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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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innere, die Kernschicht, an jedem mehr als 1 Jahr alten Triebe stets
trocken und saftleer, und wenn sie, wie dies meist der Fall ist, eine
weiße Farbe hat, so gleicht sie auf einem glatten Querschnitte recht fein-
blasigem eingetrockneten Seifenschaume, wegen des Glanzes der trocknen
Zellenwände (dies ist am Hollundermark leicht zu sehen). Von der Kreis-
schicht des Markes strahlen auf dem Querschnitte (Q) des abgebildeten
Holzstückes 5 gerade, dünne und dickere Streifen (1. 2. 3. 4. 5.) durch
das Holz hindurch nach der Rinde hin. Dies sind die ihren Namen
also ganz passend tragenden Markstrahlen, wahre Ausstrahlungen
des Markes.

Doch nur die Markstrahlen der innersten, zunächst an das Mark
grenzenden Jahresringe gehen unmittelbar vom Marke aus; bei zu-
nehmender Dicke des Zweiges entstehen in den neuhinzukommenden Jahres-
ringen immer mehr neue Markstrahlen, die also streng genommen, da sie
nicht im Marke entspringen, ihren Namen nicht vollkommen verdienen.
Eben so gehen schon bei einem nur einigermaßen starken Zweige nicht
alle Markstrahlen bis zur Rinde, und an einem Querschnitte eines hundert-
jährigen Stammes gehen die einzelnen Markstrahlen selten durch mehr
als 10--12 Jahresringe; dann entspringen neben ihnen neue.

Es ist als eine sehr bemerkenswerthe Erscheinung hier besonders her-
vorzuheben, daß die Markstrahlen mehr als ein anderer Bestandtheil des
Stammes, ja eigentlich sie ganz allein die streng mathematische Regel der
vollkommen geraden und zum Marke rechtwinkligen Linie und des strengsten
Parallelismus unter sich beobachten. Der letztere tritt auf der Spaltfläche
jeder beliebigen Holzart deutlich hervor.

Die Markstrahlen sind nach ihrer Länge, Breite und Dicke
aufzufassen und zwar wenden wir ein für allemal diese drei Dimensionen
an einem Markstrahle eben so an wie an einem Bande. Demnach sind
an unserer Fig. IX. die Markstrahlen 1. 2. 3. und 5. dünner als 4,
und (an der Spaltfläche Sp sichtbar) 6. breiter als 7. Auf der Se-
kantenfläche, Se, sehen wir die Breitenverschiedenheiten von 10 hier quer-
durchschnittenen Markstrahlen. Auf der Fläche r c j, welche natürlich eine
Spaltfläche wie Sp ist, sehen wir drei verschieden breite Markstrahlen.

innere, die Kernſchicht, an jedem mehr als 1 Jahr alten Triebe ſtets
trocken und ſaftleer, und wenn ſie, wie dies meiſt der Fall iſt, eine
weiße Farbe hat, ſo gleicht ſie auf einem glatten Querſchnitte recht fein-
blaſigem eingetrockneten Seifenſchaume, wegen des Glanzes der trocknen
Zellenwände (dies iſt am Hollundermark leicht zu ſehen). Von der Kreis-
ſchicht des Markes ſtrahlen auf dem Querſchnitte (Q) des abgebildeten
Holzſtückes 5 gerade, dünne und dickere Streifen (1. 2. 3. 4. 5.) durch
das Holz hindurch nach der Rinde hin. Dies ſind die ihren Namen
alſo ganz paſſend tragenden Markſtrahlen, wahre Ausſtrahlungen
des Markes.

Doch nur die Markſtrahlen der innerſten, zunächſt an das Mark
grenzenden Jahresringe gehen unmittelbar vom Marke aus; bei zu-
nehmender Dicke des Zweiges entſtehen in den neuhinzukommenden Jahres-
ringen immer mehr neue Markſtrahlen, die alſo ſtreng genommen, da ſie
nicht im Marke entſpringen, ihren Namen nicht vollkommen verdienen.
Eben ſo gehen ſchon bei einem nur einigermaßen ſtarken Zweige nicht
alle Markſtrahlen bis zur Rinde, und an einem Querſchnitte eines hundert-
jährigen Stammes gehen die einzelnen Markſtrahlen ſelten durch mehr
als 10—12 Jahresringe; dann entſpringen neben ihnen neue.

Es iſt als eine ſehr bemerkenswerthe Erſcheinung hier beſonders her-
vorzuheben, daß die Markſtrahlen mehr als ein anderer Beſtandtheil des
Stammes, ja eigentlich ſie ganz allein die ſtreng mathematiſche Regel der
vollkommen geraden und zum Marke rechtwinkligen Linie und des ſtrengſten
Parallelismus unter ſich beobachten. Der letztere tritt auf der Spaltfläche
jeder beliebigen Holzart deutlich hervor.

Die Markſtrahlen ſind nach ihrer Länge, Breite und Dicke
aufzufaſſen und zwar wenden wir ein für allemal dieſe drei Dimenſionen
an einem Markſtrahle eben ſo an wie an einem Bande. Demnach ſind
an unſerer Fig. IX. die Markſtrahlen 1. 2. 3. und 5. dünner als 4,
und (an der Spaltfläche Sp ſichtbar) 6. breiter als 7. Auf der Se-
kantenfläche, Se, ſehen wir die Breitenverſchiedenheiten von 10 hier quer-
durchſchnittenen Markſtrahlen. Auf der Fläche r c j, welche natürlich eine
Spaltfläche wie Sp iſt, ſehen wir drei verſchieden breite Markſtrahlen.

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[89/0113] innere, die Kernſchicht, an jedem mehr als 1 Jahr alten Triebe ſtets trocken und ſaftleer, und wenn ſie, wie dies meiſt der Fall iſt, eine weiße Farbe hat, ſo gleicht ſie auf einem glatten Querſchnitte recht fein- blaſigem eingetrockneten Seifenſchaume, wegen des Glanzes der trocknen Zellenwände (dies iſt am Hollundermark leicht zu ſehen). Von der Kreis- ſchicht des Markes ſtrahlen auf dem Querſchnitte (Q) des abgebildeten Holzſtückes 5 gerade, dünne und dickere Streifen (1. 2. 3. 4. 5.) durch das Holz hindurch nach der Rinde hin. Dies ſind die ihren Namen alſo ganz paſſend tragenden Markſtrahlen, wahre Ausſtrahlungen des Markes. Doch nur die Markſtrahlen der innerſten, zunächſt an das Mark grenzenden Jahresringe gehen unmittelbar vom Marke aus; bei zu- nehmender Dicke des Zweiges entſtehen in den neuhinzukommenden Jahres- ringen immer mehr neue Markſtrahlen, die alſo ſtreng genommen, da ſie nicht im Marke entſpringen, ihren Namen nicht vollkommen verdienen. Eben ſo gehen ſchon bei einem nur einigermaßen ſtarken Zweige nicht alle Markſtrahlen bis zur Rinde, und an einem Querſchnitte eines hundert- jährigen Stammes gehen die einzelnen Markſtrahlen ſelten durch mehr als 10—12 Jahresringe; dann entſpringen neben ihnen neue. Es iſt als eine ſehr bemerkenswerthe Erſcheinung hier beſonders her- vorzuheben, daß die Markſtrahlen mehr als ein anderer Beſtandtheil des Stammes, ja eigentlich ſie ganz allein die ſtreng mathematiſche Regel der vollkommen geraden und zum Marke rechtwinkligen Linie und des ſtrengſten Parallelismus unter ſich beobachten. Der letztere tritt auf der Spaltfläche jeder beliebigen Holzart deutlich hervor. Die Markſtrahlen ſind nach ihrer Länge, Breite und Dicke aufzufaſſen und zwar wenden wir ein für allemal dieſe drei Dimenſionen an einem Markſtrahle eben ſo an wie an einem Bande. Demnach ſind an unſerer Fig. IX. die Markſtrahlen 1. 2. 3. und 5. dünner als 4, und (an der Spaltfläche Sp ſichtbar) 6. breiter als 7. Auf der Se- kantenfläche, Se, ſehen wir die Breitenverſchiedenheiten von 10 hier quer- durchſchnittenen Markſtrahlen. Auf der Fläche r c j, welche natürlich eine Spaltfläche wie Sp iſt, ſehen wir drei verſchieden breite Markſtrahlen.

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/113>, abgerufen am 17.05.2024.