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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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verdichtet und also geeigneter wird, die Endosmose, die Wasseraufnahme
aus dem Boden, einzuleiten.

Die sich hierbei von selbst aufdrängende Frage, ob hierbei die Pflanze
nicht genöthigt sei, alles Mögliche unfreiwillig aufzunehmen, hat natürlich
alsbald zu Proben veranlaßt, deren Ergebnisse noch zu keiner allgemein
angenommenen Entscheidung der Frage geführt haben; jedoch sprechen sehr
viele Beobachtungen dafür, daß die Wurzel gleichzeitig in dem ihr darge-
botenen Wasser gelöste Stoffe nicht in gleichem Mengenverhältniß auf-
nimmt, mithin mit einer gewissen Auswahl zu verfahren scheint.

Nicht weniger legt sich uns die Frage nahe, ob die Pflanzenwurzel,
wenn die Endosmose die die Wurzeleinsaugung vermittelnde Kraft sein
soll, dann nicht auch nothwendig Etwas in den Boden ausscheiden müsse.
Nach dem Gesetz von Dutrochet muß dieses allerdings folgerichtig ange-
nommen werden und diese Wurzelausscheidung würde nach Dutrochet
Exosmose
zu nennen sein, denn diese Bezeichnung giebt er der zweiten
Hälfte der Erscheinung, dem Austreten der dichteren Flüssigkeit, während
unter Endosmose von ihm das Eintreten der dünneren im engeren Sinne
verstanden wird. Auch hierüber ist durch Experimente viel und lange
beobachtet worden, mit theils bejahenden, theils verneinenden Resultaten.
In neuester Zeit wird namentlich durch Liebig die Ansicht verfochten,
daß durch Wurzelausscheidung sich die Pflanze die Stoffe des Bodens vor
deren Aufnahme gewissermaßen erst chemisch zubereite, was nicht anders
als durch Exosmose geschehen kann.

Aus alledem möge für uns hier so viel hervorgehen, daß die Pflanzen-
ernährung sozusagen ein viel feinerer, mit viel einfacheren Stoffen ver-
fahrender Vorgang sei, als die Ernährung der Thiere. Was wir in
diesem Buche hierüber noch weiter aufnehmen dürfen, ohne zu tief in
die Pflanzenphysiologie uns zu versenken, soll auf den folgenden Seiten
gehörigen Ortes eingeschaltet werden.

Bis zum eintretenden Frost ist nun unsere Samenpflanze je nach
der Gunst des Bodens und der Witterung mehr oder weniger kräftig
herangewachsen und hat sich durch Knospenbildung das Wiedererwachen
und Fortwachsen im kommenden Jahre gesichert.

Auf die Gestalt des jungen Bäumchens hat namentlich auch dessen
Umgebung einen großen Einfluß, ob diese entweder durch "verdämmende"

verdichtet und alſo geeigneter wird, die Endosmoſe, die Waſſeraufnahme
aus dem Boden, einzuleiten.

Die ſich hierbei von ſelbſt aufdrängende Frage, ob hierbei die Pflanze
nicht genöthigt ſei, alles Mögliche unfreiwillig aufzunehmen, hat natürlich
alsbald zu Proben veranlaßt, deren Ergebniſſe noch zu keiner allgemein
angenommenen Entſcheidung der Frage geführt haben; jedoch ſprechen ſehr
viele Beobachtungen dafür, daß die Wurzel gleichzeitig in dem ihr darge-
botenen Waſſer gelöſte Stoffe nicht in gleichem Mengenverhältniß auf-
nimmt, mithin mit einer gewiſſen Auswahl zu verfahren ſcheint.

Nicht weniger legt ſich uns die Frage nahe, ob die Pflanzenwurzel,
wenn die Endosmoſe die die Wurzeleinſaugung vermittelnde Kraft ſein
ſoll, dann nicht auch nothwendig Etwas in den Boden ausſcheiden müſſe.
Nach dem Geſetz von Dutrochet muß dieſes allerdings folgerichtig ange-
nommen werden und dieſe Wurzelausſcheidung würde nach Dutrochet
Exosmoſe
zu nennen ſein, denn dieſe Bezeichnung giebt er der zweiten
Hälfte der Erſcheinung, dem Austreten der dichteren Flüſſigkeit, während
unter Endosmoſe von ihm das Eintreten der dünneren im engeren Sinne
verſtanden wird. Auch hierüber iſt durch Experimente viel und lange
beobachtet worden, mit theils bejahenden, theils verneinenden Reſultaten.
In neueſter Zeit wird namentlich durch Liebig die Anſicht verfochten,
daß durch Wurzelausſcheidung ſich die Pflanze die Stoffe des Bodens vor
deren Aufnahme gewiſſermaßen erſt chemiſch zubereite, was nicht anders
als durch Exosmoſe geſchehen kann.

Aus alledem möge für uns hier ſo viel hervorgehen, daß die Pflanzen-
ernährung ſozuſagen ein viel feinerer, mit viel einfacheren Stoffen ver-
fahrender Vorgang ſei, als die Ernährung der Thiere. Was wir in
dieſem Buche hierüber noch weiter aufnehmen dürfen, ohne zu tief in
die Pflanzenphyſiologie uns zu verſenken, ſoll auf den folgenden Seiten
gehörigen Ortes eingeſchaltet werden.

Bis zum eintretenden Froſt iſt nun unſere Samenpflanze je nach
der Gunſt des Bodens und der Witterung mehr oder weniger kräftig
herangewachſen und hat ſich durch Knospenbildung das Wiedererwachen
und Fortwachſen im kommenden Jahre geſichert.

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[153/0177] verdichtet und alſo geeigneter wird, die Endosmoſe, die Waſſeraufnahme aus dem Boden, einzuleiten. Die ſich hierbei von ſelbſt aufdrängende Frage, ob hierbei die Pflanze nicht genöthigt ſei, alles Mögliche unfreiwillig aufzunehmen, hat natürlich alsbald zu Proben veranlaßt, deren Ergebniſſe noch zu keiner allgemein angenommenen Entſcheidung der Frage geführt haben; jedoch ſprechen ſehr viele Beobachtungen dafür, daß die Wurzel gleichzeitig in dem ihr darge- botenen Waſſer gelöſte Stoffe nicht in gleichem Mengenverhältniß auf- nimmt, mithin mit einer gewiſſen Auswahl zu verfahren ſcheint. Nicht weniger legt ſich uns die Frage nahe, ob die Pflanzenwurzel, wenn die Endosmoſe die die Wurzeleinſaugung vermittelnde Kraft ſein ſoll, dann nicht auch nothwendig Etwas in den Boden ausſcheiden müſſe. Nach dem Geſetz von Dutrochet muß dieſes allerdings folgerichtig ange- nommen werden und dieſe Wurzelausſcheidung würde nach Dutrochet Exosmoſe zu nennen ſein, denn dieſe Bezeichnung giebt er der zweiten Hälfte der Erſcheinung, dem Austreten der dichteren Flüſſigkeit, während unter Endosmoſe von ihm das Eintreten der dünneren im engeren Sinne verſtanden wird. Auch hierüber iſt durch Experimente viel und lange beobachtet worden, mit theils bejahenden, theils verneinenden Reſultaten. In neueſter Zeit wird namentlich durch Liebig die Anſicht verfochten, daß durch Wurzelausſcheidung ſich die Pflanze die Stoffe des Bodens vor deren Aufnahme gewiſſermaßen erſt chemiſch zubereite, was nicht anders als durch Exosmoſe geſchehen kann. Aus alledem möge für uns hier ſo viel hervorgehen, daß die Pflanzen- ernährung ſozuſagen ein viel feinerer, mit viel einfacheren Stoffen ver- fahrender Vorgang ſei, als die Ernährung der Thiere. Was wir in dieſem Buche hierüber noch weiter aufnehmen dürfen, ohne zu tief in die Pflanzenphyſiologie uns zu verſenken, ſoll auf den folgenden Seiten gehörigen Ortes eingeſchaltet werden. Bis zum eintretenden Froſt iſt nun unſere Samenpflanze je nach der Gunſt des Bodens und der Witterung mehr oder weniger kräftig herangewachſen und hat ſich durch Knospenbildung das Wiedererwachen und Fortwachſen im kommenden Jahre geſichert. Auf die Geſtalt des jungen Bäumchens hat namentlich auch deſſen Umgebung einen großen Einfluß, ob dieſe entweder durch „verdämmende“

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/177>, abgerufen am 17.05.2024.