Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.welche Gott den Menschen zugedacht hat. welches iene seelige und vortrefliche Geister, die wirEngel zu nennen pflegen, schon längstens genießen, und in alle Ewigkeit genießen werden. Wir sollen so gar in ihre ehrwürdige Gesellschaft einstens auf- genommen werden, und so zu reden ihre Mitbürger seyn. Aber dieses große, unaussprechliche Glück wollte uns der Weiseste nicht anders als durch Chri- stum seinen eingebohrnen Sohn, und durch deßen Vermittelung ertheilen. Dieser große, erhabene Wohlthäter des menschlichen Geschlechts sollte uns dieses herrliche Glück verschaffen; unter ihm sollen einst alle seelige Menschen und Engel als unter ih- rem Oberhaupte stehen; und wir Menschen insbe- sondere sollen es in alle Ewigkeit nicht vergeßen, daß wir dieses glänzende Glück ihm alleine zu dan- ken haben. Gott will zwar, daß wir auch unserer Seits gewiße Bedingniße beobachten sollen, die- ser großen Wohlthat theilhaftig zu werden. Aber wie sollen wir uns einbilden, daß wir uns aus eig- nen Verdienst zu dieser hohen Stufe der Ehre und Glückseeligkeit empor geschwungen hätten. Und das laßen wir uns befremden? An statt diese unverdiente Wohlthat mit der innigsten Freude an- zunehmen, und uns des Antheils an derselben zu versichern, wollen wir lange darüber disputieren, ob Gott auch weißlich gehandelt habe, daß er diese und keine andere Einrichtungen machte? ob er uns nicht auf eine andere Art, als eben durch Christum zu dieser hohen Würde und Herrlichkeit hätte erhe- ben können? Es würde in der That unglaublich seyn, daß Menschen so thöricht seyn könnten, wenn es nicht die tägliche Erfahrung lehrte. Weg mit allen
welche Gott den Menſchen zugedacht hat. welches iene ſeelige und vortrefliche Geiſter, die wirEngel zu nennen pflegen, ſchon längſtens genießen, und in alle Ewigkeit genießen werden. Wir ſollen ſo gar in ihre ehrwürdige Geſellſchaft einſtens auf- genommen werden, und ſo zu reden ihre Mitbürger ſeyn. Aber dieſes große, unausſprechliche Glück wollte uns der Weiſeſte nicht anders als durch Chri- ſtum ſeinen eingebohrnen Sohn, und durch deßen Vermittelung ertheilen. Dieſer große, erhabene Wohlthäter des menſchlichen Geſchlechts ſollte uns dieſes herrliche Glück verſchaffen; unter ihm ſollen einſt alle ſeelige Menſchen und Engel als unter ih- rem Oberhaupte ſtehen; und wir Menſchen insbe- ſondere ſollen es in alle Ewigkeit nicht vergeßen, daß wir dieſes glänzende Glück ihm alleine zu dan- ken haben. Gott will zwar, daß wir auch unſerer Seits gewiße Bedingniße beobachten ſollen, die- ſer großen Wohlthat theilhaftig zu werden. Aber wie ſollen wir uns einbilden, daß wir uns aus eig- nen Verdienſt zu dieſer hohen Stufe der Ehre und Glückſeeligkeit empor geſchwungen hätten. Und das laßen wir uns befremden? An ſtatt dieſe unverdiente Wohlthat mit der innigſten Freude an- zunehmen, und uns des Antheils an derſelben zu verſichern, wollen wir lange darüber diſputieren, ob Gott auch weißlich gehandelt habe, daß er dieſe und keine andere Einrichtungen machte? ob er uns nicht auf eine andere Art, als eben durch Chriſtum zu dieſer hohen Würde und Herrlichkeit hätte erhe- ben können? Es würde in der That unglaublich ſeyn, daß Menſchen ſo thöricht ſeyn könnten, wenn es nicht die tägliche Erfahrung lehrte. Weg mit allen
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Engel zu nennen pflegen, ſchon längſtens genießen,
und in alle Ewigkeit genießen werden. Wir ſollen
ſo gar in ihre ehrwürdige Geſellſchaft einſtens auf-
genommen werden, und ſo zu reden ihre Mitbürger
ſeyn. Aber dieſes große, unausſprechliche Glück
wollte uns der Weiſeſte nicht anders als durch Chri-
ſtum ſeinen eingebohrnen Sohn, und durch deßen
Vermittelung ertheilen. Dieſer große, erhabene
Wohlthäter des menſchlichen Geſchlechts ſollte uns
dieſes herrliche Glück verſchaffen; unter ihm ſollen
einſt alle ſeelige Menſchen und Engel als unter ih-
rem Oberhaupte ſtehen; und wir Menſchen insbe-
ſondere ſollen es in alle Ewigkeit nicht vergeßen,
daß wir dieſes glänzende Glück ihm alleine zu dan-
ken haben. Gott will zwar, daß wir auch unſerer
Seits gewiße Bedingniße beobachten ſollen, die-
ſer großen Wohlthat theilhaftig zu werden. Aber
wie ſollen wir uns einbilden, daß wir uns aus eig-
nen Verdienſt zu dieſer hohen Stufe der Ehre und
Glückſeeligkeit empor geſchwungen hätten. Und
das laßen wir uns befremden? An ſtatt dieſe
unverdiente Wohlthat mit der innigſten Freude an-
zunehmen, und uns des Antheils an derſelben zu
verſichern, wollen wir lange darüber diſputieren,
ob Gott auch weißlich gehandelt habe, daß er dieſe
und keine andere Einrichtungen machte? ob er uns
nicht auf eine andere Art, als eben durch Chriſtum
zu dieſer hohen Würde und Herrlichkeit hätte erhe-
ben können? Es würde in der That unglaublich
ſeyn, daß Menſchen ſo thöricht ſeyn könnten, wenn
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