Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.welche Gott den Menschen zugedacht hat. nemlich Gott so viele tausend Menschen, welche niedas Evangelium zu hören Gelegenheit gehabt ha- ben, wegen ihrer unverschuldeten Unwißenheit zu ewigen Martern bestimmt habe. Aber wo stehet denn dieses geschrieben? Die ausdrückliche Lehre Pauli ist vielmehr diese: Gott wird einem ieg- lichen geben nach seinen Werken -- Trübsal und Angst über alle Seelen der Menschen, die da Böses thun, vornemlich der Juden, und auch der Griechen (oder Heyden) Preis aber und Ehre, und Friede allen denen, die da Gu- tes thun, vornemlich den Juden, und auch den Griechen. Röm. 2, 6. 9. 10. Dienigen, die ein unseeliges Schicksal in iener Welt haben wer- den, die werden den Lohn ihrer Bosheiten empfan- gen. Und dieienigen, die mit ihren, auch noch so geringen Kenntnißen treu umgegangen sind, die nach ihren Einsichten, Fähigkeiten, Umständen und Gelegenheiten, die sie gehabt, rechtschaffen gewesen sind -- sie werden zwar auf keinen verdienten Lohn Anspruch machen können -- aber wenn nun das große Oberhaupt der Menschen ihnen doch auch einen Platz unter den Unterthanen seines himmli- schen Reiches gönnen wollte, würden wir sie deß- wegen beneiden? In einer großen Gesellschaft müßen Mitglieder von mancherley Art und Beschaf- fenheit seyn; und so wie hier auf Erden in Anse- hung der Fähigkeiten, Anlagen des Geistes und äußerlichen Glücksumständen ein großer Unterschied ist, so wird vermuthlich auch in ienem Leben eine große Mannigfaltigkeit seyn. Aber alle Einwoh- ner des Himmels vom Grösten bis zum Geringsten, auch F
welche Gott den Menſchen zugedacht hat. nemlich Gott ſo viele tauſend Menſchen, welche niedas Evangelium zu hören Gelegenheit gehabt ha- ben, wegen ihrer unverſchuldeten Unwißenheit zu ewigen Martern beſtimmt habe. Aber wo ſtehet denn dieſes geſchrieben? Die ausdrückliche Lehre Pauli iſt vielmehr dieſe: Gott wird einem ieg- lichen geben nach ſeinen Werken — Trübſal und Angſt über alle Seelen der Menſchen, die da Böſes thun, vornemlich der Juden, und auch der Griechen (oder Heyden) Preis aber und Ehre, und Friede allen denen, die da Gu- tes thun, vornemlich den Juden, und auch den Griechen. Röm. 2, 6. 9. 10. Dienigen, die ein unſeeliges Schickſal in iener Welt haben wer- den, die werden den Lohn ihrer Bosheiten empfan- gen. Und dieienigen, die mit ihren, auch noch ſo geringen Kenntnißen treu umgegangen ſind, die nach ihren Einſichten, Fähigkeiten, Umſtänden und Gelegenheiten, die ſie gehabt, rechtſchaffen geweſen ſind — ſie werden zwar auf keinen verdienten Lohn Anſpruch machen können — aber wenn nun das große Oberhaupt der Menſchen ihnen doch auch einen Platz unter den Unterthanen ſeines himmli- ſchen Reiches gönnen wollte, würden wir ſie deß- wegen beneiden? In einer großen Geſellſchaft müßen Mitglieder von mancherley Art und Beſchaf- fenheit ſeyn; und ſo wie hier auf Erden in Anſe- hung der Fähigkeiten, Anlagen des Geiſtes und äußerlichen Glücksumſtänden ein großer Unterſchied iſt, ſo wird vermuthlich auch in ienem Leben eine große Mannigfaltigkeit ſeyn. Aber alle Einwoh- ner des Himmels vom Gröſten bis zum Geringſten, auch F
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welche Gott den Menſchen zugedacht hat.
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das Evangelium zu hören Gelegenheit gehabt ha-
ben, wegen ihrer unverſchuldeten Unwißenheit zu
ewigen Martern beſtimmt habe. Aber wo ſtehet
denn dieſes geſchrieben? Die ausdrückliche Lehre
Pauli iſt vielmehr dieſe: Gott wird einem ieg-
lichen geben nach ſeinen Werken — Trübſal
und Angſt über alle Seelen der Menſchen, die
da Böſes thun, vornemlich der Juden, und
auch der Griechen (oder Heyden) Preis aber
und Ehre, und Friede allen denen, die da Gu-
tes thun, vornemlich den Juden, und auch
den Griechen. Röm. 2, 6. 9. 10. Dienigen, die
ein unſeeliges Schickſal in iener Welt haben wer-
den, die werden den Lohn ihrer Bosheiten empfan-
gen. Und dieienigen, die mit ihren, auch noch
ſo geringen Kenntnißen treu umgegangen ſind, die
nach ihren Einſichten, Fähigkeiten, Umſtänden und
Gelegenheiten, die ſie gehabt, rechtſchaffen geweſen
ſind — ſie werden zwar auf keinen verdienten
Lohn Anſpruch machen können — aber wenn nun
das große Oberhaupt der Menſchen ihnen doch auch
einen Platz unter den Unterthanen ſeines himmli-
ſchen Reiches gönnen wollte, würden wir ſie deß-
wegen beneiden? In einer großen Geſellſchaft
müßen Mitglieder von mancherley Art und Beſchaf-
fenheit ſeyn; und ſo wie hier auf Erden in Anſe-
hung der Fähigkeiten, Anlagen des Geiſtes und
äußerlichen Glücksumſtänden ein großer Unterſchied
iſt, ſo wird vermuthlich auch in ienem Leben eine
große Mannigfaltigkeit ſeyn. Aber alle Einwoh-
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