desto- we- L 5
und Monſieur Germain. ſeine Einbildung ohnedem ſo thoͤricht war, daß er,(wie ſehr viele andere von ſeinem Alter) in dem be- truͤglichen Wahn ſtunde, ein iedwedes Frauenzim- mer, das die Augen auf ſeine Perſon wuͤrffe, habe ſich ſtracks in ihm verliebet, machte er ihr den naͤchſten Morgen, da der Hertzog auf dem Lande war, nicht ſo bald ſeine Aufwartung, als er auf die Knie fiel, und, vor Dero Fuͤſſen liegend, ſie als eine Goͤttin anbethete. Nachdem ſie ihn nun, wegen der Ausſchweiffung ſeiner Paſſion, einen kleinen Verweiß gegeben und laͤchelnde von der Erden aufgerichtet, kunnte er ſich nicht laͤnger enthalten, ſondern muſte ſeinen Flammen den voͤlligen Aus- bruch verſtatten; ja, ſeine Vermeſſenheit war bey dieſer ſeiner erſten Viſite ſo groß, daß er ſich wie eine Klette an ſie anhienge, und ſie mit ſo bruͤnſtiger Entzuͤckung kuͤſſete, als ob ſich ſeine Liebe im ruhi- gen Hafen der Gluͤckſeligkeit, und er ſich ſelbſten mitten im Schooß der Sicherheit und des Ver- gnuͤgens befunden. Die Hertzogin hatte nicht wenig Muͤhe, ehe ſie es dahin bringen kunnte, daß ſich Germain von ſeiner Unbeſcheidenheit wie- derum erhohlte, und ſie nach einiger Schwierig- keit ihre Ehre fuͤr dieſes mal, wiewohl nur zum Schein, præſervirte, biß ſie endlich auf beyden Seiten, uͤber der Poſt von des Hertzogs gaͤhlin- ger Ankunfft in der Stadt, gantz verwirret und unvergnuͤgt von einander ſchieden. Nichts deſto- we- L 5
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und Monſieur Germain.
ſeine Einbildung ohnedem ſo thoͤricht war, daß er,
(wie ſehr viele andere von ſeinem Alter) in dem be-
truͤglichen Wahn ſtunde, ein iedwedes Frauenzim-
mer, das die Augen auf ſeine Perſon wuͤrffe, habe
ſich ſtracks in ihm verliebet, machte er ihr den
naͤchſten Morgen, da der Hertzog auf dem Lande
war, nicht ſo bald ſeine Aufwartung, als er auf die
Knie fiel, und, vor Dero Fuͤſſen liegend, ſie als eine
Goͤttin anbethete. Nachdem ſie ihn nun, wegen
der Ausſchweiffung ſeiner Paſſion, einen kleinen
Verweiß gegeben und laͤchelnde von der Erden
aufgerichtet, kunnte er ſich nicht laͤnger enthalten,
ſondern muſte ſeinen Flammen den voͤlligen Aus-
bruch verſtatten; ja, ſeine Vermeſſenheit war bey
dieſer ſeiner erſten Viſite ſo groß, daß er ſich wie
eine Klette an ſie anhienge, und ſie mit ſo bruͤnſtiger
Entzuͤckung kuͤſſete, als ob ſich ſeine Liebe im ruhi-
gen Hafen der Gluͤckſeligkeit, und er ſich ſelbſten
mitten im Schooß der Sicherheit und des Ver-
gnuͤgens befunden. Die Hertzogin hatte nicht
wenig Muͤhe, ehe ſie es dahin bringen kunnte, daß
ſich Germain von ſeiner Unbeſcheidenheit wie-
derum erhohlte, und ſie nach einiger Schwierig-
keit ihre Ehre fuͤr dieſes mal, wiewohl nur zum
Schein, præſervirte, biß ſie endlich auf beyden
Seiten, uͤber der Poſt von des Hertzogs gaͤhlin-
ger Ankunfft in der Stadt, gantz verwirret und
unvergnuͤgt von einander ſchieden. Nichts deſto-
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