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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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letzteren Falle die Blüthen zu einem oft sehr monströsen Gebilde ver-
wandelt sind.

Bei Celosia cristata, welche wohl ziemlich allgemein in Deutschland
Hahnenkamm genannt wird, möchte es fast scheinen, als sei die Ver-
bänderung Regel, da man nur selten unverbänderte Exemplare findet.
Nicht blos der Stengel der einjährigen Pflanze ist wenigstens an seiner
oberen Hälfte breit verbändert, sondern namentlich ist die Spitze desselben
in ein breites an seiner oberen Linie wellenförmig hin und her ge-
bogenes, an den Kamm eines Hahnes erinnerndes Gebilde verbändert,
an welchem dicht gedrängt kurz gestielte Blüthchen stehen, die allmälig
nach oben hin verschwinden und wie sie selbst purpurroth gefärbten,
linienförmigen Deckblättchen Platz machen, welche wie das Vogelgefieder
nach einer Richtung dicht zusammengeschlichtet sind.

Die Verbänderung blüthenloser Triebe finden wir natürlich vorzugs-
weise bei den Bäumen, und zwar am häufigsten bei der Esche, Fichte
und Kiefer, jedoch auch bei andern Bäumen und Sträuchern. Da bei
den Nadelhölzern die Blätter bekanntlich in sehr regelmäßigen Schrauben-
linien stehen, so kann man namentlich an ihren Verbänderungen deutlich
sehen, daß durch die Verbänderung die regelmäßige Anordnung der
Blätter gestört wird. Es ist bis jetzt nur ein einziger Fall bekannt,
in welchem die Verbänderung eine regelmäßige Blattstellung gezeigt hat.
Er wird von B. A. de Jussieu erwähnt und fand sich an einem
Exemplare des sichelblättrigen Hasenohres (Bupleurum falcatum), einem
Doldengewächse. Während bei dieser Pflanze an den normalen Stengeln
die Blätter sehr vereinzelt stehen, obgleich in der That in einer weit-
läuftigen Spirale, so standen sie an der Verbänderung in regelmäßigen
Quirlen.

An den Verbänderungen der drei genannten Bäume bemerkt man
gewöhnlich einen gewissen hastigen Drang der Bildung, der sich dadurch
ausspricht, daß dieselben an der Spitze während des Wachsthums zu-
weilen zerreißen und sich in diesem Falle, oft aber auch wenn sie nicht
zerreißen, einem Bischofsstabe ähnlich krümmen und zwar nicht nach der
Breite, sondern immer nach der schmalen Seite.

Wenn die Verbänderung das Erzeugniß einer Stengel- oder Zweig-
verwachsung wäre, so könnte sie sich nicht bei solchen Pflanzen finden,

letzteren Falle die Blüthen zu einem oft ſehr monſtröſen Gebilde ver-
wandelt ſind.

Bei Celosia cristata, welche wohl ziemlich allgemein in Deutſchland
Hahnenkamm genannt wird, möchte es faſt ſcheinen, als ſei die Ver-
bänderung Regel, da man nur ſelten unverbänderte Exemplare findet.
Nicht blos der Stengel der einjährigen Pflanze iſt wenigſtens an ſeiner
oberen Hälfte breit verbändert, ſondern namentlich iſt die Spitze deſſelben
in ein breites an ſeiner oberen Linie wellenförmig hin und her ge-
bogenes, an den Kamm eines Hahnes erinnerndes Gebilde verbändert,
an welchem dicht gedrängt kurz geſtielte Blüthchen ſtehen, die allmälig
nach oben hin verſchwinden und wie ſie ſelbſt purpurroth gefärbten,
linienförmigen Deckblättchen Platz machen, welche wie das Vogelgefieder
nach einer Richtung dicht zuſammengeſchlichtet ſind.

Die Verbänderung blüthenloſer Triebe finden wir natürlich vorzugs-
weiſe bei den Bäumen, und zwar am häufigſten bei der Eſche, Fichte
und Kiefer, jedoch auch bei andern Bäumen und Sträuchern. Da bei
den Nadelhölzern die Blätter bekanntlich in ſehr regelmäßigen Schrauben-
linien ſtehen, ſo kann man namentlich an ihren Verbänderungen deutlich
ſehen, daß durch die Verbänderung die regelmäßige Anordnung der
Blätter geſtört wird. Es iſt bis jetzt nur ein einziger Fall bekannt,
in welchem die Verbänderung eine regelmäßige Blattſtellung gezeigt hat.
Er wird von B. A. de Juſſieu erwähnt und fand ſich an einem
Exemplare des ſichelblättrigen Haſenohres (Bupleurum falcatum), einem
Doldengewächſe. Während bei dieſer Pflanze an den normalen Stengeln
die Blätter ſehr vereinzelt ſtehen, obgleich in der That in einer weit-
läuftigen Spirale, ſo ſtanden ſie an der Verbänderung in regelmäßigen
Quirlen.

An den Verbänderungen der drei genannten Bäume bemerkt man
gewöhnlich einen gewiſſen haſtigen Drang der Bildung, der ſich dadurch
ausſpricht, daß dieſelben an der Spitze während des Wachsthums zu-
weilen zerreißen und ſich in dieſem Falle, oft aber auch wenn ſie nicht
zerreißen, einem Biſchofsſtabe ähnlich krümmen und zwar nicht nach der
Breite, ſondern immer nach der ſchmalen Seite.

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verwachſung wäre, ſo könnte ſie ſich nicht bei ſolchen Pflanzen finden,

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[318/0348] letzteren Falle die Blüthen zu einem oft ſehr monſtröſen Gebilde ver- wandelt ſind. Bei Celosia cristata, welche wohl ziemlich allgemein in Deutſchland Hahnenkamm genannt wird, möchte es faſt ſcheinen, als ſei die Ver- bänderung Regel, da man nur ſelten unverbänderte Exemplare findet. Nicht blos der Stengel der einjährigen Pflanze iſt wenigſtens an ſeiner oberen Hälfte breit verbändert, ſondern namentlich iſt die Spitze deſſelben in ein breites an ſeiner oberen Linie wellenförmig hin und her ge- bogenes, an den Kamm eines Hahnes erinnerndes Gebilde verbändert, an welchem dicht gedrängt kurz geſtielte Blüthchen ſtehen, die allmälig nach oben hin verſchwinden und wie ſie ſelbſt purpurroth gefärbten, linienförmigen Deckblättchen Platz machen, welche wie das Vogelgefieder nach einer Richtung dicht zuſammengeſchlichtet ſind. Die Verbänderung blüthenloſer Triebe finden wir natürlich vorzugs- weiſe bei den Bäumen, und zwar am häufigſten bei der Eſche, Fichte und Kiefer, jedoch auch bei andern Bäumen und Sträuchern. Da bei den Nadelhölzern die Blätter bekanntlich in ſehr regelmäßigen Schrauben- linien ſtehen, ſo kann man namentlich an ihren Verbänderungen deutlich ſehen, daß durch die Verbänderung die regelmäßige Anordnung der Blätter geſtört wird. Es iſt bis jetzt nur ein einziger Fall bekannt, in welchem die Verbänderung eine regelmäßige Blattſtellung gezeigt hat. Er wird von B. A. de Juſſieu erwähnt und fand ſich an einem Exemplare des ſichelblättrigen Haſenohres (Bupleurum falcatum), einem Doldengewächſe. Während bei dieſer Pflanze an den normalen Stengeln die Blätter ſehr vereinzelt ſtehen, obgleich in der That in einer weit- läuftigen Spirale, ſo ſtanden ſie an der Verbänderung in regelmäßigen Quirlen. An den Verbänderungen der drei genannten Bäume bemerkt man gewöhnlich einen gewiſſen haſtigen Drang der Bildung, der ſich dadurch ausſpricht, daß dieſelben an der Spitze während des Wachsthums zu- weilen zerreißen und ſich in dieſem Falle, oft aber auch wenn ſie nicht zerreißen, einem Biſchofsſtabe ähnlich krümmen und zwar nicht nach der Breite, ſondern immer nach der ſchmalen Seite. Wenn die Verbänderung das Erzeugniß einer Stengel- oder Zweig- verwachſung wäre, ſo könnte ſie ſich nicht bei ſolchen Pflanzen finden,

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/348>, abgerufen am 06.06.2024.