Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.Gottes zu begnadigen. ben war, daß diese und iene Gewohnheit, die ersonst gar nicht für sündlich gehalten, oder die doch in seinen Augen unbedeutend war, in der That bö- se, strafwürdig, und Gott mißfällig sey; daß er sie nothwendig ablegen, oder doch die Herrschaft über dieselbe erlangen müße, wenn er anders see- lig werden wolle. Diese Reue mag sich dann in Thränen ergießen, oder sie mag nur innerliche Traurigkeit und Betrübnis in sich faßen, so ist sie immer rechter Art, wenn sie nur aufrichtig ist; es ist dieienige Traurigkeit, die da wirket zur See- ligkeit eine Reue, oder Gemüthsveränderung, die niemand gereuet. 2 Kor. 7. 10. Diese wehmüthige Reue über die Sünde darf ertheilt.
Gottes zu begnadigen. ben war, daß dieſe und iene Gewohnheit, die erſonſt gar nicht für ſündlich gehalten, oder die doch in ſeinen Augen unbedeutend war, in der That bö- ſe, ſtrafwürdig, und Gott mißfällig ſey; daß er ſie nothwendig ablegen, oder doch die Herrſchaft über dieſelbe erlangen müße, wenn er anders ſee- lig werden wolle. Dieſe Reue mag ſich dann in Thränen ergießen, oder ſie mag nur innerliche Traurigkeit und Betrübnis in ſich faßen, ſo iſt ſie immer rechter Art, wenn ſie nur aufrichtig iſt; es iſt dieienige Traurigkeit, die da wirket zur See- ligkeit eine Reue, oder Gemüthsveränderung, die niemand gereuet. 2 Kor. 7. 10. Dieſe wehmüthige Reue über die Sünde darf ertheilt.
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Gottes zu begnadigen.
ben war, daß dieſe und iene Gewohnheit, die er
ſonſt gar nicht für ſündlich gehalten, oder die doch
in ſeinen Augen unbedeutend war, in der That bö-
ſe, ſtrafwürdig, und Gott mißfällig ſey; daß er
ſie nothwendig ablegen, oder doch die Herrſchaft
über dieſelbe erlangen müße, wenn er anders ſee-
lig werden wolle. Dieſe Reue mag ſich dann in
Thränen ergießen, oder ſie mag nur innerliche
Traurigkeit und Betrübnis in ſich faßen, ſo iſt ſie
immer rechter Art, wenn ſie nur aufrichtig iſt; es
iſt dieienige Traurigkeit, die da wirket zur See-
ligkeit eine Reue, oder Gemüthsveränderung,
die niemand gereuet. 2 Kor. 7. 10.
Dieſe wehmüthige Reue über die Sünde darf
aber nicht in verzweifelnde Schwermuth ausarten,
ſondern der Sünder muß ſich dann auch ein Herz
faßen, die Erbarmung ſeines Gottes zu ſuchen, und
Begnadigung zu hoffen. Was würde es dem
verlohrnen Sohn geholfen haben, wenn er es blos
und allein bey dem Nachdenken über ſeinen unglück-
lichen Zuſtand hätte bewenden laßen? wenn er im-
mer geſeufzt und gejammert hätte, ohne bey ſei-
nem Vater Troſt und Hülfe zu ſuchen? So muß
auch der Sünder, wenn ſeine Reue anders nicht
fruchtlos ſeyn ſoll, das gute Zutrauen zu ſeinem
Gott haben, daß er ihm alle ſeine Sünden gnädig
verzeihen, und ihm ſeine väterliche Gewogenheit
wieder werde angedeyhen laßen. Und das iſt ein
ſehr großer Vorzug der chriſtlichen Religion, daß
ſie uns ſo außerordentlich ſtarke Verſicherung von
der Bereitwilligkeit Gottes Sünder zu begnadigen,
ertheilt.
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