Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.seiner selbst gebracht werde. diget hast, zur Rechenschaft fordern wird? Wasfür elende Begriffe machen sich doch dergleichen Leu- te von Christonthum, von Gerechtigkeit und Unpar- theylichkeit Gottes, der einem ieden nach seinen Werken vergelten wird? Und wie ist es in aller Welt möglich, daß Menschen von solcher Denkungs- art iemahls aus ihrem unseeligen Zustande heraus- gerißen, und wahrhaftig gebeßert werden können, so lange sie sich auf eine so elende Art verblenden? Unmöglich ist es, daß das Herz eines Sün- haftig C 2
ſeiner ſelbſt gebracht werde. diget haſt, zur Rechenſchaft fordern wird? Wasfür elende Begriffe machen ſich doch dergleichen Leu- te von Chriſtonthum, von Gerechtigkeit und Unpar- theylichkeit Gottes, der einem ieden nach ſeinen Werken vergelten wird? Und wie iſt es in aller Welt möglich, daß Menſchen von ſolcher Denkungs- art iemahls aus ihrem unſeeligen Zuſtande heraus- gerißen, und wahrhaftig gebeßert werden können, ſo lange ſie ſich auf eine ſo elende Art verblenden? Unmöglich iſt es, daß das Herz eines Sün- haftig C 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0047" n="35"/><fw place="top" type="header">ſeiner ſelbſt gebracht werde.</fw><lb/> diget haſt, zur Rechenſchaft fordern wird? Was<lb/> für elende Begriffe machen ſich doch dergleichen Leu-<lb/> te von Chriſtonthum, von Gerechtigkeit und Unpar-<lb/> theylichkeit Gottes, der einem ieden nach ſeinen<lb/> Werken vergelten wird? Und wie iſt es in aller<lb/> Welt möglich, daß Menſchen von ſolcher Denkungs-<lb/> art iemahls aus ihrem unſeeligen Zuſtande heraus-<lb/> gerißen, und wahrhaftig gebeßert werden können,<lb/> ſo lange ſie ſich auf eine ſo elende Art verblenden?</p><lb/> <p>Unmöglich iſt es, daß das Herz eines Sün-<lb/> ders iemahls gebeßert werde, wofern er nicht dahin<lb/> gebracht wird, daß er einmahl anfange, eine unpar-<lb/> theyiſche, aufrichtige, ſtrenge Prüfung mit ſich ſelbſt<lb/> anzuſtellen, und zu unterſuchen, wie es um ihn ſtehe.<lb/> Wenn der Eigenſinnige, Argwöhniſche, Rachſüch-<lb/> tige, Neidiſche, Falſche, Geitzige, Ungerechte,<lb/> Wollüſtige nicht erkennet, daß ſein Herz mit die-<lb/> ſen laſterhaften Geſinnungen erfüllet iſt, oder wenn<lb/> er es erkennet, ſich doch nicht will überführen laſ-<lb/> ſen, daß er vom Reiche Gottes ausgeſchloßen iſt;<lb/> ſo lange er ſolche Geſinnungen bey ſich herrſchen<lb/> läßt, ſo wird er es für eine völlig unnöthige Sache<lb/> halten, in ſeiner bisherigen Aufführung etwas zu<lb/> ändern, und er wird immer der vorige bleiben.<lb/> Wenn ihn ein redlicher Freund oder Lehrer warnt,<lb/> ſo wird er, weit entfernt ſich zu beßern, vielleicht<lb/> nur aufgebracht werden, und ſich immer mehr in<lb/> ſeinen Sünden verhärten. Nur alsdann erſt wird<lb/> er das wichtige Werk ſeiner Bekehrung ſich angele-<lb/> gen ſeyn laßen, wann er in ſeinem Herzen überzeugt<lb/> iſt, daß er bey ſeiner bisherigen Geſinnung nicht<lb/> glücklich, noch des göttlichen Wohlgefallens theil-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">C 2</fw><fw place="bottom" type="catch">haftig</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [35/0047]
ſeiner ſelbſt gebracht werde.
diget haſt, zur Rechenſchaft fordern wird? Was
für elende Begriffe machen ſich doch dergleichen Leu-
te von Chriſtonthum, von Gerechtigkeit und Unpar-
theylichkeit Gottes, der einem ieden nach ſeinen
Werken vergelten wird? Und wie iſt es in aller
Welt möglich, daß Menſchen von ſolcher Denkungs-
art iemahls aus ihrem unſeeligen Zuſtande heraus-
gerißen, und wahrhaftig gebeßert werden können,
ſo lange ſie ſich auf eine ſo elende Art verblenden?
Unmöglich iſt es, daß das Herz eines Sün-
ders iemahls gebeßert werde, wofern er nicht dahin
gebracht wird, daß er einmahl anfange, eine unpar-
theyiſche, aufrichtige, ſtrenge Prüfung mit ſich ſelbſt
anzuſtellen, und zu unterſuchen, wie es um ihn ſtehe.
Wenn der Eigenſinnige, Argwöhniſche, Rachſüch-
tige, Neidiſche, Falſche, Geitzige, Ungerechte,
Wollüſtige nicht erkennet, daß ſein Herz mit die-
ſen laſterhaften Geſinnungen erfüllet iſt, oder wenn
er es erkennet, ſich doch nicht will überführen laſ-
ſen, daß er vom Reiche Gottes ausgeſchloßen iſt;
ſo lange er ſolche Geſinnungen bey ſich herrſchen
läßt, ſo wird er es für eine völlig unnöthige Sache
halten, in ſeiner bisherigen Aufführung etwas zu
ändern, und er wird immer der vorige bleiben.
Wenn ihn ein redlicher Freund oder Lehrer warnt,
ſo wird er, weit entfernt ſich zu beßern, vielleicht
nur aufgebracht werden, und ſich immer mehr in
ſeinen Sünden verhärten. Nur alsdann erſt wird
er das wichtige Werk ſeiner Bekehrung ſich angele-
gen ſeyn laßen, wann er in ſeinem Herzen überzeugt
iſt, daß er bey ſeiner bisherigen Geſinnung nicht
glücklich, noch des göttlichen Wohlgefallens theil-
haftig
C 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/rosenmueller_betrachtungen_1789 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/rosenmueller_betrachtungen_1789/47 |
Zitationshilfe: | Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenmueller_betrachtungen_1789/47>, abgerufen am 18.06.2024. |