Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

Bild:
<< vorherige Seite

in Ungarn und Siebenbürgen zu Hause ist, gehalten werden, wie es zuerst
gewissermaßen officiell von Willdenow geschehen ist, weshalb P. canes-
cens Willd.
gleichbedeutend mit P. alba varietas ist. Die echte Grau-
pappel unterscheidet sich von der Silberpappel hinsichtlich der vorzugsweise
maßgebenden Blüthenmerkmale dadurch, daß bei ihr die beiden Narben
nicht blos zweitheilig wie bei der Espe und Silberpappel, sondern drei-
bis viertheilig gespalten sind. Die Blätter sind unten nicht so entschieden
weißfilzig, sondern nur leicht mit einem graulichen Haarfilz bedeckt. Sie
sind von einem im Allgemeinen eirunden Umriß und am Rande buchtig
oder eckig gezähnt und weniger eigentlich gelappt, als es die Blätter der
Silberpappel sind. Die Rinde des Stammes ist glatter.

Ohne Zweifel wird zuweilen die Silberpappel mit der Graupappel
verwechselt, da die erstere bis Ende Mai ganz die Blätter der letzteren
und erst von da an drei- bis fünflappige unten weißfilzige Blätter treibt.

17. Die Schwarzpappel, Populus nigra L.

Um die Ehre ein Baum erster Größe zu sein streitet mit der Silber-
pappel die Schwarzpappel nicht ohne Erfolg und hat vor jener noch den
Charakter einer schlichten Großartigkeit voraus.

Wenn sie wie alle Pappeln lange vor dem Ausbruch des Laubes
blüht, so hat der männliche Baum in dem leuchtenden Roth der noch ge-
schlossenen Staubbeutel seiner bis 3 Zoll langen Kätzchen einen von den
kleinen, wie bei den vorigen strahlig zerschlissenen, Deckschuppen nicht
beeinträchtigten Schmuck, welcher sich besonders in den obersten Verzwei-
gungen der Krone vertheilt findet. Die männlichen Blüthchen der Schwarz-
pappel, die man zur Blüthezeit in Menge, durch ihre Farbe in das Auge
fallend, unter dem Baume liegen sieht, sind durch ihre Größe am besten
geeignet, den Bau der Pappelblüthe kennen zu lernen. Auf der Fläche
eines fast pilz- oder schirmartig gestalteten Trägers stehen die zahlreichen,
bis 20 und mehr, Staubbeutel gleichmäßig vertheilt auf ziemlich langen
und haarfeinen Staubfäden. Die weiblichen Kätzchen haben eine grüne
Farbe und lassen bei der Reife aus den leierförmig aufspringenden Kapseln
eine reiche Fülle blendend weißer Samenwolle hervorquellen, welche mit
den kleinen Samen, denen sie anhaftet, großentheils noch eingeschlossen in

Roßmäßler, der Wald. 29

in Ungarn und Siebenbürgen zu Hauſe iſt, gehalten werden, wie es zuerſt
gewiſſermaßen officiell von Willdenow geſchehen iſt, weshalb P. canes-
cens Willd.
gleichbedeutend mit P. alba varietas iſt. Die echte Grau-
pappel unterſcheidet ſich von der Silberpappel hinſichtlich der vorzugsweiſe
maßgebenden Blüthenmerkmale dadurch, daß bei ihr die beiden Narben
nicht blos zweitheilig wie bei der Espe und Silberpappel, ſondern drei-
bis viertheilig geſpalten ſind. Die Blätter ſind unten nicht ſo entſchieden
weißfilzig, ſondern nur leicht mit einem graulichen Haarfilz bedeckt. Sie
ſind von einem im Allgemeinen eirunden Umriß und am Rande buchtig
oder eckig gezähnt und weniger eigentlich gelappt, als es die Blätter der
Silberpappel ſind. Die Rinde des Stammes iſt glatter.

Ohne Zweifel wird zuweilen die Silberpappel mit der Graupappel
verwechſelt, da die erſtere bis Ende Mai ganz die Blätter der letzteren
und erſt von da an drei- bis fünflappige unten weißfilzige Blätter treibt.

17. Die Schwarzpappel, Populus nigra L.

Um die Ehre ein Baum erſter Größe zu ſein ſtreitet mit der Silber-
pappel die Schwarzpappel nicht ohne Erfolg und hat vor jener noch den
Charakter einer ſchlichten Großartigkeit voraus.

Wenn ſie wie alle Pappeln lange vor dem Ausbruch des Laubes
blüht, ſo hat der männliche Baum in dem leuchtenden Roth der noch ge-
ſchloſſenen Staubbeutel ſeiner bis 3 Zoll langen Kätzchen einen von den
kleinen, wie bei den vorigen ſtrahlig zerſchliſſenen, Deckſchuppen nicht
beeinträchtigten Schmuck, welcher ſich beſonders in den oberſten Verzwei-
gungen der Krone vertheilt findet. Die männlichen Blüthchen der Schwarz-
pappel, die man zur Blüthezeit in Menge, durch ihre Farbe in das Auge
fallend, unter dem Baume liegen ſieht, ſind durch ihre Größe am beſten
geeignet, den Bau der Pappelblüthe kennen zu lernen. Auf der Fläche
eines faſt pilz- oder ſchirmartig geſtalteten Trägers ſtehen die zahlreichen,
bis 20 und mehr, Staubbeutel gleichmäßig vertheilt auf ziemlich langen
und haarfeinen Staubfäden. Die weiblichen Kätzchen haben eine grüne
Farbe und laſſen bei der Reife aus den leierförmig aufſpringenden Kapſeln
eine reiche Fülle blendend weißer Samenwolle hervorquellen, welche mit
den kleinen Samen, denen ſie anhaftet, großentheils noch eingeſchloſſen in

Roßmäßler, der Wald. 29
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0495" n="449"/>
in Ungarn und Siebenbürgen zu Hau&#x017F;e i&#x017F;t, gehalten werden, wie es zuer&#x017F;t<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;ermaßen officiell von <hi rendition="#g">Willdenow</hi> ge&#x017F;chehen i&#x017F;t, weshalb <hi rendition="#aq">P. canes-<lb/>
cens Willd.</hi> gleichbedeutend mit <hi rendition="#aq">P. alba varietas</hi> i&#x017F;t. Die echte Grau-<lb/>
pappel unter&#x017F;cheidet &#x017F;ich von der Silberpappel hin&#x017F;ichtlich der vorzugswei&#x017F;e<lb/>
maßgebenden Blüthenmerkmale dadurch, daß bei ihr die beiden Narben<lb/>
nicht blos zweitheilig wie bei der Espe und Silberpappel, &#x017F;ondern drei-<lb/>
bis viertheilig ge&#x017F;palten &#x017F;ind. Die Blätter &#x017F;ind unten nicht &#x017F;o ent&#x017F;chieden<lb/>
weißfilzig, &#x017F;ondern nur leicht mit einem graulichen Haarfilz bedeckt. Sie<lb/>
&#x017F;ind von einem im Allgemeinen eirunden Umriß und am Rande buchtig<lb/>
oder eckig gezähnt und weniger eigentlich gelappt, als es die Blätter der<lb/>
Silberpappel &#x017F;ind. Die Rinde des Stammes i&#x017F;t glatter.</p><lb/>
              <p>Ohne Zweifel wird zuweilen die Silberpappel mit der Graupappel<lb/>
verwech&#x017F;elt, da die er&#x017F;tere bis Ende Mai ganz die Blätter der letzteren<lb/>
und <hi rendition="#g">er&#x017F;t von da an</hi> drei- bis fünflappige unten weißfilzige Blätter treibt.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">17. Die Schwarzpappel, <hi rendition="#aq">Populus nigra L.</hi></hi> </head><lb/>
              <p>Um die Ehre ein Baum er&#x017F;ter Größe zu &#x017F;ein &#x017F;treitet mit der Silber-<lb/>
pappel die Schwarzpappel nicht ohne Erfolg und hat vor jener noch den<lb/>
Charakter einer &#x017F;chlichten Großartigkeit voraus.</p><lb/>
              <p>Wenn &#x017F;ie wie alle Pappeln lange vor dem Ausbruch des Laubes<lb/>
blüht, &#x017F;o hat der männliche Baum in dem leuchtenden Roth der noch ge-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Staubbeutel &#x017F;einer bis 3 Zoll langen <hi rendition="#g">Kätzchen</hi> einen von den<lb/>
kleinen, wie bei den vorigen &#x017F;trahlig zer&#x017F;chli&#x017F;&#x017F;enen, Deck&#x017F;chuppen nicht<lb/>
beeinträchtigten Schmuck, welcher &#x017F;ich be&#x017F;onders in den ober&#x017F;ten Verzwei-<lb/>
gungen der Krone vertheilt findet. Die männlichen Blüthchen der Schwarz-<lb/>
pappel, die man zur Blüthezeit in Menge, durch ihre Farbe in das Auge<lb/>
fallend, unter dem Baume liegen &#x017F;ieht, &#x017F;ind durch ihre Größe am be&#x017F;ten<lb/>
geeignet, den Bau der Pappelblüthe kennen zu lernen. Auf der Fläche<lb/>
eines fa&#x017F;t pilz- oder &#x017F;chirmartig ge&#x017F;talteten Trägers &#x017F;tehen die zahlreichen,<lb/>
bis 20 und mehr, Staubbeutel gleichmäßig vertheilt auf ziemlich langen<lb/>
und haarfeinen Staubfäden. Die weiblichen Kätzchen haben eine grüne<lb/>
Farbe und la&#x017F;&#x017F;en bei der Reife aus den leierförmig auf&#x017F;pringenden Kap&#x017F;eln<lb/>
eine reiche Fülle blendend weißer Samenwolle hervorquellen, welche mit<lb/>
den kleinen Samen, denen &#x017F;ie anhaftet, großentheils noch einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en in<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Roßmäßler, der Wald. 29</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[449/0495] in Ungarn und Siebenbürgen zu Hauſe iſt, gehalten werden, wie es zuerſt gewiſſermaßen officiell von Willdenow geſchehen iſt, weshalb P. canes- cens Willd. gleichbedeutend mit P. alba varietas iſt. Die echte Grau- pappel unterſcheidet ſich von der Silberpappel hinſichtlich der vorzugsweiſe maßgebenden Blüthenmerkmale dadurch, daß bei ihr die beiden Narben nicht blos zweitheilig wie bei der Espe und Silberpappel, ſondern drei- bis viertheilig geſpalten ſind. Die Blätter ſind unten nicht ſo entſchieden weißfilzig, ſondern nur leicht mit einem graulichen Haarfilz bedeckt. Sie ſind von einem im Allgemeinen eirunden Umriß und am Rande buchtig oder eckig gezähnt und weniger eigentlich gelappt, als es die Blätter der Silberpappel ſind. Die Rinde des Stammes iſt glatter. Ohne Zweifel wird zuweilen die Silberpappel mit der Graupappel verwechſelt, da die erſtere bis Ende Mai ganz die Blätter der letzteren und erſt von da an drei- bis fünflappige unten weißfilzige Blätter treibt. 17. Die Schwarzpappel, Populus nigra L. Um die Ehre ein Baum erſter Größe zu ſein ſtreitet mit der Silber- pappel die Schwarzpappel nicht ohne Erfolg und hat vor jener noch den Charakter einer ſchlichten Großartigkeit voraus. Wenn ſie wie alle Pappeln lange vor dem Ausbruch des Laubes blüht, ſo hat der männliche Baum in dem leuchtenden Roth der noch ge- ſchloſſenen Staubbeutel ſeiner bis 3 Zoll langen Kätzchen einen von den kleinen, wie bei den vorigen ſtrahlig zerſchliſſenen, Deckſchuppen nicht beeinträchtigten Schmuck, welcher ſich beſonders in den oberſten Verzwei- gungen der Krone vertheilt findet. Die männlichen Blüthchen der Schwarz- pappel, die man zur Blüthezeit in Menge, durch ihre Farbe in das Auge fallend, unter dem Baume liegen ſieht, ſind durch ihre Größe am beſten geeignet, den Bau der Pappelblüthe kennen zu lernen. Auf der Fläche eines faſt pilz- oder ſchirmartig geſtalteten Trägers ſtehen die zahlreichen, bis 20 und mehr, Staubbeutel gleichmäßig vertheilt auf ziemlich langen und haarfeinen Staubfäden. Die weiblichen Kätzchen haben eine grüne Farbe und laſſen bei der Reife aus den leierförmig aufſpringenden Kapſeln eine reiche Fülle blendend weißer Samenwolle hervorquellen, welche mit den kleinen Samen, denen ſie anhaftet, großentheils noch eingeſchloſſen in Roßmäßler, der Wald. 29

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/495
Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 449. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/495>, abgerufen am 21.11.2024.