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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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Am meisten verschieden zeigen sich die ausgewachsenen Zapfen (3. 4.),
welche, wenn sie reif sind, eine grünlich-ochergelbe Farbe und stark
angeschwollene Schilder mit großem, hell-kaffeebraunem Nabel haben, der
eine deutliche kurze Spitze in seiner Mitte hat. Die Zapfen der Schwarz-
kiefer sind stets länger und gekrümmter als die der gemeinen. Die
Samen sind größer, heller, dunkelbraun marmorirt und haben einen
längeren stumpfen, mehr oder weniger stark dunkelbraun gestreiften Flügel
(7. 8. 9.). Bei uns sind die meisten Samen dieser Kiefer taub und
dann hellgelblich und hohl.

Die bei der gemeinen Kiefer gegebene Erklärung des Nadelpaares
als ein Kurztrieb ist namentlich bei der Schwarzkiefer deutlich nachzu-
weisen, weil bei ihr das eigentliche häutige Blättchen sehr bedeutend
entwickelt, rostroth gefärbt ist und meist länger stehen bleibt als an der
gemeinen (2.).

Da diese Kiefer in allen Theilen kräftiger als die gemeine ist, so
hat sie auch kräftigere Keimpflänzchen mit stärkeren Keimnadeln
(Samenlappen).

Wie schon die eine ihrer Benennungen anzeigt, so ist ihr ursprüng-
liches Vaterland das Erzherzogthum Oestreich, von wo aus sie
namentlich durch die Empfehlung von Feistmantel in die nördlich
gelegenen deutschen Waldungen eingeführt worden ist, ohne jedoch dadurch
bereits zum mittel- und norddeutschen Waldbaume geworden zu sein.
Durch den starken Nadelfall wirkt die Schwarzföhre außerordentlich boden-
verbessernd, und vermag sich dadurch selbst den dolomitischen Felsboden,
ihren hauptsächlichsten Standort, gedeihlich zu machen. Sie greift mit
tiefgehenden Wurzeln in diesen so fest ein, daß sie trotz ihrer dicht-
benadelten, breiten Krone den Stürmen Trotz bieten kann. Unter
günstigen Verhältnissen erreicht die Schwarzföhre eine Höhe von 80 bis
90 und in Brusthöhe eine Stärke von 3 bis 4 Fuß und wird in ge-
schützten Berglagen 500--600 Jahr alt. Wenn sie auch in der Jugend
einen dichten Schluß verträgt, so stellt sie sich dennoch in höherem Alter
noch lichter als die gemeine Kiefer.

Wessely sagt, daß am niederöstreichischen Alpenfuße, wo sie über-
haupt allein in Deutschland wildwachsend und herrschend vorkommt, etwa
20,000 Joch reiner Bestände von ihr gebildet werden, so daß sie der

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Am meiſten verſchieden zeigen ſich die ausgewachſenen Zapfen (3. 4.),
welche, wenn ſie reif ſind, eine grünlich-ochergelbe Farbe und ſtark
angeſchwollene Schilder mit großem, hell-kaffeebraunem Nabel haben, der
eine deutliche kurze Spitze in ſeiner Mitte hat. Die Zapfen der Schwarz-
kiefer ſind ſtets länger und gekrümmter als die der gemeinen. Die
Samen ſind größer, heller, dunkelbraun marmorirt und haben einen
längeren ſtumpfen, mehr oder weniger ſtark dunkelbraun geſtreiften Flügel
(7. 8. 9.). Bei uns ſind die meiſten Samen dieſer Kiefer taub und
dann hellgelblich und hohl.

Die bei der gemeinen Kiefer gegebene Erklärung des Nadelpaares
als ein Kurztrieb iſt namentlich bei der Schwarzkiefer deutlich nachzu-
weiſen, weil bei ihr das eigentliche häutige Blättchen ſehr bedeutend
entwickelt, roſtroth gefärbt iſt und meiſt länger ſtehen bleibt als an der
gemeinen (2.).

Da dieſe Kiefer in allen Theilen kräftiger als die gemeine iſt, ſo
hat ſie auch kräftigere Keimpflänzchen mit ſtärkeren Keimnadeln
(Samenlappen).

Wie ſchon die eine ihrer Benennungen anzeigt, ſo iſt ihr urſprüng-
liches Vaterland das Erzherzogthum Oeſtreich, von wo aus ſie
namentlich durch die Empfehlung von Feiſtmantel in die nördlich
gelegenen deutſchen Waldungen eingeführt worden iſt, ohne jedoch dadurch
bereits zum mittel- und norddeutſchen Waldbaume geworden zu ſein.
Durch den ſtarken Nadelfall wirkt die Schwarzföhre außerordentlich boden-
verbeſſernd, und vermag ſich dadurch ſelbſt den dolomitiſchen Felsboden,
ihren hauptſächlichſten Standort, gedeihlich zu machen. Sie greift mit
tiefgehenden Wurzeln in dieſen ſo feſt ein, daß ſie trotz ihrer dicht-
benadelten, breiten Krone den Stürmen Trotz bieten kann. Unter
günſtigen Verhältniſſen erreicht die Schwarzföhre eine Höhe von 80 bis
90 und in Bruſthöhe eine Stärke von 3 bis 4 Fuß und wird in ge-
ſchützten Berglagen 500—600 Jahr alt. Wenn ſie auch in der Jugend
einen dichten Schluß verträgt, ſo ſtellt ſie ſich dennoch in höherem Alter
noch lichter als die gemeine Kiefer.

Weſſely ſagt, daß am niederöſtreichiſchen Alpenfuße, wo ſie über-
haupt allein in Deutſchland wildwachſend und herrſchend vorkommt, etwa
20,000 Joch reiner Beſtände von ihr gebildet werden, ſo daß ſie der

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[291/0317] Am meiſten verſchieden zeigen ſich die ausgewachſenen Zapfen (3. 4.), welche, wenn ſie reif ſind, eine grünlich-ochergelbe Farbe und ſtark angeſchwollene Schilder mit großem, hell-kaffeebraunem Nabel haben, der eine deutliche kurze Spitze in ſeiner Mitte hat. Die Zapfen der Schwarz- kiefer ſind ſtets länger und gekrümmter als die der gemeinen. Die Samen ſind größer, heller, dunkelbraun marmorirt und haben einen längeren ſtumpfen, mehr oder weniger ſtark dunkelbraun geſtreiften Flügel (7. 8. 9.). Bei uns ſind die meiſten Samen dieſer Kiefer taub und dann hellgelblich und hohl. Die bei der gemeinen Kiefer gegebene Erklärung des Nadelpaares als ein Kurztrieb iſt namentlich bei der Schwarzkiefer deutlich nachzu- weiſen, weil bei ihr das eigentliche häutige Blättchen ſehr bedeutend entwickelt, roſtroth gefärbt iſt und meiſt länger ſtehen bleibt als an der gemeinen (2.). Da dieſe Kiefer in allen Theilen kräftiger als die gemeine iſt, ſo hat ſie auch kräftigere Keimpflänzchen mit ſtärkeren Keimnadeln (Samenlappen). Wie ſchon die eine ihrer Benennungen anzeigt, ſo iſt ihr urſprüng- liches Vaterland das Erzherzogthum Oeſtreich, von wo aus ſie namentlich durch die Empfehlung von Feiſtmantel in die nördlich gelegenen deutſchen Waldungen eingeführt worden iſt, ohne jedoch dadurch bereits zum mittel- und norddeutſchen Waldbaume geworden zu ſein. Durch den ſtarken Nadelfall wirkt die Schwarzföhre außerordentlich boden- verbeſſernd, und vermag ſich dadurch ſelbſt den dolomitiſchen Felsboden, ihren hauptſächlichſten Standort, gedeihlich zu machen. Sie greift mit tiefgehenden Wurzeln in dieſen ſo feſt ein, daß ſie trotz ihrer dicht- benadelten, breiten Krone den Stürmen Trotz bieten kann. Unter günſtigen Verhältniſſen erreicht die Schwarzföhre eine Höhe von 80 bis 90 und in Bruſthöhe eine Stärke von 3 bis 4 Fuß und wird in ge- ſchützten Berglagen 500—600 Jahr alt. Wenn ſie auch in der Jugend einen dichten Schluß verträgt, ſo ſtellt ſie ſich dennoch in höherem Alter noch lichter als die gemeine Kiefer. Weſſely ſagt, daß am niederöſtreichiſchen Alpenfuße, wo ſie über- haupt allein in Deutſchland wildwachſend und herrſchend vorkommt, etwa 20,000 Joch reiner Beſtände von ihr gebildet werden, ſo daß ſie der 19*

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/317>, abgerufen am 06.06.2024.