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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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Hinsichtlich der Nadeln und der männlichen Blüthen scheinen sich
keine sicheren Unterscheidungsmerkmale darzubieten, wenn auch im Durch-
schnitt die Nadeln etwas kürzer sind und gedrängter stehen als bei der
gemeinen Kiefer. Das dichtere Beisammenstehen der Nadelpaare ist da-
durch begründet, daß überhaupt das Krummholz gedrungener in allen
seinen Verhältnissen ist, so daß auch die Triebe durchschnittlich kürzer,
dabei aber meist dicker und kräftiger sind.

Die Benennungen Krummholz, Knieholz und Legföhre, vielleicht selbst
Latsche, deuten schon an, daß der Habitus mehr der eines niedrigen,
selbst am Boden hingestreckten Strauches als der eines aufrechten Baumes
ist. Eine sehr verbreitete Meinung nimmt an, daß das Niederliegen der
bei 6, 8 Fuß Länge oft nur daumendicken Stämmchen nur die Wirkung
des lastenden Schnees der Hochgebirge sei. Dagegen läßt sich aber
geltend machen, daß z. B. im Oberhaslithale der Schweiz 4--5 Ellen
hohe, fast aufrecht stehende Bäumchen vorkommen, welche nach den an-
gegebenen charakteristischen Merkmalen unverkennbare Knieholzkiefern sind,
und daß andererseits aus dem Samen von Krummholzkiefern der Berg-
region auch in der Ebene nieder liegende Abkömmlinge erwachsen, woraus
deutlich hervorgeht, daß der gedrückte Habitus eine ursprüngliche Art-
eigenthümlichkeit und nicht die Folge mechanischen Schneedruckes sei. Ja
es ist mir sogar ein Fall bekannt, daß einzelne Krummholzkiefern, welche
durch Unreinheit des Samens in einer Saatkultur der Ebene mitten
unter gemeinen Kiefern erwachsen waren und die man durch beigesteckte
Pfähle in die Höhe gebunden hatte, dennoch an den fortwachsenden Spitzen
sich abwärts zu richten strebten.

Das Holz der Krummholzkiefern zeichnet sich durch große Dichtigkeit
und Feinheit, fast immer sehr schmale Jahresringe und einen lebhaft
braunrothen Kern aus. Seine Verwendung zu Drechslerarbeiten und
Schnitzereien, von denen jeder Reisende aus dem Bereiche des Riesen-
gebirges einige Andenken mit heim nimmt, ist bekannt genug. Wenn
auch die Bewohner der Knieholzregion, wie man bekanntlich nach diesem
obersten Vorposten der Baumwelt diese Höhenstufe benennt, mit ihrem
Holzbedürfniß zum Theil an dasselbe gewiesen sind, so hat es doch einen
noch größeren Werth dadurch, daß es durch sein dichtes Geflecht der

Hinſichtlich der Nadeln und der männlichen Blüthen ſcheinen ſich
keine ſicheren Unterſcheidungsmerkmale darzubieten, wenn auch im Durch-
ſchnitt die Nadeln etwas kürzer ſind und gedrängter ſtehen als bei der
gemeinen Kiefer. Das dichtere Beiſammenſtehen der Nadelpaare iſt da-
durch begründet, daß überhaupt das Krummholz gedrungener in allen
ſeinen Verhältniſſen iſt, ſo daß auch die Triebe durchſchnittlich kürzer,
dabei aber meiſt dicker und kräftiger ſind.

Die Benennungen Krummholz, Knieholz und Legföhre, vielleicht ſelbſt
Latſche, deuten ſchon an, daß der Habitus mehr der eines niedrigen,
ſelbſt am Boden hingeſtreckten Strauches als der eines aufrechten Baumes
iſt. Eine ſehr verbreitete Meinung nimmt an, daß das Niederliegen der
bei 6, 8 Fuß Länge oft nur daumendicken Stämmchen nur die Wirkung
des laſtenden Schnees der Hochgebirge ſei. Dagegen läßt ſich aber
geltend machen, daß z. B. im Oberhaslithale der Schweiz 4—5 Ellen
hohe, faſt aufrecht ſtehende Bäumchen vorkommen, welche nach den an-
gegebenen charakteriſtiſchen Merkmalen unverkennbare Knieholzkiefern ſind,
und daß andererſeits aus dem Samen von Krummholzkiefern der Berg-
region auch in der Ebene nieder liegende Abkömmlinge erwachſen, woraus
deutlich hervorgeht, daß der gedrückte Habitus eine urſprüngliche Art-
eigenthümlichkeit und nicht die Folge mechaniſchen Schneedruckes ſei. Ja
es iſt mir ſogar ein Fall bekannt, daß einzelne Krummholzkiefern, welche
durch Unreinheit des Samens in einer Saatkultur der Ebene mitten
unter gemeinen Kiefern erwachſen waren und die man durch beigeſteckte
Pfähle in die Höhe gebunden hatte, dennoch an den fortwachſenden Spitzen
ſich abwärts zu richten ſtrebten.

Das Holz der Krummholzkiefern zeichnet ſich durch große Dichtigkeit
und Feinheit, faſt immer ſehr ſchmale Jahresringe und einen lebhaft
braunrothen Kern aus. Seine Verwendung zu Drechslerarbeiten und
Schnitzereien, von denen jeder Reiſende aus dem Bereiche des Rieſen-
gebirges einige Andenken mit heim nimmt, iſt bekannt genug. Wenn
auch die Bewohner der Knieholzregion, wie man bekanntlich nach dieſem
oberſten Vorpoſten der Baumwelt dieſe Höhenſtufe benennt, mit ihrem
Holzbedürfniß zum Theil an daſſelbe gewieſen ſind, ſo hat es doch einen
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[296/0322] Hinſichtlich der Nadeln und der männlichen Blüthen ſcheinen ſich keine ſicheren Unterſcheidungsmerkmale darzubieten, wenn auch im Durch- ſchnitt die Nadeln etwas kürzer ſind und gedrängter ſtehen als bei der gemeinen Kiefer. Das dichtere Beiſammenſtehen der Nadelpaare iſt da- durch begründet, daß überhaupt das Krummholz gedrungener in allen ſeinen Verhältniſſen iſt, ſo daß auch die Triebe durchſchnittlich kürzer, dabei aber meiſt dicker und kräftiger ſind. Die Benennungen Krummholz, Knieholz und Legföhre, vielleicht ſelbſt Latſche, deuten ſchon an, daß der Habitus mehr der eines niedrigen, ſelbſt am Boden hingeſtreckten Strauches als der eines aufrechten Baumes iſt. Eine ſehr verbreitete Meinung nimmt an, daß das Niederliegen der bei 6, 8 Fuß Länge oft nur daumendicken Stämmchen nur die Wirkung des laſtenden Schnees der Hochgebirge ſei. Dagegen läßt ſich aber geltend machen, daß z. B. im Oberhaslithale der Schweiz 4—5 Ellen hohe, faſt aufrecht ſtehende Bäumchen vorkommen, welche nach den an- gegebenen charakteriſtiſchen Merkmalen unverkennbare Knieholzkiefern ſind, und daß andererſeits aus dem Samen von Krummholzkiefern der Berg- region auch in der Ebene nieder liegende Abkömmlinge erwachſen, woraus deutlich hervorgeht, daß der gedrückte Habitus eine urſprüngliche Art- eigenthümlichkeit und nicht die Folge mechaniſchen Schneedruckes ſei. Ja es iſt mir ſogar ein Fall bekannt, daß einzelne Krummholzkiefern, welche durch Unreinheit des Samens in einer Saatkultur der Ebene mitten unter gemeinen Kiefern erwachſen waren und die man durch beigeſteckte Pfähle in die Höhe gebunden hatte, dennoch an den fortwachſenden Spitzen ſich abwärts zu richten ſtrebten. Das Holz der Krummholzkiefern zeichnet ſich durch große Dichtigkeit und Feinheit, faſt immer ſehr ſchmale Jahresringe und einen lebhaft braunrothen Kern aus. Seine Verwendung zu Drechslerarbeiten und Schnitzereien, von denen jeder Reiſende aus dem Bereiche des Rieſen- gebirges einige Andenken mit heim nimmt, iſt bekannt genug. Wenn auch die Bewohner der Knieholzregion, wie man bekanntlich nach dieſem oberſten Vorpoſten der Baumwelt dieſe Höhenſtufe benennt, mit ihrem Holzbedürfniß zum Theil an daſſelbe gewieſen ſind, ſo hat es doch einen noch größeren Werth dadurch, daß es durch ſein dichtes Geflecht der

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/322>, abgerufen am 24.11.2024.