Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.Fünfte Betr. Die Bereitwilligkeit de willen zerschlagen. Die Strafe liegt aufihm, auf daß wir Friede hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilet. Jes. 53, 45. Welcher Trost für bekümmerte Gewißen! Jesus Christus hat Gnade erworben, und will alle Sün- der retten, wenn sie sich nur wollen retten laßen! Zweifelst du noch, bekümmerter Sünder? O! solltest du sein Herze sehn, Wie sichs nach armen Sündern sehnet, So wohl, wenn sie noch irre gehn, Als wenn ihr Auge vor ihm thränet! Wie streckt er sich nach Zöllnern aus! Wie eilt er im Zachäi Haus! Wie sanft stillt er der Magdalenen Den milden Fluß erpreßter Thränen, Und denkt nicht, was sie sonst gethan! Mein Heyland nimmt die Sünder an. Wie freundlich blickt er Petrum an, Ob er gleich noch so tief gefallen! Nun dieß hat er nicht nur gethan, Da er auf Erden muste wallen. Nein, er ist immer einerley, Gerecht und fromm und ewig treu; Und wie er unter Schmach und Leiden, So ist er auf dem Thron der Freuden Den Sündern liebreich zugethan. Mein Heyland nimmt die Sünder an. So ausnehmend starke Versicherungsgründe Sün-
Fünfte Betr. Die Bereitwilligkeit de willen zerſchlagen. Die Strafe liegt aufihm, auf daß wir Friede hätten, und durch ſeine Wunden ſind wir geheilet. Jeſ. 53, 45. Welcher Troſt für bekümmerte Gewißen! Jeſus Chriſtus hat Gnade erworben, und will alle Sün- der retten, wenn ſie ſich nur wollen retten laßen! Zweifelſt du noch, bekümmerter Sünder? O! ſollteſt du ſein Herze ſehn, Wie ſichs nach armen Sündern ſehnet, So wohl, wenn ſie noch irre gehn, Als wenn ihr Auge vor ihm thränet! Wie ſtreckt er ſich nach Zöllnern aus! Wie eilt er im Zachäi Haus! Wie ſanft ſtillt er der Magdalenen Den milden Fluß erpreßter Thränen, Und denkt nicht, was ſie ſonſt gethan! Mein Heyland nimmt die Sünder an. Wie freundlich blickt er Petrum an, Ob er gleich noch ſo tief gefallen! Nun dieß hat er nicht nur gethan, Da er auf Erden muſte wallen. Nein, er iſt immer einerley, Gerecht und fromm und ewig treu; Und wie er unter Schmach und Leiden, So iſt er auf dem Thron der Freuden Den Sündern liebreich zugethan. Mein Heyland nimmt die Sünder an. So ausnehmend ſtarke Verſicherungsgründe Sün-
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Fünfte Betr. Die Bereitwilligkeit
de willen zerſchlagen. Die Strafe liegt auf
ihm, auf daß wir Friede hätten, und durch
ſeine Wunden ſind wir geheilet. Jeſ. 53, 45.
Welcher Troſt für bekümmerte Gewißen! Jeſus
Chriſtus hat Gnade erworben, und will alle Sün-
der retten, wenn ſie ſich nur wollen retten laßen!
Zweifelſt du noch, bekümmerter Sünder?
O! ſollteſt du ſein Herze ſehn,
Wie ſichs nach armen Sündern ſehnet,
So wohl, wenn ſie noch irre gehn,
Als wenn ihr Auge vor ihm thränet!
Wie ſtreckt er ſich nach Zöllnern aus!
Wie eilt er im Zachäi Haus!
Wie ſanft ſtillt er der Magdalenen
Den milden Fluß erpreßter Thränen,
Und denkt nicht, was ſie ſonſt gethan!
Mein Heyland nimmt die Sünder an.
Wie freundlich blickt er Petrum an,
Ob er gleich noch ſo tief gefallen!
Nun dieß hat er nicht nur gethan,
Da er auf Erden muſte wallen.
Nein, er iſt immer einerley,
Gerecht und fromm und ewig treu;
Und wie er unter Schmach und Leiden,
So iſt er auf dem Thron der Freuden
Den Sündern liebreich zugethan.
Mein Heyland nimmt die Sünder an.
So ausnehmend ſtarke Verſicherungsgründe
laßen uns denn an der Bereitwilligkeit Gottes zu
begnadigen im geringſten nicht zweifeln. Und
wie begnadigt er denn? So, daß er alle, alle
Sün-
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Zitationshilfe: | Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenmueller_betrachtungen_1789/76>, abgerufen am 18.07.2024. |