Das Lindennüßchen (LXXXI. 7.) ist ganz allein der freigewordene Stempel, der Lebensmittelpunkt der Blüthe, der umstanden war von den mitwirkenden drei freien Genossenkreisen, welche nach Erfüllung ihrer Aufgabe von dem Schauplatze gemeinsamen Wirkens abgetreten sind. Wir sehen diese LXXXI. 2. und 3.: 5 freie, d. h. unter sich und mit den weiter innenstehenden Blüthentheilen unverbundene Kelchblätter, diesen folgen 5 ebenfalls freie Kronenblätter und unmittelbar um das Pistill drängen sich die zahlreichen ebenfalls freien Staubgefäße.
Alle diese Blüthentheile stehen dicht zusammengedrängt auf dem kleinen knopfförmigen Endpunkte des Blüthenstiels (7.), einem Fruchtboden (Thalamus) von der kleinsten Ausdehnung, und auf welchem zuletzt nur die Frucht stehen bleibt, ihm nun erst die volle Berechtigung seines Namens gebend. L. Reichenbach nennt daher die Familien der höchsten Rang- ordnung, sie als Klasse zusammenfassend, Thalamanthen, Fruchtboden- blüthige.
Alle Lindenarten, deren namentlich in Nordamerika einige weitere Arten zu unseren deutschen hinzukommen, stimmen in folgendem Gattungs- charakter überein.
Der Kelch besteht aus kahnförmigen schmalen und die Krone aus 5 fast gleichgestalteten Blättern, welche an ihrem Grunde eine kleine Schuppe tragen oder ohne diese sind; die Staubgefäße sind von einer unbestimmten ansehnlichen Zahl am Grunde des 1 Stempels eingefügt, welcher einen kugeligen fünffächerigen Fruchtknoten hat, in dessen Fächern stets je 2 Samenknospen liegen (4. 5.), aus denen allen aber in der Regel nur 1 oder 2 Samen sich bilden, indem die anderen Fächer mit ihren Samenknospen fehlschlagen und beseitigt werden, so daß das reife Lindennüßchen meist blos 1 Samen enthält; die Narbe ist kurz fünfstrahlig (6.). Die Samenlappen der Keimpflanze (bei keinem andern unserer Bäume vorkommend!) handförmig zerschlitzt (11.).
Fügen wir diesen zur systematischen Unterscheidung der Gattung aus- reichenden Merkmalen noch einige andere von den Blattgebilden und Knospen entlehnte hinzu, so ist das zungenförmige Deckblatt (Bractee) zu erwähnen, welches an seiner unteren Hälfte von dem gemeinsamen Blüthenstiele durchzogen ist (1.); daß die Knospe äußerlich immer nur 2 Schuppen sichtbar werden läßt (S. 167 und das. Fig. XXV.) und daß
Das Lindennüßchen (LXXXI. 7.) iſt ganz allein der freigewordene Stempel, der Lebensmittelpunkt der Blüthe, der umſtanden war von den mitwirkenden drei freien Genoſſenkreiſen, welche nach Erfüllung ihrer Aufgabe von dem Schauplatze gemeinſamen Wirkens abgetreten ſind. Wir ſehen dieſe LXXXI. 2. und 3.: 5 freie, d. h. unter ſich und mit den weiter innenſtehenden Blüthentheilen unverbundene Kelchblätter, dieſen folgen 5 ebenfalls freie Kronenblätter und unmittelbar um das Piſtill drängen ſich die zahlreichen ebenfalls freien Staubgefäße.
Alle dieſe Blüthentheile ſtehen dicht zuſammengedrängt auf dem kleinen knopfförmigen Endpunkte des Blüthenſtiels (7.), einem Fruchtboden (Thalamus) von der kleinſten Ausdehnung, und auf welchem zuletzt nur die Frucht ſtehen bleibt, ihm nun erſt die volle Berechtigung ſeines Namens gebend. L. Reichenbach nennt daher die Familien der höchſten Rang- ordnung, ſie als Klaſſe zuſammenfaſſend, Thalamanthen, Fruchtboden- blüthige.
Alle Lindenarten, deren namentlich in Nordamerika einige weitere Arten zu unſeren deutſchen hinzukommen, ſtimmen in folgendem Gattungs- charakter überein.
Der Kelch beſteht aus kahnförmigen ſchmalen und die Krone aus 5 faſt gleichgeſtalteten Blättern, welche an ihrem Grunde eine kleine Schuppe tragen oder ohne dieſe ſind; die Staubgefäße ſind von einer unbeſtimmten anſehnlichen Zahl am Grunde des 1 Stempels eingefügt, welcher einen kugeligen fünffächerigen Fruchtknoten hat, in deſſen Fächern ſtets je 2 Samenknospen liegen (4. 5.), aus denen allen aber in der Regel nur 1 oder 2 Samen ſich bilden, indem die anderen Fächer mit ihren Samenknospen fehlſchlagen und beſeitigt werden, ſo daß das reife Lindennüßchen meiſt blos 1 Samen enthält; die Narbe iſt kurz fünfſtrahlig (6.). Die Samenlappen der Keimpflanze (bei keinem andern unſerer Bäume vorkommend!) handförmig zerſchlitzt (11.).
Fügen wir dieſen zur ſyſtematiſchen Unterſcheidung der Gattung aus- reichenden Merkmalen noch einige andere von den Blattgebilden und Knospen entlehnte hinzu, ſo iſt das zungenförmige Deckblatt (Bractee) zu erwähnen, welches an ſeiner unteren Hälfte von dem gemeinſamen Blüthenſtiele durchzogen iſt (1.); daß die Knospe äußerlich immer nur 2 Schuppen ſichtbar werden läßt (S. 167 und daſ. Fig. XXV.) und daß
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Das Lindennüßchen (LXXXI. 7.) iſt ganz allein der freigewordene
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mitwirkenden drei freien Genoſſenkreiſen, welche nach Erfüllung ihrer
Aufgabe von dem Schauplatze gemeinſamen Wirkens abgetreten ſind. Wir
ſehen dieſe LXXXI. 2. und 3.: 5 freie, d. h. unter ſich und mit den
weiter innenſtehenden Blüthentheilen unverbundene Kelchblätter, dieſen
folgen 5 ebenfalls freie Kronenblätter und unmittelbar um das Piſtill
drängen ſich die zahlreichen ebenfalls freien Staubgefäße.
Alle dieſe Blüthentheile ſtehen dicht zuſammengedrängt auf dem kleinen
knopfförmigen Endpunkte des Blüthenſtiels (7.), einem Fruchtboden
(Thalamus) von der kleinſten Ausdehnung, und auf welchem zuletzt nur
die Frucht ſtehen bleibt, ihm nun erſt die volle Berechtigung ſeines Namens
gebend. L. Reichenbach nennt daher die Familien der höchſten Rang-
ordnung, ſie als Klaſſe zuſammenfaſſend, Thalamanthen, Fruchtboden-
blüthige.
Alle Lindenarten, deren namentlich in Nordamerika einige weitere
Arten zu unſeren deutſchen hinzukommen, ſtimmen in folgendem Gattungs-
charakter überein.
Der Kelch beſteht aus kahnförmigen ſchmalen und die Krone aus
5 faſt gleichgeſtalteten Blättern, welche an ihrem Grunde eine kleine
Schuppe tragen oder ohne dieſe ſind; die Staubgefäße ſind von einer
unbeſtimmten anſehnlichen Zahl am Grunde des 1 Stempels eingefügt,
welcher einen kugeligen fünffächerigen Fruchtknoten hat, in deſſen Fächern
ſtets je 2 Samenknospen liegen (4. 5.), aus denen allen aber in der
Regel nur 1 oder 2 Samen ſich bilden, indem die anderen Fächer mit
ihren Samenknospen fehlſchlagen und beſeitigt werden, ſo daß das reife
Lindennüßchen meiſt blos 1 Samen enthält; die Narbe iſt kurz fünfſtrahlig
(6.). Die Samenlappen der Keimpflanze (bei keinem andern unſerer
Bäume vorkommend!) handförmig zerſchlitzt (11.).
Fügen wir dieſen zur ſyſtematiſchen Unterſcheidung der Gattung aus-
reichenden Merkmalen noch einige andere von den Blattgebilden und
Knospen entlehnte hinzu, ſo iſt das zungenförmige Deckblatt (Bractee)
zu erwähnen, welches an ſeiner unteren Hälfte von dem gemeinſamen
Blüthenſtiele durchzogen iſt (1.); daß die Knospe äußerlich immer nur
2 Schuppen ſichtbar werden läßt (S. 167 und daſ. Fig. XXV.) und daß
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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 537. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/591>, abgerufen am 22.12.2024.
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