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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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Im Wesentlichen stimmen alle unsere Bäume und Sträucher in der
Anordnung und Anlage der verschiedenen Gewebsmassen ihrer Stengel-
theile überein. Die dabei stattfindenden Unterschiede sind nur nebensäch-
liche, obgleich immerhin oft so erheblich und in das Auge fallend, daß
ein geübtes Auge in vielen Fällen an einjährigen Trieben auf dem Quer-
schnitte die Holzarten unterscheiden kann. Wir werden einige dieser Unter-
scheidungsmerkmale später bei denjenigen Baumarten kennen lernen, bei
denen sie eben artunterscheidend, oder wenigstens gattungsunterscheidend
auftreten.

Bei der Betrachtung des Markes, bei allen unseren Holzarten
der innerste Theil der Stengelgebilde, müssen wir uns erinnern, daß
das Mark im Pflanzenkörper eine andere Bedeutung hat, als im Thier-
körper, wie es überhaupt schon oft zu irrigen Auffassungen verleitet hat,
wenn man pflanzliche Körpertheile und Lebenserscheinungen nach thierischen
deuten wollte, weil die letzteren den ersteren ähnlich schienen.

Das Mark ist in den Pflanzen eine fast immer sehr gleichmäßig
gebildete Zellengewebsmasse, welche aus sogenannten kurzen, d. h. solchen
Zellen besteht, an denen die Ausdehnung nach allen Richtungen (Länge,
Dicke, Breite) gleich ist. Man kann sich davon leicht am Hollundermark
überzeugen, wenn man einen Quer- und einen Längsschnitt davon vergleicht.

Bei unseren meisten Waldbäumen ist das Mark ein verhältnißmäßig
starker, walzenförmiger und daher einen runden Querschnitt zeigender
Körper, an welchem man eine innere, trockne, weiße Schicht und eine
zweite saftige, meist grünliche, jene erste umschließende äußere Schicht
unterscheiden kann. Besonders stark ist der Markcylinder bei dem Hollunder
(Sambucus nigra), bei der Esche, bei den Ahornen, beim Schneeball,
den wilden Rosen- und Brombeerschossen u. s. w.

Bei anderen Bäumen ist der Markcylinder dagegen auffallend dünn
und auch nicht aus den beiden eben erwähnten Schichten zusammengesetzt.
Solchem Marke fehlt dann die innere Schicht und es besteht nur aus
lebendigen Zellen der äußeren Schicht. Es hat dann auch bei einigen
Bäumen keinen runden Querschnitt. Daß er bei der Eiche fünfeckig oder
fast sternförmig ist, wissen wir schon (Fig. IV. 3., S. 63 und Fig. VII.
der vor. S.). Bei der Birke ist er dreieckig, bei der Erle sogar fast
spornförmig oder dreistrahlig (Fig. III. 11. S. 60).

Im Weſentlichen ſtimmen alle unſere Bäume und Sträucher in der
Anordnung und Anlage der verſchiedenen Gewebsmaſſen ihrer Stengel-
theile überein. Die dabei ſtattfindenden Unterſchiede ſind nur nebenſäch-
liche, obgleich immerhin oft ſo erheblich und in das Auge fallend, daß
ein geübtes Auge in vielen Fällen an einjährigen Trieben auf dem Quer-
ſchnitte die Holzarten unterſcheiden kann. Wir werden einige dieſer Unter-
ſcheidungsmerkmale ſpäter bei denjenigen Baumarten kennen lernen, bei
denen ſie eben artunterſcheidend, oder wenigſtens gattungsunterſcheidend
auftreten.

Bei der Betrachtung des Markes, bei allen unſeren Holzarten
der innerſte Theil der Stengelgebilde, müſſen wir uns erinnern, daß
das Mark im Pflanzenkörper eine andere Bedeutung hat, als im Thier-
körper, wie es überhaupt ſchon oft zu irrigen Auffaſſungen verleitet hat,
wenn man pflanzliche Körpertheile und Lebenserſcheinungen nach thieriſchen
deuten wollte, weil die letzteren den erſteren ähnlich ſchienen.

Das Mark iſt in den Pflanzen eine faſt immer ſehr gleichmäßig
gebildete Zellengewebsmaſſe, welche aus ſogenannten kurzen, d. h. ſolchen
Zellen beſteht, an denen die Ausdehnung nach allen Richtungen (Länge,
Dicke, Breite) gleich iſt. Man kann ſich davon leicht am Hollundermark
überzeugen, wenn man einen Quer- und einen Längsſchnitt davon vergleicht.

Bei unſeren meiſten Waldbäumen iſt das Mark ein verhältnißmäßig
ſtarker, walzenförmiger und daher einen runden Querſchnitt zeigender
Körper, an welchem man eine innere, trockne, weiße Schicht und eine
zweite ſaftige, meiſt grünliche, jene erſte umſchließende äußere Schicht
unterſcheiden kann. Beſonders ſtark iſt der Markcylinder bei dem Hollunder
(Sambucus nigra), bei der Eſche, bei den Ahornen, beim Schneeball,
den wilden Roſen- und Brombeerſchoſſen u. ſ. w.

Bei anderen Bäumen iſt der Markcylinder dagegen auffallend dünn
und auch nicht aus den beiden eben erwähnten Schichten zuſammengeſetzt.
Solchem Marke fehlt dann die innere Schicht und es beſteht nur aus
lebendigen Zellen der äußeren Schicht. Es hat dann auch bei einigen
Bäumen keinen runden Querſchnitt. Daß er bei der Eiche fünfeckig oder
faſt ſternförmig iſt, wiſſen wir ſchon (Fig. IV. 3., S. 63 und Fig. VII.
der vor. S.). Bei der Birke iſt er dreieckig, bei der Erle ſogar faſt
ſpornförmig oder dreiſtrahlig (Fig. III. 11. S. 60).

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[86/0110] Im Weſentlichen ſtimmen alle unſere Bäume und Sträucher in der Anordnung und Anlage der verſchiedenen Gewebsmaſſen ihrer Stengel- theile überein. Die dabei ſtattfindenden Unterſchiede ſind nur nebenſäch- liche, obgleich immerhin oft ſo erheblich und in das Auge fallend, daß ein geübtes Auge in vielen Fällen an einjährigen Trieben auf dem Quer- ſchnitte die Holzarten unterſcheiden kann. Wir werden einige dieſer Unter- ſcheidungsmerkmale ſpäter bei denjenigen Baumarten kennen lernen, bei denen ſie eben artunterſcheidend, oder wenigſtens gattungsunterſcheidend auftreten. Bei der Betrachtung des Markes, bei allen unſeren Holzarten der innerſte Theil der Stengelgebilde, müſſen wir uns erinnern, daß das Mark im Pflanzenkörper eine andere Bedeutung hat, als im Thier- körper, wie es überhaupt ſchon oft zu irrigen Auffaſſungen verleitet hat, wenn man pflanzliche Körpertheile und Lebenserſcheinungen nach thieriſchen deuten wollte, weil die letzteren den erſteren ähnlich ſchienen. Das Mark iſt in den Pflanzen eine faſt immer ſehr gleichmäßig gebildete Zellengewebsmaſſe, welche aus ſogenannten kurzen, d. h. ſolchen Zellen beſteht, an denen die Ausdehnung nach allen Richtungen (Länge, Dicke, Breite) gleich iſt. Man kann ſich davon leicht am Hollundermark überzeugen, wenn man einen Quer- und einen Längsſchnitt davon vergleicht. Bei unſeren meiſten Waldbäumen iſt das Mark ein verhältnißmäßig ſtarker, walzenförmiger und daher einen runden Querſchnitt zeigender Körper, an welchem man eine innere, trockne, weiße Schicht und eine zweite ſaftige, meiſt grünliche, jene erſte umſchließende äußere Schicht unterſcheiden kann. Beſonders ſtark iſt der Markcylinder bei dem Hollunder (Sambucus nigra), bei der Eſche, bei den Ahornen, beim Schneeball, den wilden Roſen- und Brombeerſchoſſen u. ſ. w. Bei anderen Bäumen iſt der Markcylinder dagegen auffallend dünn und auch nicht aus den beiden eben erwähnten Schichten zuſammengeſetzt. Solchem Marke fehlt dann die innere Schicht und es beſteht nur aus lebendigen Zellen der äußeren Schicht. Es hat dann auch bei einigen Bäumen keinen runden Querſchnitt. Daß er bei der Eiche fünfeckig oder faſt ſternförmig iſt, wiſſen wir ſchon (Fig. IV. 3., S. 63 und Fig. VII. der vor. S.). Bei der Birke iſt er dreieckig, bei der Erle ſogar faſt ſpornförmig oder dreiſtrahlig (Fig. III. 11. S. 60).

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/110>, abgerufen am 22.12.2024.