Es braucht wohl kaum erst darauf aufmerksam gemacht zu werden, daß die I. Periode, d. h. alle ganz schwarzen Flächen des Hauungsplanes, 80 Jahre nach 1830, als im Jahre 1910, nicht blos 80jähriges sondern 60 -- 80jähriges Holz tragen wird, weil ja zu ihrer Herstellung 20 Jahre erforderlich waren. Die Alles haarscharf verlangenden meiner Leser hätten also einen Grund zu verlangen, daß der Kartenzeichner streng genommen die I. Periode nicht gleichmäßig schwarz, sondern aus dem Ton der II. Periode in Schwarz sich allmälig steigernd hätte malen sollen und so entsprechend die übrigen. Auch dürfen wir uns durch den Namen Hauungsplan für unsere zweite Karte nicht irre machen lassen. Allerdings scheint er nicht recht angemessen, denn die Karte stellt ja keinen Plan, der erst ausgeführt werden soll, dar, sondern sie stellt den bereits aus- geführt gedachten Plan dar. Der eigentliche Hauungsplan ist richtiger die Bestandskarte, auf welcher über die thatsächlich vorliegenden Bestands- verhältnisse das Schneißennetz gezeichnet ist, und dieses schreibt den Hauungs- oder richtiger Bewirthschaftungsplan vor.
Ueberblicken wir nun den Hauungsplan, so finden wir einen normalen Zustand des Revieres hergestellt; alle Perioden (Altersclassen) sind über das ganze Revier gleichmäßig vertheilt, so daß dasselbe äußeren Einflüssen gegenüber als ein möglichst geschlossenes Ganzes dasteht und zur Holz- abgabe überall alle Holzsortimente zur Verfügung stehen.
Dies sind aber nur die Grundzüge der Revierverwaltung, wie sie sich auf einer Karte ausdrücken lassen, und so einfach ist die Verwaltung keines- wegs, wie man hiernach meinen könnte. Auch muß man nicht glauben, daß auch wirklich nur schlagbare Hölzer geschlagen werden, daß man also in Fichtenrevieren alle Bäume mindestens 80 Jahre alt werden läßt. Hier ist vielmehr dem umsichtigen Forstmanne die Aufgabe gestellt, Wirth- schaftsplan, Holzbedürfniß und eine Menge äußerer Zufälligkeiten so weit in Einklang zu bringen, daß einerseits die Ertragsfähigkeit des Revieres nicht nur erhalten, sondern auch verbessert und das ideale Ziel -- wie es unser Hauungsplan in Aussicht nimmt -- immer angestrebt werde, und wir werden das vorhin ungereimt Erscheinende jetzt begreifen: daß dies Ideal niemals erreicht, niemals vollständig eine Wahrheit sein werde.
Bei diesem fast unausgesetzten Ringen mit in verschiedenster Weise widerstrebenden Verhältnissen bei der Verfolgung des Ideals, zunächst bei
Es braucht wohl kaum erſt darauf aufmerkſam gemacht zu werden, daß die I. Periode, d. h. alle ganz ſchwarzen Flächen des Hauungsplanes, 80 Jahre nach 1830, als im Jahre 1910, nicht blos 80jähriges ſondern 60 — 80jähriges Holz tragen wird, weil ja zu ihrer Herſtellung 20 Jahre erforderlich waren. Die Alles haarſcharf verlangenden meiner Leſer hätten alſo einen Grund zu verlangen, daß der Kartenzeichner ſtreng genommen die I. Periode nicht gleichmäßig ſchwarz, ſondern aus dem Ton der II. Periode in Schwarz ſich allmälig ſteigernd hätte malen ſollen und ſo entſprechend die übrigen. Auch dürfen wir uns durch den Namen Hauungsplan für unſere zweite Karte nicht irre machen laſſen. Allerdings ſcheint er nicht recht angemeſſen, denn die Karte ſtellt ja keinen Plan, der erſt ausgeführt werden ſoll, dar, ſondern ſie ſtellt den bereits aus- geführt gedachten Plan dar. Der eigentliche Hauungsplan iſt richtiger die Beſtandskarte, auf welcher über die thatſächlich vorliegenden Beſtands- verhältniſſe das Schneißennetz gezeichnet iſt, und dieſes ſchreibt den Hauungs- oder richtiger Bewirthſchaftungsplan vor.
Ueberblicken wir nun den Hauungsplan, ſo finden wir einen normalen Zuſtand des Revieres hergeſtellt; alle Perioden (Altersclaſſen) ſind über das ganze Revier gleichmäßig vertheilt, ſo daß daſſelbe äußeren Einflüſſen gegenüber als ein möglichſt geſchloſſenes Ganzes daſteht und zur Holz- abgabe überall alle Holzſortimente zur Verfügung ſtehen.
Dies ſind aber nur die Grundzüge der Revierverwaltung, wie ſie ſich auf einer Karte ausdrücken laſſen, und ſo einfach iſt die Verwaltung keines- wegs, wie man hiernach meinen könnte. Auch muß man nicht glauben, daß auch wirklich nur ſchlagbare Hölzer geſchlagen werden, daß man alſo in Fichtenrevieren alle Bäume mindeſtens 80 Jahre alt werden läßt. Hier iſt vielmehr dem umſichtigen Forſtmanne die Aufgabe geſtellt, Wirth- ſchaftsplan, Holzbedürfniß und eine Menge äußerer Zufälligkeiten ſo weit in Einklang zu bringen, daß einerſeits die Ertragsfähigkeit des Revieres nicht nur erhalten, ſondern auch verbeſſert und das ideale Ziel — wie es unſer Hauungsplan in Ausſicht nimmt — immer angeſtrebt werde, und wir werden das vorhin ungereimt Erſcheinende jetzt begreifen: daß dies Ideal niemals erreicht, niemals vollſtändig eine Wahrheit ſein werde.
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60 — 80jähriges Holz tragen wird, weil ja zu ihrer Herſtellung 20 Jahre
erforderlich waren. Die Alles haarſcharf verlangenden meiner Leſer hätten
alſo einen Grund zu verlangen, daß der Kartenzeichner ſtreng genommen
die I. Periode nicht gleichmäßig ſchwarz, ſondern aus dem Ton der
II. Periode in Schwarz ſich allmälig ſteigernd hätte malen ſollen
und ſo entſprechend die übrigen. Auch dürfen wir uns durch den Namen
Hauungsplan für unſere zweite Karte nicht irre machen laſſen. Allerdings
ſcheint er nicht recht angemeſſen, denn die Karte ſtellt ja keinen Plan,
der erſt ausgeführt werden ſoll, dar, ſondern ſie ſtellt den bereits aus-
geführt gedachten Plan dar. Der eigentliche Hauungsplan iſt richtiger
die Beſtandskarte, auf welcher über die thatſächlich vorliegenden Beſtands-
verhältniſſe das Schneißennetz gezeichnet iſt, und dieſes ſchreibt den
Hauungs- oder richtiger Bewirthſchaftungsplan vor.
Ueberblicken wir nun den Hauungsplan, ſo finden wir einen normalen
Zuſtand des Revieres hergeſtellt; alle Perioden (Altersclaſſen) ſind über
das ganze Revier gleichmäßig vertheilt, ſo daß daſſelbe äußeren Einflüſſen
gegenüber als ein möglichſt geſchloſſenes Ganzes daſteht und zur Holz-
abgabe überall alle Holzſortimente zur Verfügung ſtehen.
Dies ſind aber nur die Grundzüge der Revierverwaltung, wie ſie ſich
auf einer Karte ausdrücken laſſen, und ſo einfach iſt die Verwaltung keines-
wegs, wie man hiernach meinen könnte. Auch muß man nicht glauben,
daß auch wirklich nur ſchlagbare Hölzer geſchlagen werden, daß man alſo
in Fichtenrevieren alle Bäume mindeſtens 80 Jahre alt werden läßt.
Hier iſt vielmehr dem umſichtigen Forſtmanne die Aufgabe geſtellt, Wirth-
ſchaftsplan, Holzbedürfniß und eine Menge äußerer Zufälligkeiten ſo weit
in Einklang zu bringen, daß einerſeits die Ertragsfähigkeit des Revieres
nicht nur erhalten, ſondern auch verbeſſert und das ideale Ziel — wie es
unſer Hauungsplan in Ausſicht nimmt — immer angeſtrebt werde, und
wir werden das vorhin ungereimt Erſcheinende jetzt begreifen: daß dies
Ideal niemals erreicht, niemals vollſtändig eine Wahrheit ſein werde.
Bei dieſem faſt unausgeſetzten Ringen mit in verſchiedenſter Weiſe
widerſtrebenden Verhältniſſen bei der Verfolgung des Ideals, zunächſt bei
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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 590. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/646>, abgerufen am 22.12.2024.
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