Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rost, Johann Christoph]: Schäfererzälungen. [Berlin], 1742.

Bild:
<< vorherige Seite

Es wäre nicht das Nest? Dieß mache mir nicht
weiß,

Die Sinne trügen nicht, ich füle ja das Reiß.

Mit Worten war der Eigensinn nicht abzuspeisen,
Er drang darauf, ihm das, was er gefült zu weisen.
Was sollte Chloris tun? Mir fällt kein Mittel
ein,

Sie suchte sich hier vom Verdachte zu befrein,
Verzeiht es ihr darum ihr Schönen,
Sie wies es endlich Damarenen.
Jch weiß daß manche spricht, daß Chloris Unrecht
tat;

Allein, ich bitte, gebt ihr einen bessern Rath.
Wie unaussprechlich war nicht dieses Schäfers
Freude,

Er schrieh, o Wundernest! o seltsames Gebäude!
Doch Chloris wandte wieder ein:
Du irrst, wär es das Nest, wie könnt es sichtbar
sein?

Er aber sprach, vielleicht hast du den Stein
Aus Unvorsichtigkeit bereits verloren.
Dieß ist der Lon dafür, daß du so falsch geschworen.
Hier

Es waͤre nicht das Neſt? Dieß mache mir nicht
weiß,

Die Sinne truͤgen nicht, ich fuͤle ja das Reiß.

Mit Worten war der Eigenſinn nicht abzuſpeiſen,
Er drang darauf, ihm das, was er gefuͤlt zu weiſen.
Was ſollte Chloris tun? Mir faͤllt kein Mittel
ein,

Sie ſuchte ſich hier vom Verdachte zu befrein,
Verzeiht es ihr darum ihr Schoͤnen,
Sie wies es endlich Damarenen.
Jch weiß daß manche ſpricht, daß Chloris Unrecht
tat;

Allein, ich bitte, gebt ihr einen beſſern Rath.
Wie unausſprechlich war nicht dieſes Schaͤfers
Freude,

Er ſchrieh, o Wunderneſt! o ſeltſames Gebaͤude!
Doch Chloris wandte wieder ein:
Du irrſt, waͤr es das Neſt, wie koͤnnt es ſichtbar
ſein?

Er aber ſprach, vielleicht haſt du den Stein
Aus Unvorſichtigkeit bereits verloren.
Dieß iſt der Lon dafuͤr, daß du ſo falſch geſchworen.
Hier
<TEI>
  <text>
    <body>
      <lg type="poem">
        <lg>
          <l><pb facs="#f0044" n="40"/>
Es wa&#x0364;re nicht das Ne&#x017F;t? Dieß mache mir nicht<lb/><hi rendition="#et">weiß,</hi></l><lb/>
          <l>Die Sinne tru&#x0364;gen nicht, ich fu&#x0364;le ja das Reiß.</l>
        </lg><lb/>
        <lg>
          <l>Mit Worten war der Eigen&#x017F;inn nicht abzu&#x017F;pei&#x017F;en,</l><lb/>
          <l>Er drang darauf, ihm das, was er gefu&#x0364;lt zu wei&#x017F;en.</l><lb/>
          <l>Was &#x017F;ollte Chloris tun? Mir fa&#x0364;llt kein Mittel<lb/><hi rendition="#et">ein,</hi></l><lb/>
          <l>Sie &#x017F;uchte &#x017F;ich hier vom Verdachte zu befrein,</l><lb/>
          <l>Verzeiht es ihr darum ihr Scho&#x0364;nen,</l><lb/>
          <l>Sie wies es endlich Damarenen.</l><lb/>
          <l>Jch weiß daß manche &#x017F;pricht, daß Chloris Unrecht<lb/><hi rendition="#et">tat;</hi></l><lb/>
          <l>Allein, ich bitte, gebt ihr einen be&#x017F;&#x017F;ern Rath.</l>
        </lg><lb/>
        <lg>
          <l>Wie unaus&#x017F;prechlich war nicht die&#x017F;es Scha&#x0364;fers<lb/><hi rendition="#et">Freude,</hi></l><lb/>
          <l>Er &#x017F;chrieh, o Wunderne&#x017F;t! o &#x017F;elt&#x017F;ames Geba&#x0364;ude!</l><lb/>
          <l>Doch Chloris wandte wieder ein:</l><lb/>
          <l>Du irr&#x017F;t, wa&#x0364;r es das Ne&#x017F;t, wie ko&#x0364;nnt es &#x017F;ichtbar<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ein?</hi></l><lb/>
          <l>Er aber &#x017F;prach, vielleicht ha&#x017F;t du den Stein</l><lb/>
          <l>Aus Unvor&#x017F;ichtigkeit bereits verloren.</l><lb/>
          <l>Dieß i&#x017F;t der Lon dafu&#x0364;r, daß du &#x017F;o fal&#x017F;ch ge&#x017F;chworen.</l>
        </lg><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Hier</fw><lb/>
      </lg>
    </body>
  </text>
</TEI>
[40/0044] Es waͤre nicht das Neſt? Dieß mache mir nicht weiß, Die Sinne truͤgen nicht, ich fuͤle ja das Reiß. Mit Worten war der Eigenſinn nicht abzuſpeiſen, Er drang darauf, ihm das, was er gefuͤlt zu weiſen. Was ſollte Chloris tun? Mir faͤllt kein Mittel ein, Sie ſuchte ſich hier vom Verdachte zu befrein, Verzeiht es ihr darum ihr Schoͤnen, Sie wies es endlich Damarenen. Jch weiß daß manche ſpricht, daß Chloris Unrecht tat; Allein, ich bitte, gebt ihr einen beſſern Rath. Wie unausſprechlich war nicht dieſes Schaͤfers Freude, Er ſchrieh, o Wunderneſt! o ſeltſames Gebaͤude! Doch Chloris wandte wieder ein: Du irrſt, waͤr es das Neſt, wie koͤnnt es ſichtbar ſein? Er aber ſprach, vielleicht haſt du den Stein Aus Unvorſichtigkeit bereits verloren. Dieß iſt der Lon dafuͤr, daß du ſo falſch geſchworen. Hier

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_schaefererzaelungen_1742
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_schaefererzaelungen_1742/44
Zitationshilfe: [Rost, Johann Christoph]: Schäfererzälungen. [Berlin], 1742, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_schaefererzaelungen_1742/44>, abgerufen am 24.04.2024.